Kreis Segeberg. Auf wen es die Täter im Herold-Center und in Discountern abgesehen hatten und wie man sich vor den Dieben schützen sollte.

Sie sind meistens als Bande unterwegs und sie haben es ganz gezielt auf ältere oder sehr alte Männer und Frauen abgesehen – Taschendiebe. Schon seit 2020 beobachtet die Polizei einen steilen Anstieg der Fälle im Kreis Segeberg, in 2021 setzte sich der Trend im ganzen Land Schleswig-Holstein fort und derzeit scheinen die Täterinnen und Täter besonders aktiv zu sein. Allein am Montag hat die Polizei bislang sieben Diebstähle im Kreis Segeberg registriert: Vier Fälle in Norderstedt, dazu in Henstedt-Ulzburg, Ellerau und Bad Segeberg.

Gestohlen werden Geldbörsen aus Taschen, die in Einkaufswagen stehen, an Rollatoren hängen oder kurz abgestellt wurden. Geschickt nutzen die Taschendiebe die kurze Unachtsamkeit ihrer Opfer in Discountern, Supermärkten und Einkaufszentren. Der Schwerpunkt der Fälle liegt im städtischen Bereich.

Polizei Norderstedt: Taschendiebe – Sieben Fälle an einem Tag im Kreis Segeberg

Etwa im Norderstedter Herold-Center. Dort waren unbekannte Diebe am späten Vormittag des Montag unterwegs und stahlen einer 87-Jährigen unbemerkt die Geldbörse aus ihrer Handtasche.

Am späten Nachmittag wurden zwei Kunden von Discountern bestohlen. Dabei war ein Diebstahl besonders dreist: Einem 70-Jährigen wurde in einem Supermarkt an der Ohechaussee zwischen Kasse und Ausgang die Geldbörse aus der Bauchtasche gestohlen – eigentlich ein vermeintlich guter Aufbewahrungsort für Wertsachen, weil er nah am Körper liegt.

Sogar an eine Bauchtasche wagten sich die Diebe heran

Einer 64-Jährigen wurde das Portemonnaie in einem Discounter an der Quickborner Straße aus ihrer Jackentasche entwendet, während sie ihre Einkäufe tätigte. Der Dame fiel der Verlust erst an der Kasse auf. Gegen 18 Uhr am Abend wurde die 63-jährige Kundin eines Bekleidungsgeschäftes an der Kohfurt zum Taschendieb-Opfer: Ihre Geldbörse mit der EC-Karte, dem Führerschein und den Fahrzeugpapieren verschwand unbemerkt.

In Norderstedts Nachbarkommune Henstedt-Ulzburger kaufte ein 80-jähriger Mann in einem Discounter am Dammstücken ein, als Unbekannte unbemerkt die Geldbörse des Seniors aus der im Einkaufswagen liegenden Herrenhandtasche stahlen.

Mit der gestohlenen EC-Karte wurde gleich Geld abgehoben

Besonders hoch war der Schaden für eine 79-Jährige aus Quickborn, die am Berliner Damm in Ellerau am Nachmittag bestohlen worden war. Die Frau bemerkte erst an der Kasse des Discounters, dass die Geldbörse nicht mehr da war. Jemand hatte sie offenbar aus der Handtasche genommen, die sie über der Schulter getragen hatte. Die Täter hoben gleich im Anschluss mit der EC-Karte der Frau Geld an einem Bankautomat ab.

Schließlich wurde am Montagvormittag in Bad Segeberg die Geldbörse einer 83-Jährigen aus ihrer Handtasche in einem Bekleidungsgeschäft an der Kirchstraße entwendet. Die Kundin hatte die Handtasche nur kurz auf dem Boden abgestellt, um die richtige Jackengröße zu suchen und sich dazu wenige Schritte von der Tasche entfernt. Erst nach Verlassen des Geschäfts bemerkte die Frau den Diebstahl.

Reisende Taschendieb-Banden, die zu zweit oder dritt agieren

„Aufgrund der bisherigen Erkenntnisse gehen wir davon aus, dass es sich überwiegend um reisende Täter handeln dürfte, die sowohl alleine als auch zu zweit oder dritt agieren“, sagt Lars Brockmann, Sprecher der Polizeidirektion Segeberg. „Während eine Täterin oder ein Täter das Opfer zum Beispiel mit einer Frage nach einem Produkt anspricht und somit ablenkt, verdecken die Komplizen die Sicht anderer Kunden oder Angestellter auf das Opfer und die Tasche für einen kurzen Moment, um zuzugreifen.“

Viele Geschädigte bestätigten, solche Gespräche geführt zu haben. Andere erinnerten, dass sie im Zuge des Einkaufs nur kurz angerempelt wurden. Doch in den meisten Fällen bemerkten die Opfer den Diebstahl gar nicht – erst nach dem erfolglosen Griff in die Handtasche, weil die Geldbörse fehlte.

Opfer fühlen sich schlecht wegen des Eingriffs in die körperliche Nähe

„In einigen Fällen haben Geschädigte kurz zuvor in der Nähe Bargeld abgehoben und könnten bereits hier gezielt beobachtet worden sein“, sagt Brockmann. „Nach dem Diebstahl heben die Täter in vereinzelten Fällen mit den erlangten EC-Karten Bargeld ab oder versuchen es zumindest.“

Für alle Opfer kommt zum Ärger und dem Schock, bestohlen worden zu sein, der finanzielle Schaden und der Aufwand für die Neubeschaffung von Papieren und neuen Zahlungskarten dazu. Brockmann: „Wir stellen bei den Geschädigten eine hohe Betroffenheit aufgrund des Eingriffs in die unmittelbare körperliche Nähe fest.“

Polizei Norderstedt: Tipps zum Selbstschutz

Nicht müde wird die Polizei in diesem Zusammenhang, auf die Tipps hinzuweisen, die man zum Selbstschutz unbedingt beachten sollte: Geld, Kreditkarten und Papiere am besten in verschiedenen verschlossenen Innentaschen dicht am Körper aufbewahren. Hand- und Umhängetaschen verschlossen auf der Körpervorderseite tragen oder unter den Arm klemmen.

Geldbörsen nicht oben in Einkaufstasche, Einkaufskorb oder Einkaufswagen legen. Handtaschen im Restaurant, im Kaufhaus oder im Laden nicht an Stuhllehnen hängen oder unbeobachtet lassen. Und – weil das immer noch verbreitet ist: Unter keinen Umständen die PIN gemeinsam mit der EC-Karte im Geldbeutel aufbewahren. Sonst können die Täter nach dem Taschendiebstahl ganz leicht noch das Konto abräumen.