Langenhorn. Die Klasse 4c der Grundschule Am Heidberg hat ein richtiges Buch geschrieben. Wie unser Kolumnist Jan Schröter das findet.

Jan Schröter

Als Autor zähle ich zu den Künstlern. Blöd bin ich auch nicht. Eine „Künstliche Intelligenz“ (KI) bin ich deshalb trotzdem nicht. Und somit vielleicht ein Auslaufmodell.

Bis jetzt bewähren sich KI-Schreibprogramme wie „Chat gpt“ vor allem bei Sachtexten erfolgreich. Feinsinniges kriegen die Robo-Dichter bislang nicht so richtig hin. Wenn die KI allerdings auch noch Humor lernt, wird die Menschheit nichts mehr zu lachen haben. Als menschlicher Autor möchte man glatt resignieren und endgültig den Griffel abgeben.

Künstliche Intelligenz: Poesie ist unsterblich, Maschinen landen auf dem Schrott

Doch dann dieser Lichtblick: Die Klasse 4c der Grundschule Am Heidberg, Langenhorn, hat ein eigenes Buch geschrieben. Selber. Ohne KI. 23 Kinder, neun und zehn Jahre jung, haben nicht nur die Idee, gemeinsam ein Buch zu schreiben, sondern ziehen diesen Plan auch durch. Sogar in den Schulpausen. Am Ende steht das 205-Druckseiten-Werk „Die Drei Kommas“, ein Kinderkrimi im Stil der Genreklassiker aus der Reihe „Die drei ???“.

Abendblatt-Kolumnist Jan Schröter: „Die KI-Blechtippsen dürfen von mir aus langweilige Sachtexte zusammenscheppern. Für Poesie, Witz und Fantasie sind wir Menschen zuständig.“
Abendblatt-Kolumnist Jan Schröter: „Die KI-Blechtippsen dürfen von mir aus langweilige Sachtexte zusammenscheppern. Für Poesie, Witz und Fantasie sind wir Menschen zuständig.“ © Wolfgang Klietz

Zur Erfolgsgeschichte gehört auch die Klassenlehrerin Kathrin Grunwald. Die das Projekt nicht initiierte, aber ihre Schüler einfach mal hat machen lassen. Obwohl so etwas keineswegs im Lehrplan für vierte Klassen steht. Man stelle sich vor, es wäre soweit, dass nicht bloß die Lehrbücher von KI verfasst würden, sondern auch das pädagogische Personal würde durch KI ersetzt.

Lehrerin Grunewald ist eine LI – „Lebendige Intelligenz“

Letztere Maßnahme reizt bestimmt einige Leute in der Bildungspolitik. KI-Lehrkräfte kriegen keinen Burn-out, brauchen nur dann und wann ein Software-Update anstelle kostspieliger Fortbildungen und streiken nur, wenn der Strom ausfällt. Allerdings würden sie niemals eine spontan entwickelte Schüler-Aktivität zulassen, die nicht Teil des vorgesehenen Programms ist.

Wie gut, dass Frau Grunwald eine LI (Lebendige Intelligenz) ist. Nicht ausschließlich nach Lehrplan-Matrix tickt und spürt, dass vor ihr Kinder sitzen, die im Kopf die Welt verändern. Heute, im Jahr der KI 2023. Reicht mir den Griffel, zurück an den Schreibtisch, ich mache weiter. Klasse 4c, ihr seid meine Hoffnung.

Künstliche Intelligenz: Sachtexte ja – Poesie nein!

Und lasst Euch bloß nicht einreden, ihr müsstet alle IT-Fachleute werden. Die KI-Blechtippsen dürfen von mir aus langweilige Sachtexte zusammenscheppern. Für Poesie, Witz und Fantasie sind wir Menschen zuständig. Und da ihr das so früh gelernt und bewiesen habt, dass ihr es draufhabt, liebe Kinder aus der 4c, wird’s wohl auch in hundert Jahren noch so sein.

Poeten sind nämlich unsterblich, Maschinen landen auf dem Schrott.