Norderstedt. Überraschend hat sich Tjark Hildebrandt in die erste Elf von Eintracht Norderstedt gespielt. Das zeichnet ihn aus.

Das Motto bei Fußball-Regionalligist Eintracht Norderstedt vor dem Heimspiel gegen Aufsteiger Bremer SV (Sonntag, 14 Uhr) ist klar: das 3:0 in Emden vergolden und drei Punkte nachlegen! „Wir wollen so schnell wie möglich ins gesicherte Mittelfeld. Ein Sieg gegen den Bremer SV ist ein weiterer Schritt dahin“, sagt Trainer Olufemi Smith. Aber: „Gegen einen Gegner mit breiter Brust nach sieben Punkten aus drei Spielen erwartet uns keine einfache Aufgabe.“

Die Herausforderung, die defensiv kompakten Bremer zu bespielen, dürfte dabei vermutlich derselben Anfangsformation wie in Emden anvertraut werden. Natürlich hält sich Coach Smith alle Aufstellungsoptionen offen, sagt aber auch: „Die Jungs haben es beim Spiel in Emden gut gemacht. Die Änderungen werden sich daher in Grenzen halten.“ Somit dürfte auch Tjark Hildebrandt wieder von Beginn an auf dem Platz stehen. Der 19 Jahre alte Rechtsverteidiger, im Sommer aus der U19 von Hansa Rostock verpflichtet, ist in dieser frühen Saisonphase der Senkrechtstarter bei den Garstedtern.

Eintracht Norderstedt: Diesen Senkrechtstarter hatte niemand auf den Zettel

In den ersten beiden Runden im Lotto-Pokal (17:0 bei Kreisklassist West-Eimsbüttel, 13:0 bei Bezirksligist SV Eidelstedt) spielte er 90 Minuten durch. Typische Einsätze für einen Reservisten, der in seinem ersten Herrenjahr erstmal ganz langsam ankommen muss. Hätte man glauben können. Doch schon am dritten Spieltag passierte in der Pause der Partie in Drochtersen etwas Ungewöhnliches. Trainer Smith brachte beim Stand von 0:3 Hildebrandt für Kapitän Juri Marxen, mit dessen Leistung er nicht einverstanden war. Am Tor zum 1:3-Endstand der Garstedter war Hildebrandt sogleich beteiligt.

Und es kam noch besser. Gegen den Hamburger SV II (3:3) und bei Kickers Emden (3:0) spielte Hildebrandt von Anfang an. 56 Minuten gegen die U21 der Hamburger, volle 90 Minuten in Emden. Dabei lieferte er blitzsaubere Leistungen ab. Hinten sehr stabil und mit reichlich Schwung und cleveren Pässen nach vorne. Stand jetzt ist eine große Überraschung eingetreten: Talent Tjark Hildebrandt hat Kapitän Juri Marxen zunächst den Stammplatz abgenommen.

Tjark Hildebrandt wollte erst zum Hamburger SV

„Ich freue mich über meine ersten Spielanteile und meine Startelfeinsätze“, sagt Hildebrandt. „Mit meiner sportlichen Entwicklung bin ich aktuell zufrieden.“ Zur sportlichen Lage lassen sich ihm sonst nur die branchenüblichen Floskeln entlocken, die entweder auf seine Schüchternheit neben dem Platz oder auf eine intensive Medienschulung für die Jugendspieler von Hansa Rostock verweisen. Hildebrandt schätzt „den Zusammenhalt in der Mannschaft“, „lernt von Spiel zu Spiel“ und so weiter.

Er wirkt im Gespräch sehr sympathisch, mag dies alles auch so empfinden. Nur ist, in seiner Lage absolut nachvollziehbar, sein Bemühen deutlich sichtbar, jetzt nicht allzu groß auf den Putz zu hauen. Das macht er stattdessen auf dem Platz. Die Zweikämpfe führt er mit gutem Stellungsspiel, offensiv besitzt er selbst bei starkem Gegnerdruck eine erstaunliche Ruhe am Ball.

Extraklasse war beispielsweise die Kombination aus seiner Übersicht und seinem Kämpferherzen, als er vor dem 2:0 von Kangmin Choi gegen den HSV II den Ball an der Außenlinie per zielgenauer Grätsche in Chois Lauf legte. Ungewöhnlich ist, wie Hildebrandt, der Anfang August eine Lehre zum Immobilienkaufmann begonnen hat, den Weg an die Ochsenzoller Straße gefunden hat. Marcus Rabenhorst, bis zum Sommer Trainer beim Oberligisten HSV III, vermittelte ihn.

Mit einem Teamkollegen hat er schon in Rostock zusammengespielt

„Marcus Rabenhorst ist ein Bekannter von mir. Er sagte mir, mit meinen Fähigkeiten sei ich viel zu gut für den HSV III und empfahl mir den HSV II in der Regionalliga Nord. Als das nicht zustande kam, kam Eintracht Norderstedt ins Gespräch“, sagt Hildebrandt. Dort hat er mit Marc Bölter – in diesem Sommer vom Oberligisten WTSV Concordia gekommen und ebenfalls 19 Jahre alt – einen weiteren Bekannten wiedergetroffen. „Mit Marc habe ich sechs Jahre in der Jugend bei Hansa Rostock zusammengespielt. Er ist ein guter Fußballer und sehr positiver Typ.“

Auch sonst, erklärt Hildebrandt, fühle er sich rundum wohl bei der Eintracht. Sein Motto sei klar: „Ich gebe immer Vollgas und schaue, was dabei herauskommt. Und natürlich möchte ich am liebsten so viel spielen wie möglich.“ Aufgrund seiner Vielseitigkeit – Hildebrandt spielte auch jahrelang auf der Innenverteidigerposition und dürfte mit seinen Fähigkeiten im Mittelfeld ebenfalls gut klarkommen – ist dieses Ziel durchaus realistisch. Aktuell jedenfalls wird sich Kapitän Juri Marxen erst einmal strecken müssen, um an Eintrachts neuem Senkrechtstarter wieder vorbeizukommen.