Norderstedt. So nimmt der Comedy-Star beim Festival im Stadtpark Norderstedt das Publikum auf die Schippe. Und erzählt, was er von Lockdowns hält.

Beim ersten Tag des Match Börner Open Air im Stadtpark Norderstedt kam das Publikum gleich auf seine Kosten. Bevor der Comedian Matze Knop sein Programm „Mut zur Lücke präsentierte“, rockte Frontfrau und Sängerin Monique Staffile mit der US-amerikanischen Band „The Infamous Her“ die Bühne auf der Wiese oberhalb des Freibads. Mit ihrem knallharten Gitarren-Pop und Moniques völlig überdrehter Stimme erinnerte die Band an die Zeit vor der Landesgartenschau, als auf dieser Wiese mal das alljährliche Punk-Festival „Schall und Rausch“ mit seinen lauten Beats die Nachbarschaft aufschreckte.

Doch beim ersten Act waren die meisten Besucher noch dabei, sich an die ohrenbetäubende Show zu gewöhnen. Sie verfolgten sie lieber aus einiger Entfernung an den aufgestellten Tischen und Bänken mit ein paar Bier und Cocktails. Nur etwa eine Handvoll Besucher tanzte bereits ausgelassen vor der Bühne.

Matze Knop – erst bitterböser Spott, dann Sprachlosigkeit

Da war Mitveranstalterin Patricia „Paddy“ Kahl schon voll aus dem Häuschen. „Hurra, wir leben noch! Das ist ein sehr emotionaler Moment jetzt“, sagt sie – heilfroh, dass ihr Festival jetzt mit einem Jahr Verspätung endlich durchstarten konnte. „Diese Wiese hier im Norderstedter Stadtpark ist es, die es bringt.“

Vom „Schall und Rausch“ habe sie auch gehört. „Wenn alles wunderbar läuft, werden wir es nächstes Jahr etablieren wollen und es wiederholen“, sagt sie und humpelt zum nächsten Stand weiter. Eine leichte Knieverletzung, die sie sich beim Aufbau zugezogen hat, die sie aber an diesem Abend nicht aufhalten kann.

Das Publikum schleppte Tische und Bierbänke spontan selbst vor die Bühne.
Das Publikum schleppte Tische und Bierbänke spontan selbst vor die Bühne. © Burkhard Fuchs | Burkhard Fuchs

Matze Knop: Comedian sucht in Norderstedt die Nähe zum Publikum

Inzwischen ist etwas Ruhe eingekehrt. Umbauarbeiten auf und vor der Bühne. Die Managerin von Comedian Matze Knop, der gleich auftreten soll, bittet das Publikum, näher heranzukommen. Kurzerhand packen die Besucher die Tische und Bänke an und schleppen sie in mehreren Reihen dicht an die Bühne. Schließlich lebt der Stimmenimitator von Dieter Bohlen, Lothar Matthäus, Jogi Löw, Boris Becker, Felix Magath oder Schlagerstar Howard Carpendale („Ti amo“) von der dichten Atmosphäre und der Nähe zum Publikum. Das klappt gleich von Beginn an. Sofort hat er Linda mit den wetterfesten platinblonden Haaren und Kichererbse Jan direkt vorne an der Bühne zu seinen Lieblingen erklärt, die er nun ständig in sein Programm einbaut.

Auch ein Pärchen aus der ersten Reihe bekommt da sein Fett weg. Warum sie denn bloß ein so schönes römisches Haarband trägt, will er von dem Paar wissen und erfährt, dass sie schon seit 32 Jahren verheiratet sind. Das Publikum tobt und hofft, Matze Knop möge lieber den Nachbarn Hans mit dem dicken Bauch der öffentlichen Lächerlichkeit preisgeben. Den Spott kriegt ganz vorne die Familie aus Bad Bramstedt ab, deren Sohn im pubertierenden Alter nichts von Fußball oder Instagram gehört haben will – „kommt ihr von der Hallig?“, wundert sich Knop mit beißendem Spott.

