Kreis Segeberg. Vorverkauf für das 9-Euro-Ticket in der Metropolregion beginnt. Mit was die Verkehrsbetriebe im Kreis Segeberg rechnen.

Am Freitag startet der Vorverkauf beim HVV, am Montag dann auch beim Verbund Nah.SH – die Einführung des 9-Euro-Monatstickets, also der bundesweiten Flatrate für den Nah- und Regionalverkehr, rückt immer näher. Ab 1. Juni wird diese für drei Monate gelten. So sollen Menschen dazu animiert werden, den ÖPNV zu nutzen und möglichst oft auf den eigenen Pkw zu verzichten. Egal ob nun als Pendlerinnen und Pendler, zum Feiern auf den Kiez oder für Ausflüge.

Welche Auswirkungen das in der Praxis in der Metropolregion haben wird – weiß niemand. Claudius Mozer ist Geschäftsführer der SVG, also der Südwestholstein-ÖPNV-Verwaltungsgemeinschaft der Kreise Segeberg, Pinneberg und Dithmarschen mit Sitz in Norderstedt. Sie plant, steuert und finanziert den Nahverkehr, arbeitet eng zusammen mit dem HVV und mit Nah.SH. „Es ist ein riesengroßes Experiment. Wir sind gespannt auf die Erfahrungen, die wir machen werden. Ich bin geneigt, das eher positiv zu sehen“, sagt Mozer. „Wir sind im HVV, wozu wir vollumfänglich gehören, immer noch bei einem Nachfragevolumen von 80 Prozent des letzten Vor-Corona-Jahres 2019. Es ist eine großangelegte Marketing-Aktion, die uns dabei helfen kann, die letzten 20 Prozent zurückzugewinnen.“ Und, natürlich: „Langfristig wollen wir viel mehr erreichen.“ Mehr ÖPNV statt Individualverkehr, Stichwort Mobilitätswende.

Große Reserven haben die Betreiber nicht

Ob Busse und Bahnen gerüstet wären für einen Run in diesem Sommer? „Wir haben alle unsere Partner gefragt, wie viele Reserven sie auf die Straße stellen können. Aber Wunder darf man nicht erwarten.“ Nicht zuletzt, weil es eben auch weiterhin krankheitsbedingte Corona-Ausfälle beim Personal gibt. Und das hat in der Regel sofortige Auswirkungen auf die Linien.

Claudius Mozer ist Geschäftsführer der Südwestholstein-ÖPNV-Verwaltungsgemeinschaft der Kreise Segeberg, Pinneberg und Dithmarschen.
Claudius Mozer ist Geschäftsführer der Südwestholstein-ÖPNV-Verwaltungsgemeinschaft der Kreise Segeberg, Pinneberg und Dithmarschen. © Burkhard Fuchs | Burkhard Fuchs

Claudius Mozer weist auf etwas anderes hin: „Die Hälfte dieser drei Monate fallen in die Sommerferien. Das wird zusätzlich einen dämpfenden Effekt haben.“ Und mit einer weiteren Vermutung steht er nicht alleine: Möglicherweise werden viele Menschen zwar die günstigen Karten erwerben, aber dann auch nicht unbedingt weitaus öfter fahren. Denn gerade in der Metropolregion, wo bereits die Tageskarte für zwei Ringe im HVV 6,90 Euro kostet, lohnt sich der Kauf schon bei der zweiten Tour.

Mit Blick auf die Bundespolitik spricht Mozer von einem „klassischen Kompromiss“, da eben nicht nur Anreize zur Nutzung des ÖPNV geschaffen wurden, sondern auch das Tanken günstiger wird. Übrigens, und das betont Mozer noch: Der Bund trägt nach jetzigem Stand nur die Einbußen beim Ticketverkauf. Alle weiteren Mehrkosten, also zum Beispiel durch erweiterte Angebote von Verbindungen, „die müssen Kreise und Länder bei den Betrieben bezahlen“.

AKN könnte Angebot nicht mehr erweitern

Auch die AKN tut sich als Verkehrsunternehmen mit einer Prognose schwer. „Wir freuens uns über mehr Fahrgäste“, sagt Sprecher Jonas Dienst. „Wir haben es auf dem Schirm. Aber da wir nicht unbedingt Zubringer zu touristischen Highlights sind, gehen wir davon aus, dass andere Strecken, zum Beispiel die Marschbahn, betroffen sein werden.“

Trotzdem gehe man davon aus, dass „mehr los sein wird“. Aber man habe einen Puffer. „Die AKN hat alle Fahrzeuge auf der Strecke, das Land hat sozusagen die volle Leistung bestellt.“ Was indes auch bedeutet: „Wir können keine Angebotserweiterung durchführen.“

Fest steht: Ab dem 23. Mai wird es die günstigen Tickets in den AKN-Servicestellen geben, ab 1. Juni dann auch über die Automaten. Und dort, so Dienst, werde man beobachten, wie „Häufigkeit des Erwerbs und der Nutzung korrelieren“.

Deutschlandweit können Menschen im Juni, Juli und August für jeweils neun Euro monatlich den Nah- und Regionalverkehr nutzen. Ausgenommen ist nur der Fernverkehr (ICE, IC, EC). Die Aktion ist ein Bestandteil des von der Bundesregierung in diesem Frühjahr beschlossenen Entlastungspakets für die Bevölkerung – so sollen die steigenden Lebenshaltungskosten und die immer höheren Energiepreise abgefedert werden. Die ÖPNV-Tickets werden personalisiert sein, sind also nicht übertragbar. Überall gilt: Kinder unter sechs Jahren fahren weiterhin kostenlos.

Beim HVV gibt es ab dem heutigen Freitag, 20. Mai, das Ticket im Vorverkauf über die Smartphone-App, im Shop auf hvv.de, in vielen Servicestellen sowie in vielen Bussen. Abokunden sollen automatisch profitieren, die Preise für Profi-, Schüler-, Semester- und Sozialtickets werden abgesenkt. Ab 1. Juni können die 9-Euro-Tickets dann auch in der Switch-App, in allen Bussen sowie an den Automaten erworben werden.

Beim Verkehrsverbund Nah.SH in Schleswig-Holstein startet der Vorverkauf am Montag, 23. Mai. Möglich ist dies über die Nah.SH-App, in Bussen, in Bahnhöfen an den Fahrkartenautomaten sowie an den Verkaufsstellen der Verkehrsunternehmen.

Eine Ausnahme ist die AKN. Deren Automaten werden erst ab dem 1. Juni das 9-Euro-Ticket anbieten, vorher können auch hier ab 23. Mai die Servicestellen und Agenturen in Kaltenkirchen, Bad Bramstedt und Quickborn genutzt werden.

Auch die Automaten der NBE Nordbahn werden zum 1. Juni umgestellt, der Vorverkauf läuft hier vor Ort an den Servicestellen in Bad Segeberg, Büsum, Glückstadt und Tornesch.

Auch in Schleswig-Holstein werden bei Abonnenten die jeweiligen Abbuchungsbeträge automatisch gekürzt. Die entsprechenden Tickets gelten wie auch jene des HVV dann deutschlandweit für den Nahverkehr. Die Abonnements müssen nicht gekündigt werden.

Grundsätzlich gilt: Ab September werden wieder die alten Tarife erhoben. Eine dauerhafte Senkung ist nach Auskunft der Verkehrsunternehmen nicht möglich, da ansonsten die Finanzierung des Betriebs nicht sichergestellt werden könnte, sondern Taktungen gekürzt werden müssten.