Bad Bramstedt. Mitarbeiter werden zunächst von der Arbeitsagentur bezahlt. Ohne Investor droht die Schließung, fürchtet die Gewerkschaft.

Die Beschäftigten, Patienten und Zulieferer des Klinikums Bad Bramstedt können vorläufig aufatmen: Der Betrieb in dem Fachkrankenhaus geht weiter, obwohl die Zahlungsunfähigkeit droht. Das Klinikum teilte am Donnerstag mit, dass eine Insolvenz mit einem Schutzschirmverfahren eingeleitet worden sei.

Das Verfahren sieht vor, dass die etwa 1000 Mitarbeiter Insolvenzgeld in Höhe ihrer Gehälter von der Arbeitsagentur erhalten, um die Klinik von diesen Kosten zu entlasten. Gleichzeitig wird ein Insolvenzverwalter nach Möglichkeiten suchen, die Forderungen von Gläubigern zu erfüllen.

Trotz Insolvenz: Betrieb im Klinikum geht vorerst weiter

Der Antrag für das Verfahren wurde am Donnerstag beim Amtsgericht Neumünster gestellt. Am Donnerstagnachmittag wurden die Mitarbeiter informiert. Gleichzeitig hat Ver.di eine Kundgebung vor dem Klinikgebäude organisiert.

Um das Klinikum auf Dauer zu erhalten, muss weiterhin ein Investor gefunden werden. „Ansonsten sieht es finster aus, dann droht die Zahlungsunfähigkeit und das Aus“, sagt Christian Wölm, stellvertretender Fachbereichsleiter bei Ver.di-Nord. Dann könnte drohen, was die Patienten und Mitarbeiten am meisten fürchten: die Schließung des Klinikums, das jährlich 13.000 Patienten mit Erkrankungen des Bewegungsapparats behandelt.

Klinikum Bad Bramstedt: Versorgung der Patienten ist sichergestellt

Die Beschäftigten brauchen jetzt schnellstmöglich Sicherheit“, sagte Wölm. Außerdem müsse der Sanierungsstau behoben werden. Der Geschäftsführer des Klinikums, Jens Ritter, beziffert die Höhe der erforderlichen Investitionen mit rund 60 Millionen Euro.

„Der Klinikbetrieb läuft in gewohntem Umfang und gewohnter Qualität weiter, die medizinische Versorgung der Patienten und Bürger der Region ist uneingeschränkt sichergestellt“, teilte das Klinikum am Donnerstagnachmittag mit. Die drei Tochtergesellschaften seinen von dem Verfahren nicht betroffen. „Ziel ist es stets, auf Basis eines von Experten gemeinsam mit den Entscheidungsträgern des Unternehmens entwickelten Konzeptes eine zukunftstaugliche, erfolgreiche Neugestaltung herbeizuführen.“

Corona, Energiepreise und die Inflation führten zu wirtschaftlichen Problemen

Das Klinikum Bad Bramstedt gehört zu den größten Arbeitgebern in der Region.
Das Klinikum Bad Bramstedt gehört zu den größten Arbeitgebern in der Region. © TA CAPS / Thorsten Ahlf

Die Corona-Pandemie und die Lockdowns hätten die Klinik in die Schieflage gebracht, hatte Geschäftsführer Ritter bereits vor Wochen gesagt. Erschwerend kamen die hohen Energiekosten und die Inflation durch den Krieg gegen die Ukraine hinzu.

Ritter sagte außerdem: „Schon aufgrund der Gemeinnützigkeit unseres Hauses dienen wir allein der bestmöglichen Versorgung unserer Patienten. Wir werden an einem Strang ziehen, um eine zufriedenstellende Lösung für unser Haus und alle Beteiligten zu finden – das Schutzschirmverfahren mit seinen Gestaltungsinstrumenten gibt uns die Möglichkeit dazu.“

Klinikdirektorin äußert sich optimistisch zur Zukunft des Klinikums

Ritter hatte sich bereits 2020 für eine Grundsanierung ausgesprochen und einen kompletten Umbau mit einem strategischen Partner geplant. Die Kosten für den sogenannten Medizinpark hatte er auf zunächst 90 Millionen Euro geschätzt.

Claudia Meixner, Klinikdirektorin in Bad Bramstedt GmbH, äußerte sich optimistisch: „Im Rahmen des Schutzschirmverfahrens werden wir uns dafür einsetzen, gemeinsam mit den Experten ein Zukunftskonzept zu entwickeln, das sowohl die Bedürfnisse von Patientengruppen einer Fachklinik abdeckt als auch die Wirtschaftlichkeit unseres Hauses stärkt. Es ist unser Anspruch und auch unsere Verantwortung gleichermaßen gegenüber allen Mitarbeitern und Patienten unseres Klinikums, dafür zu sorgen, dass wir auch in der Zukunft für sie alle da sind.“

Gewerkschaft Ver.di wünscht sich Kooperation mit Krankenhaus in Neumünster

Einer der Investoren könnte das städtische Friedrich-Ebert-Krankenhaus (FEK) in Neumünster, das seit Jahren mit dem Klinikum zusammenarbeitet. Ein erstes Angebot, das vorlag, reichte den Gesellschaftern des Klinikums nicht aus. Größter Anteilseigener ist die Deutsche Rentenversicherung Nord mit 71 Prozent gefolgt von der Stadt Bad Bramstedt mit 13 und dem Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf (UKE).

