Das 20-jährige Talent wohnte und lernte im HSV-Internat. Er engagierte sich in den Norderstedter Werkstätten. Und Jetzt unterschrieb er einen Profivertrag beim HSV.

Norderstedt. Christian Groß (20) gibt sich im bislang größten Moment seiner Karriere als Fußballer bescheiden und bodenständig. "Ich kann mich noch nicht feiern lassen, habe noch nichts erreicht. Alles beginnt wieder bei Null." Für den jungen Norderstedter heißt es ab sofort: Nicht mehr 4. Liga, HSV II, Edmund-Plambeck-Stadion Norderstedt und Trainer Rodolfo Cardoso, sondern 1. Liga, HSH-Nordbank-Arena und Trainer Bruno Labbadia.

Groß hat gerade seinen Profivertrag mit dem HSV unterschrieben. Sein großer Traum, den er mit Tausenden junger Fußballer teilt, ist in Erfüllung gegangen. Und seine Emotionen fahren Achterbahn, wie er zugibt: "Ich konnte eine Woche lang nicht richtig schlafen. Du kommst dir irgendwie verrückt vor", sagt Groß, der mit fast kindlicher Begeisterung von seinem Sport spricht. Wie ein Fußball-Fan, nicht wie einer, der vielleicht schon bald seine eigenen Fan-Clubs hat.

Doch die Gefahr abzuheben, sie besteht im Fall von Christian Groß überhaupt nicht. "Ich möchte vor allem über meine Familie reden", sagt der HSV-Jungstar zu Beginn des Gesprächs mit der Norderstedter Zeitung. "Ich komme aus einer guten Familie, habe viel von zu Hause mitbekommen." Die Eltern und der Bruder, mit dem er früher immer zusammen kickte, daheim in Cloppenburg seien ebenso fußballbegeistert wie er selbst. Und jetzt natürlich mächtig stolz.

Der Mittelfeldspieler ist nicht weltfremd. Ruhig und fachkundig analysiert er seine eigenen Stärken und Schwächen, schätzt seine Mitspieler und seine Chancen beim HSV ein. "Ich spreche nicht gerne über mich selbst", sagt Groß. Er gilt als kampfstark, versteht es, sich in 1:1-Situationen zu behaupten und hat Zug zum Tor. Verbesserungswürdig sei sein Kopfballspiel, sagt er. Die Konkurrenz im Mittelfeld ist groß, gerade auf der zentralen Position der "6". Boateng, Silva und vor allem auch Aogo können diese Rolle spielen, ganz zu schweigen auch von Jarolim, von dessen Beständigkeit Groß schwärmt. "Das ist alles ein knallhartes Geschäft. Da geht es auch um den Kampf: Es gibt 22 Bewerber für elf Arbeitsplätze", sagt Groß, "und natürlich tragen wir jungen Spieler erst mal die Bälle beim Training."

Wiederholt hatte der Regionalligaspieler bereits mit der ersten Mannschaft trainiert. "Natürlich will ich versuchen zu spielen. Das bedeutet, weiter immer 120 Prozent zu geben. Für die Chance, auch nur eine Minute in der Bundesliga zu spielen." Groß steckt seine Ziele bewusst sehr klein: "Das muss weiter Schritt für Schritt gehen." Auch eine weitere, komplette Saison in der Regionalliga wäre für ihn kein Rückschritt. Und dann glänzen seine Augen wieder: "Ob ein oder sechs Spiele in der Bundesliga. Du hast Dein eigenes HSV-Trikot, mit deinem Namen und deiner Nummer. Das macht mich glücklich!"

Der perfekte Mittelfeldspieler ist für ihn Steven Gerrard vom FC Liverpool. Weil er sich immer 100-prozentig einsetze, Kämpfer ebenso sei wie Torjäger. Bester Spieler der Welt ist in den Augen des Norderstedters Lionel Messi vom FC Barcelona. Groß: "Jeder junge Fußballer träumt davon, beim FC Barcelona zu spielen."

Was er als Profikicker verdienen wird, das verrät der 20-Jährige nicht. Fest steht für ihn, dass er "einiges zurücklegen" und nicht prassen wird. Während Teamkollegen exklusive Autos wie Hummer und Maserati für sechsstellige Summen bewegen, fährt er Opel Astra, "aber einen neuen", wie er betont.

Groß ist vom HSV-Internat in eine kleine Wohnung in Norderstedt umgezogen. Jetzt sucht er eine neue, größere Wohnung in der Stadt. "Hier habe ich Freunde, hier kenne ich mich aus. Ich komme aus der Kleinstadt, da ist Hamburg mir vielleicht zu groß." Christian ist Single. Die Beziehung zu seiner Freundin hatte die Entfernung zwischen Osnabrück und Norderstedt nicht ausgehalten. Und wie muss "sie" sein? "Ich muss mit ihr lachen können - und Fußball gucken!"

Nach einem kurzen Urlaub bei seiner Familie, ruft die Saisonvorbereitung beim HSV unter dem neuen Cheftrainer Labbadia. Egal, was die kommende Saison im Trikot mit der Raute ihm beschert: Ein wichtiger Ort wird für Christian Groß stets die Kirche sein, in diesem Fall das katholische Gotteshaus St. Hedwig am Ochsenzoll: "Ob wir gewonnen oder verloren haben, ich gehe jeden Sonntag zur Abendmesse. Mein Glaube gibt mir Kraft."