Bad Bramstedt. Kaufangebot des Krankenhauses Neumünster ist geplatzt. Betriebsrat fürchtet Insolvenz des Klinikunternehmens.

Die etwa 1000 Beschäftigten des Fachklinikums Bad Bramstedts bangen um ihre Arbeitsplätze. Der angestrebte Verkauf der etwa 71 Prozent umfassenden Gesellschaftsanteile des Haupteigentümers Deutsche Rentenversicherung (DRV) Nord gestaltet sich weiter schwierig. Bei einer Mitarbeiterversammlung im Theatersaal auf dem Klinikgelände erfuhren die etwa 150 anwesenden Mitarbeitenden von der Klinik- und DRV-Leitung, dass sich der eingeleitete „Transaktionsprozess“ länger hinzöge als gedacht und sich nicht so umsetzen ließe wie bisher geplant.

Das Kaufangebot des Friedrich-Ebert-Krankenhauses (FEK) in Neumünster sei zwar das beste aller eingegangenen Angebote, teilte Klinikchef Jens Ritter mit. Doch es sei wegen der hohen Verbindlichkeiten von rund 18 Millionen Euro immer noch negativ. „Aber wir dürfen aus gesetzlichen Gründen kein Geld unserer Versicherten dafür aufwenden“, sagte DRV-Nord-Chef Volker Reitstätter. „Wir dürfen nur verkaufen, wenn sich nach Abzug der Verbindlichkeiten mindestens ein Euro erzielen lässt.“ Somit könnte der Deal mit der Nachbarklinik in Neumünster nicht zustande kommen. Jedenfalls so nicht.

Bad Bramstedt: 1000 Beschäftigte des Fachklinikums bangen um ihre Jobs

Etwa 150 Mitarbeitende des Klinikums Bad Bramstedt kamen zur Mitarbeiterversammlung in den Theatersaal in Bad Bramstedt.
Etwa 150 Mitarbeitende des Klinikums Bad Bramstedt kamen zur Mitarbeiterversammlung in den Theatersaal in Bad Bramstedt. © Burkhard Fuchs

Ausweg soll nun ein Vorab-Verkauf des Reha-Zentrums in Hamburg sein, an dem das Klinikum Bad Bramstedt mit 71 Prozent Hauptgesellschafter und auch die DRV mit 24 Prozent beteiligt ist. Diese Lösung hat offenbar Jan Hacker von der Firma Oberender aus Bayreuth ins Spiel gebracht, die sich auf die Sanierung von Kliniken spezialisiert hat.

Demnach soll jetzt die in Hamburg ansässige Reha-Tochter des Klinikums Bad Bramstedt mit etwa 150 Beschäftigten gesondert an einen meistbietenden Interessenten veräußert werden. Die Fachklinik für Behandlungen des Bewegungsapparats mit ihren 146 stationären Betten und den 450 Reha-Plätzen in Bad Bramstedt bliebe davon unberührt und soll weiterhin an das FEK in Neumünster gehen.

„Große Sorge, dass unsere Zeit abgelaufen ist!“

Angebote für das Hamburger Reha-Zentrum sollen dazu bis Juni gesichtet und bis Mitte September mit dem finalen Verkauf „über die Ziellinie“ gebracht werden, wie sich Kliniksanierer Hacker ausdrückte. Mit dem erwarteten Verkaufserlös, so die Hoffnung dahinter, sollte die finanzielle Lage des Klinikums und ihre Liquidität so verbessert sein, dass sich doch noch ein positiver Kaufpreis von den Neumünsteranern ergäbe, den dann Mehrheitseigner DRV Nord annehmen könnte.

Die angestellten Pflegekräfte, Therapeuten und Ärzte, die zu der erst eine Woche zuvor einberufenen Vollversammlung kamen, zeigten sich wenig begeistert und ziemlich enttäuscht von diesen doch recht vagen Aussagen über die Zukunftsaussichten ihres Unternehmens. „Wir arbeiten heute schon am Limit und machen uns große Sorgen, dass unsere Zeit bereits abgelaufen ist“, sagte Wolfram Göthert, der seit 27 Jahren als Physiotherapeut im Klinikum Bad Bramstedt arbeitet.