Nach Angaben von Ver.di sah das Angebot des FEK einen negativen Kaufpreis vor, das heißt, das Klinikum müsste zahlen, um übernommen zu werden. Die Gewerkschaft favorisiert das neumünsteraner Krankenhaus, weil es sich in öffentlicher Hand befindet und deshalb die Tarifbindung für die Beschäftigten gesichert werden könne. Wegen der wirtschaftlichen Situation des Klinikum hatte Ver.di vor kurzem einen Tarifabschluss für die Beschäftigten akzeptiert, den sie unter anderen Umständen abgelehnt hätte.

Auch die Schön-Kliniken haben Interesse am Klinikum geäußert

Nach Abendblatt-Informationen haben sich für das Klinikum außerdem die Schön-Kliniken interessiert die ebenfalls im Kurgebiet ansässig sind und dort die größte psychosomatische Klinik Deutschlands betreiben. Die Schön-Kliniken haben im März die insolventen Imland-Kliniken in Rendsburg und Eckernförde übernommen und mittlerweile das Interesse am Klinikum verloren. „Die Schön Kliniken sind vor einiger Zeit aus dem Bieterverfahren um das Klinikum Bad Bramstedt ausgestiegen. Derzeit bestehen keine Pläne, dass wir hier ein erneutes Angebot unterbreiten“, sagte Unternehmenssprecherin Astrid Reining.

Der Insolvenzantrag bedeutet für den Wirtschaftsstandort Bad Bramstedt die zweite schlechte Nachricht binnen weniger Tage: Erst vor kurzem hatte der Fleischkonzern Vion angekündigt, den Rinderschlachthof mit seinen 250 Mitarbeitern zum 31. Juli zu schließen.

Erst schlechte Nachrichten vom Rinderschlachthof Vion, jetzt vom Klinikum

Bürgermeisterin Verena Jeske war als Vertreterin der Stadt an den Verhandlungen über die Zukunft des Klinikums beteiligt und hofft jetzt, dass der Betrieb langfristig gesichert werden kann. „Das Klinikum ist für den Gesundheitsstandort Bad Bramstedt neben der Schön-Klinik und allen anderen Gesundheitsdienstleistern eine wichtige Säule für unsere wirtschaftliche Ausrichtung“, sagte sie.

Die Patienten, die dort behandelt werden, seien auch für andere Betriebe „absolut wichtig“. Das auf den Weg gebrachte Schutzschirmverfahren biete die Möglichkeit, organisatorische Prozesse im Klinikablauf neu zu betrachten, möglicherweise zu optimieren und mit allen interessierten Bietern zeitgleich zu verhandeln.

Bürgermeisterin appelliert an Beschäftigte, das Klinikum nicht zu verlassen

„Es gibt sehr gute potenzielle Interessenten, die aus der Gesundheitsbranche kommen“, sagte Jeske. Der Verkaufsprozess werde nun deutlich beschleunigt. Sie rief die Mitarbeiter auf, das Klinikum trotz der unsicheren Lage nicht zu verlassen: „Wir brauchen Sie alle an Bord! Wir brauchen Sie alle in und für unsere Stadt Bad Bramstedt und für die vielen Patienten, die aus allen Teilen Deutschlands zu uns kommen.“

Die Klinikleitung hat am Donnerstag auch das Gesundheitsministerium in Kiel über das Schutzschirmverfahren informiert. „Die Versorgung in der Region ist weiterhin sichergestellt“, sagte Ministeriumssprecher Christian Kohl. Das Land werde sich weiterhin intensiv auf Bundesebene für eine tragfähige Krankenhausreform und auskömmliche Finanzierung der Kliniken einsetzen.

„Es muss alles getan werden, dass das Klinikum Bad Bramstedt erhalten bleibt“, sagte der CDU-Bundestagsabgeordnete Mark Helfrich, in dessen Wahlkreis Bad Bramstedt liegt. „Als Fachklinik für Rehabilitation mit Spezialisierung auf Orthopädie und Rheumatologie übernimmt es eine herausragende Stellung in der Gesundheitsversorgung weit über die Region hinaus ein.“

CDU-Bundestagsabgeordneter fordert Hilfe von Minister Lauterbach

Helfrich rief Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) auf, endlich die von der Corona - und Energiekrise gebeutelten Krankenhäuser finanziell zu stabilisieren. „Stattdessen beschäftigt er sich monatelang mit der Neuordnung der Krankenhauslandschaft, die zum Aus von vielen Kliniken führen wird“, sagte Helfrich.