Helfer im Hintergrund sind in den kleinen Fußballvereinen Mangelware. Idealistische Vorsitzende schließen die Lücken in den Clubs.

Dennis Gätgens ist schon oft zur Hilfe geeilt, wenn sein TSV Lentföhrden in der Not war. Er hat in der Kreisklasse A unzählige Tore geschossen - an die 100 werden es längst sein -, die Mannschaft angetrieben und ist weiterhin ein Spieler, an dem sich andere orientieren können. Dennis Gätgens trägt die Trikotnummer "10". Und diese bringt eben fußballerische Verpflichtungen mit sich. Damit könnte die Geschichte eigentlich abgeschlossen sein, denn der 28-Jährige wollte und will den Klub seines Herzens nicht mehr verlassen und hat schon diverse Avancen der regionalen Konkurrenz höflich abgelehnt.

2010 rettet Dennis Gätgens den TSV Lentföhrden vor der Auflösung

Dann aber kam der Tag, an dem es nicht nur um Punkte auf dem Rasen, sondern um eine existenzielle Frage ging. "Wäre ich nicht gewesen, hätte sich der Verein aus rechtlichen Gründen auflösen müssen", erinnert sich Gätgens in der Rückbetrachtung an die Vorgänge in den Jahren 2009 und 2010.

"Das ging damals damit los, dass die Vorsitzende Gudrun Radloff längst aufhören wollte. Ich saß als 2. Vorsitzender schon mit im Boot, und auf einmal war sie weg. Das ging alles dann ziemlich schnell." Zunächst führte er den TSV kommissarisch für weitere zwölf Monate - länger war laut Klubsatzung nicht erlaubt. "Ich war nicht verpflichtet, Vorsitzender zu werden, habe mich dann aber wählen lassen, weil ich weiter in Lentföhrden kicken wollte."

Der 28-Jährige und Hannes Drewes sind ein extrem junges Führungsduo

Seinen neuen Stellvertreter fand er quasi in der Nachbarschaft. Mit Hannes Drewes, 27, spielt Dennis Gätgens schon seit längerem in einer Mannschaft, die beiden sind gut befreundet und wohnen nur wenige Minuten voneinander entfernt im Dorf. Und so sitzt das Duo regelmäßig im rustikal eingerichteten Klubheim mit Blick in die Sporthalle zusammen und erledigt Aufgaben, die bei den anderen Vereinen im Kreis Segeberg zumeist weitaus ältere Funktionäre übernehmen.

"Eigentlich kann es ja nicht angehen, dass in Lentföhrden 24-, 25-Jährige die einzigen Hoffnungsträger sind", sagt Gätgens mit einem Anflug von Desillusionierung. Ähnlich sieht es Drewes: "Es ist schon enttäuschend, dass manche, die hier 20, 30 Jahre im Verein sind, nichts machen."

Zumal sich sein zeitlicher Freiraum in Grenzen hält: Gätgens als Maler in Bad Bramstedt und Drewes als Maschinenbautechniker in Henstedt-Ulzburg sind beruflich stark eingespannt. Und doch haben sich beide in Eigenregie in die Materie hineingearbeitet. Gätgens: "Ich bin viel am Lesen, Recherchieren et cetera. Sonst würde ich den Überblick verlieren. Als ich mir zum ersten Mal die Satzung anschaute, dachte ich nur: Oh Gott, da steigst du nie durch! Jetzt habe ich schon einige Paragrafen im Kopf." Außerdem bildet er sich fort. "Ich gehe zu Seminaren des Kreissportverbandes. Da gibt es das Thema 'Wie führe ich meinen Verein?' - das ist sehr interessant."

Dennis Gätgens und Hannes Drewes sind Fußballer aus Leidenschaft. Ihre eigene Sparte hat im Universalsportverein TSV Lentföhrden aber keinen Vorteil vom Idealismus der Kicker. "Wir dachten erst auch, dass es blöd sei, wenn die Fußballer den Verein übernehmen. Aber wir können nichts allein bestimmen, sondern müssen die Mitglieder fragen", erklärt Gätgens.

Er betont, dass er ein Vereinschef für alle aktuell rund 470 Aktiven im TSV ist. "Ich muss neutral und fair bleiben", sagt er. "Wir schauen, dass sich die Sparten weiterentwickeln. Handball hat sich etwa wieder gefangen, und unsere Sportabzeichenleiter sind uns quasi zugelaufen - die machen das richtig gut." Ein Sonderlob, so viel Zeit muss sein, gilt dem Mann der Zahlen im Verein, der das Duo unterstützt. "Wir sind froh, dass wir unseren Kassenwart Roland Ochsendorf haben. Der macht das wirklich Spitze", sagt Hannes Drewes.

Wie jeder kleine Dorfverein müssen auch die Lentföhrdener jeden Euro mehrfach umdrehen. "Die erste Frage ist immer: Wo fange ich an zu sparen? Wir haben kein Budget wie ein Großverein. Alles trägt sich mit Mitgliederbeiträgen, Sponsoren und Fördermitteln", so Drewes, der persönlich die Internetseite des Klubs pflegt.

Die Akquise von Unterstützern ist in der Regel sehr zeitintensiv, wie Dennis Gätgens berichtet. "Das ist eine elende Rennerei, du musst viel nachfragen. Und das Geld sitzt heutzutage eben nicht mehr so locker wie früher." Wenn der Vorsitzende, der zweifacher Vater ist, allerdings von seinem Alltag erzählt, wird deutlich, dass er sein Amt nicht als lästige Routine ansieht.

Daheim gibt es einen eigenen Briefkasten für die Vereinspost

"Der Job des Vorsitzenden gehört zu meinem Leben dazu." Daheim hat er deshalb einen zweiten Briefkasten aufgestellt, um die Vereinspost gleich separat verwalten zu können.

Die Mitglieder des TSV Lentföhrden können sich auf ihr Vorstandsduo verlassen. Und das wird sich in naher Zukunft auch nicht ändern. "Wir bleiben weiter dabei", so Dennis Gätgens, "doch ein wenig mehr Unterstützung wäre nicht verkehrt."

In der nächsten Folge unserer Serie über Fußballklubs: der Verbandsliga-Verein TuS Hartenholm