Kein Tattoo? „Weil du Schiss hast“

Doch als er verbal die ausufernde Tätowierkunst auf den Oberarmen vieler Fußballer aufs Korn nimmt, bekommt er eine Breitseite aus dem Norderstedter Publikum ab. Er habe kein einziges Tattoo am Körper, ruft Matze Knop ins Publikum „und wisst ihr auch warum?“ – „Weil du Schiss hast“, schreit ihn eine junge Frau aus der dritten Reihe an. Für einen Augenblick ist der sonst so schlagfertige Comedian sprachlos.

Das mutige Statement der jungen, natürlich tätowierten Frau aus Norderstedt scheint ihn kurz überrascht zu haben. Seine Antwort mit dem „Ferrari, auf den man ja auch keinen Sticker klebt“ geht im allgemeinen Raunen fast unter.

Corona? Davon hat Matze Knop längst genug

Matze Knop hat eine Botschaft. Er und die vielen anderen Bühnenkünstler wollen nicht noch einmal vom bundesdeutschen Lockdown eingesperrt werden. Denn im Homeoffice kann niemand zum Lachen gebracht werden. „Wir lassen und das Lachen nicht verbieten“, fordert der Comedian aus Lippstadt und bringt ein paar bitterböse Schlager zu Besten, die ihm in der Corona-Krise eingefallen sind. Da lässt er sein „Schatzi den Mundschutz tragen“ und das Speiseöl das neue Klopapier sein – „ich liebe dir“. Mit dem heute modernen Gendern in der Sprache und den vielen Vorschriften zu einer gesunden Ernährung in den Kitas kann er dagegen nicht viel anfangen. „Wir hatten noch kein Tik-Tok, sondern knick-knack.“

Bei „Cuts and Shaves“ gab es den passenden Festival-Schnitt.
Bei „Cuts and Shaves“ gab es den passenden Festival-Schnitt. © Burkhard Fuchs | Burkhard Fuchs

Aus einiger Entfernung beobachtete ein anderes Comedy-Paar das Spektakel auf der Bühne. Andreas Reimers und Roland Nadrowski haben sich als Stan Laurel und Oliver Hardy mit Hut, Anzug und Melone perfekt in Schale geworfen. „Das haben wir für den Veranstalter Tony Groß gemacht“, sagen sie gleich beim Eingang, wo sie die Besucher mit einem breiten Grinsen begrüßen. Immer wieder sind die beiden mit ihrer gelungenen „Dick und Doof“-Performance der Hingucker an diesem Abend.

Auch an den Ständen ist Kreativität angesagt. Neben den Bier-, Grill- und Cocktail-Angeboten gibt es auch ein paar exotische Variationen. Timo Wedde aus Norderstedt ist mit seinen Fellen von schwarzen Schafen und Rentieren ganz aus der Nähe hierhergekommen und preist sie für zehn bis 240 Euro an. „Nächstes Jahr wollen wir damit auf das Wacken Open-Air“, kündigt er stolz an.

Match Börner Open Air: Friseure verpassten Fans Festival-Schnitt

Und im Zelt dahinter sind Sebastian Uerz und Martin Schütt vom Friseur „Cuts and Shaves“ mit ihren schnellen und geübten Scherenschnitten dabei, ein paar Besucher auf den richtigen Haarschnitt fürs Festival zu bringen. Ihr Einsatz mit einem Verein, der sich um sozial schwächere Kinder kümmert, kommt gut an. Die Leute stehen Schlange, um sich wie Tom Wagner schnell noch vor der großen Party frisieren zu lassen.

Die beiden Freundinnen Katrin Boller und Monika Laskowski schauen sich das Schauspiel um sie herum in aller Ruhe aus ihrem Liegestuhl an. „Wir haben die Karten geschenkt bekommen“, sagen die Mädels aus der Kreisstadt Bad Segeberg. Da wollen sie doch mal sehen, was noch so geht hier in der sommerlichen Nacht im Norderstedter Stadtpark, die etwas abgekühlt ist. „Der Abend ist noch jung. Wir genießen das einfach.“