Das Männerteam des SVHU gewinnt das dramatische Fernduell gegen den HF Springe mit 35:24. Künftig wird das Team in der 2. Bundesliga spielen.

Henstedt-Ulzburg. Jan Wrage ist ein Bär von einem Kerl. Mit seinen 2,03 Metern Körpergröße und über 100 Kilogramm Gewicht hat sich der Kreisläufer der Handball-Männermannschaft des SV Henstedt-Ulzburg allein durch seine Präsenz Respekt in der 3. Liga Nord verschafft. Doch um 20.02 Uhr ist in der Halle Auf der Ramhorst des Schulzentrums Burgwedel plötzlich nichts mehr Furcht einflößend an dem Handballriesen, der seinen Emotionen freien Lauf lässt.

"Ich habe nur noch Tränen in den Augen - es ist unfassbar", sagt Wrage und jubelt mit seinen Teamkameraden. Diese umarmen sich, applaudieren ihren mitgereisten Fans und danken ihnen für die Unterstützung beim 35:24 (19:12)-Sieg im Saisonfinale beim Tabellensechsten TS Großburgwedel sowie in den vorangegangenen 29 Partien.

Fans, Spieler, Trainer Tobias Skerka und Abteilungsleiter Olaf Knüppel können noch immer kaum glauben, dass sie soeben den größten Erfolg der Vereinsgeschichte eingefahren haben. Eine Minute zuvor ist aus dem 56 Kilometer entfernten Springe die erhoffte, aber nicht wirklich erwartete Nachricht eingetroffen: Spitzenreiter Handballfreunde Springe hat die Heimpartie gegen den Tabellendritten HSG Tarp-Wanderup nach dramatischem Spielverlauf mit 28:30 verloren. Damit ist das Handball-Wunder perfekt: Am letzten Spieltag fangen die Henstedt-Ulzburger die Niedersachsen noch ab und steigen nun als Meister in die eingleisige 2. Bundesliga auf.

"Es ist einfach sensationell. Für uns wird ein Traum wahr, an den wir in dieser Saison nicht mehr geglaubt haben", sagt ein überglücklicher Olaf Knüppel, "jetzt sind wir in letzter Minute doch dafür belohnt worden, dass wir nach dem vermeintlichen Aus im Titelrennen vor einem Monat nicht aufgesteckt und mit vollem Einsatz weitergearbeitet haben."

Geburtstagskind Tobias Skerka dankt HSG Tarp-Wanderup für Schützenhilfe

Bei aller Euphorie verliert SVHU-Coach Tobias Skerka nicht aus dem Blick, wer ihm dieses unverhoffte Geschenk zu seinem 37. Geburtstag ermöglicht hat. "Unser Riesendank geht an die Spieler der HSG Tarp-Wanderup, dass sie sich, ohne die Chance auf eine Verbesserung in der Tabelle zu haben, derart in die Partie reingekniet haben. Aber ich freue mich auch deshalb riesig, weil genau das eingetreten ist, was ich seit unserem holprigen Saisonauftakt immer wieder gepredigt habe: Wir haben nur noch von Spiel zu Spiel geplant, um dann am dritten Maiwochenende zu sehen, wie die Tabelle aussieht. Bis dahin wollten wir unseren Teil dazu beitragen, dass die Serie 2011/2012 eine Erfolgsgeschichte wird."

In Burgwedel verdiente sich Jan Wrage zusammen mit seinem Kreisläuferkollegen Lars-Uwe Lang ein Sonderlob. Teammanager Joa chim Jakstat bezeichnete die beiden Hünen als "Türme in der Schlacht". "Jan und 'Luwe' waren in der Abwehr eine Bank, und im Angriff haben beide so sehr gewühlt, dass sie fast alle der zehn Siebenmeter herausgeholt haben, die dann unser erfolgreichster Torschütze, Tim-Philip Jurgeleit, verwandelt hat."

Jakstat selber lieferte nachträglich, nachdem er schon direkt im Anschluss ans Spiel seinen über zwei Wochen herangezüchteten Vollbart abrasierte, auch einen Part, der ihm nicht leicht fiel: Als Aufstiegsprämie hatte er sein Haupthaar geboten und rasierte sich noch am gestrigen Abend kahl. "Das ist mir so was von egal", so Jakstat strahlend, "ich freue mich so sehr für die Jungs. Und ich glaube, dass wir mit dem Aufstieg für Henstedt-Ulzburg und den Handball in der Region eine Lawine losgetreten haben."

Eine Lawine, die vom kommenden September an in der 2. Bundesliga rollt. SVHU-Handballchef Olaf Knüppel, der ohnehin schon seit Monaten am Rotieren ist, um die strukturellen Voraussetzungen für die Teilnahme am Spielbetrieb in der zweithöchsten deutschen Spielklasse zu schaffen, wird nun vor weitere Aufgaben gestellt. "Wir hatten die Lizenzierung für die 2. Liga zwar schon fristgerecht erledigt, aber nach dem Aufstieg wartet trotzdem noch jede Menge Arbeit auf uns. Wir müssen zum Beispiel alles klären, was mit der Infrastruktur sowie dem Ablauf der Spieltage zusammenhängt und außerdem auch noch Gespräche mit möglichen Zugängen für unseren Kader führen. Das alles ist eine große Herausforderung, auf die wir uns aber riesig freuen."

Dies gilt auch für zwei künftige Akteure des SV Henstedt-Ulzburg. "Es ist traumhaft, dass ich in der nächsten Saison mit dieser Truppe in der 2. Bundesliga spielen darf", sagt Schlussmann Jan Peveling, der vom HC Saarlouis kommt und als dritter Keeper im Kader für Konkurrenz auf der Torhüterposition sorgen soll.

Rechtsaußen Lars Bastian (SG Flensburg-Handewitt) hat sich sogar auf der Busfahrt zum Final-Hinspiel des Europacups der Pokalsieger in Gummersbach per Liveticker über das Saisonfinale seiner künftigen Teamkameraden informiert. "Wenn man am letzten Spieltag den Aufstieg schafft, ist das ein tolles Gefühl. Meine Gratulation an die Mannschaft und den ganzen Verein - ich freue mich auf mein erstes Training in Henstedt-Ulzburg."

Spielverlauf: 2:2, 6:6 (11.), 6:12, 8:15 (22.), 12:19 - 14:22, 16:27 (44.), 22:30, 23:33 (58.), 24:35. Tore des SV Henstedt-Ulzburg: Tim-Philip Jurgeleit (13/davon 10 Siebenmeter), Rasmus Gersch (6), Lars-Uwe Lang (4), Florian Bitterlich und Amen Gafsi (je 3), Lasse Kohnagel und Tim Völzke (je 2), Stefan Pries und Julian Lauenroth (je 1). Tabelle: 1. SVHU 50:10 Punkte/1027:827 Tore, 2. Handballfreunde Springe 49:11/911:778, 3. HSG Tarp-Wanderup 47:13/1064:935, ..., 6. TS Großburgwedel 33:27/837:834, ..., 15. SG Achim/Baden 12:48/796:917, 16. SV 63 Brandenburg-West 9:51/779:939.