Ellerau. In der A-Jugend spielen zwei nicht spielberechtigte Geflüchtete aus der Ukraine. Der HFV lobt die Geste – eine Strafe gibt’s dennoch.

Empathie gezeigt. Zwei jungen Leuten aus der Ukraine einen Herzenswunsch erfüllt. Das hat beim Hamburger Fußball-Verband seinen Preis. Gemeint ist nicht nur, dass die A-Junioren des SC Ellerau (Bezirksliga) und speziell ihr Trainer Jan Hansen (50) für besonderes Fairplay geehrt wurden. Vielmehr kostet den Club Hansens zutiefst menschliches Verhalten eine Stange Geld.

Andrej und Yehor aus Odessa spielen gegen Blankenese mit falschen Namen

Die kuriose Geschichte beginnt Mitte Mai damit, dass sich die aus Odessa geflüchteten Andrej und Yehor am SCE-Sportplatz einfinden. Gemeinsam mit Andrejs Mutter sind die Minderjährigen bei einer Ellerauer Familie untergebracht, nun wollen sie in der Nähe ein bisschen kicken. Nach ein paar Trainingsabenden beknien die von den kriegerischen Handlungen in ihrer Heimat traumatisierten Jugendlichen die Mannschaftsverantwortlichen, sie doch auch einmal in einem Spiel zu berücksichtigen.

Jan Hansen, früherer Regionalliga-Torhüter der HSV-Zweiten, der anschließend auch beim VfL Pinneberg, Wedeler TSV, TuS Holstein Quickborn und SC Egenbüttel „einhütete“, fasst nach reiflicher Überlegung einen Entschluss. Weil sich Freundschaftsspiele so kurz vor dem Saisonende nicht mehr organisieren lassen, will er Andrej und Yehor im Punktspiel am 4. Juni gegen Komet Blankenese mit Magenschmerzen unter falschen Namen einsetzen.

SC Ellerau gibt Schummelei zu – und bekommt Fairplay-Preis

Spartenleiter Andreas Rohde ist eingeweiht. Beide Männer sind sich einig. „Wenn wir gewinnen, werden wir Komet unseren Verstoß gegen die Spielordnung sofort beichten. Es darf nicht sein, dass die Blankeneser Schaden nehmen.“ Die Partie läuft und Komet-Trainer Ole Plotz, der nur mit elf Spielern angereist ist, bemerkt die erste Besonderheit. Als sich ein Blankeneser verletzt und nicht mehr weitermachen kann, holt auch Hansen einen seiner Spieler vom Platz.

Die Verwunderung steigt nach dem Abpfiff. Ellerau hat (mit Verstärkung) überraschend 1:0 gewonnen, Hansen nimmt Plotz zur Seite und legt wie intern besprochen das Geständnis ab. „Wir haben ein bisschen geschummelt. Reicht doch bitte Protest ein und holt euch die Punkte am Grünen Tisch.“

Das machen die Blankeneser mit dem von Hansen gewünschten Erfolg. Die Umwertung beschert ihnen die Meisterschaft und den Aufstieg. Noch etliche Wochen später ist Ole Plotz angetan. „Die Ellerauer haben sich wirklich einen Fairplay-Preis verdient.“ Den bekamen sie vor wenigen Tagen von Frank Behrmann, Fair-Play-Beauftragter des Hamburger Verbandes, in Form einer Urkunde und kleiner Geschenke überreicht. Behrmanns Worte werden den Preisträgern noch lange in den Ohren klingen. „Das menschliche Miteinander höher anzusetzen als gewonnene Punkte, zeugt von hoher Sozialkompetenz. Ich bin stolz, wenn ich solche Ehrungen wie in Ellerau vornehmen darf.“

Trotz allem sanktioniert der Verband die Aktion mit 200 Euro

Und die letzten Kapitel der Geschichte? Nicht unbedingt mit Happy-End aus SCE-Sicht. Denn der Strafenkatalog kennt keine Unterschiede. Behrmanns Verbandskollegen bitten den SCE wegen des Einsatzes nicht spielberechtigter Akteure mit 200 Euro zur Kasse. Andrej und Yehor, die Jan Hansen zu gerne weiterhin in seinem Team gesehen hätte, kicken jetzt für Altona 93. Andrejs Mutter fand im Hamburger Westen Arbeit und eine Wohnung. Hansen: „Dass wir den Etat der Fußball-Abteilung belastet haben, gefällt mir überhaupt nicht. Aber ich würde es beim nächsten Mal wahrscheinlich wieder so machen.“

Epilog: Frank Behrmann erfährt erst vom Hamburger Abendblatt, dass die Ellerauer ihre Mitmenschlichkeit bezahlen sollen. Jetzt will er beim Verband „nachhaken“. Gibt es vielleicht irgendeinen Weg, dem Club die Geldstrafe zu ersparen?