Fachkräfte wandern aus dem Klinikum ab

Klinikchef Jens Ritter (links) und Volker Reitstätter von der Deutschen Rentenversicherung, die ihre Mehrheitsanteile am Klinikum in Bad Bramstedt veräußern will, bei der Mitarbeiterversammlung auf der Bühne im Theatersaal.
Klinikchef Jens Ritter (links) und Volker Reitstätter von der Deutschen Rentenversicherung, die ihre Mehrheitsanteile am Klinikum in Bad Bramstedt veräußern will, bei der Mitarbeiterversammlung auf der Bühne im Theatersaal. © Burkhard Fuchs

Der Haustarif, für den etwa zwei Drittel der Beschäftigten in der Pflege und Therapie arbeiteten, liege seit etwa 15 Jahren zehn bis zwölf Prozent unter dem des Öffentlichen Dienstes, kritisierte er unter dem Applaus der Kollegen. Die Folge sei, dass immer mehr Fachkräfte aus Bad Bramstedt zu anderen Kliniken abwanderten, die sie besser bezahlten. Klinikdirektorin Claudia Meixner sprach von fünf bis acht Prozent, die der Haustarif vom TVÖD abweichen würde.

Imke Wriedt, die bei der Dienstleistungsgewerkschaft Verdi zuständige Sekretärin für Soziales, bemängelte, dass es offenbar „keinen Plan B“ für diesen angestrebten Verkauf der DRV-Anteile gebe. „Was passiert, wenn das Haus nicht verkauft werden kann? Die Leute bewerben sich weg, weil sie woanders deutliche bessere Löhne erzielen können.“

Geld für die neuen Gebäude in der Reha und bessere Strukturen wird benötigt

Doch darauf konnten die Entscheidungsträger den betroffenen Mitarbeitenden keine sie beruhigenden Argumente vorbringen. Einige Beschäftigte und auch der Betriebsrat fürchten, es könnte so bald die Insolvenz des Unternehmens drohen. DRV-Nord-Chef Reitstätter sagte: „Wenn wir unsere Anteile nicht verkauft bekommen, bleiben wir natürlich Hauptgesellschafter. Doch ich bezweifle, dass das die bessere Lösung für das Klinikum in Bad Bramstedt wäre.“

Denn der Rentenversicherer dürfe aufgrund seiner Statuten auch keine wichtigen Investitionen tätigen. Und der Sanierungsstau im Klinikum belaufe sich inzwischen auf 60 Millionen Euro, sagte Geschäftsführer Ritter. „Das Geld brauchen wir dringend für neue Gebäude in der Reha und bessere Strukturen.“

Kliniksanierer: „Anderen Klinken geht es viel schlechter als Bad Bramstedt“

Kliniksanierer Hacker versuchte die Belegschaft zu beruhigen, indem er sagte, er kenne viele andere Kliniken in Deutschland, denen es wirtschaftlich viel schlechter ginge als der in Bad Bramstedt. Doch auch diese Aussage fand keinen beruhigenden Nachhall. Die Corona-Pandemie und der lange Lockdown hätten die Klinik in die Schieflage gebracht, erklärt Geschäftsführer Ritter.

2021 sei so erstmals nach 16 Jahren wieder ein betrieblicher Verlust eingefahren worden, der noch dazu mit 2,7 Millionen Euro recht hoch ausfiel. 2022 liege das Defizit bei etwa 200.000 Euro. Und in diesem Jahr zeichne sich wieder ein positives Ergebnis ab, „Das Jahr ist bisher gut gelaufen“, sagt Ritter. „Wir haben eine gute Belegung vor allem im Reha-Bereich.“ Klinik-Direktorin Claudia Meixner betonte: „Es besteht keine Gefahr, dass die Gehälter der Mitarbeitenden im zweiten Halbjahr nicht bezahlt werden könnten.“

Bad Bramstedt: Stadt will Anteile an der Klinik behalten

Das Klinikum Bad Bramstedt versorgt etwa 17.000 Patienten im Jahr. Es gehört der Deutschen Rentenversicherung (70,57 Prozent), dem Universitätsklinikum Hamburg (16,98 Prozent) und der Stadt Bad Bramstedt (12,45 Prozent). DRV und auch das UKE wollen nach Angaben der Klinikleitung ihre Anteile verkaufen. Die Stadt Bad Bramstedt wolle ihre behalten.

Geplant sei, dass das Friedrich-Ebert-Krankenhaus in Neumünster, das etwa 26.000 Patienten in seinen 672 stationären Betten im Jahr versorgt, die Fachklinik in Bad Bramstedt als neuer Hauptgesellschafter weiterbetreibt und sich für den Reha-Bereich einen professionellen Kooperationspartner sucht, der das macht, erklärt Klinikchef Ritter das angedachte Verkaufsmodell.