Kreis Segeberg . Nach Tat in Schackendorf tappen die Ermittler im Dunkeln. Ehemann steht unter Tatverdacht und schweigt. Kind lebt bei Pflegefamilie.

Die Polizei setzt jetzt auf die Hilfe der Bürger, um weitere Details der Bluttat in Schackendorf aufzuklären. Denn bisher ist der Tatort unbekannt, der mutmaßliche Täter hat kein Geständnis abgelegt, und auch bei der Tatwaffe haben die Ermittler der Kieler Mordkommission keine gesicherten Erkenntnisse. Hinweise nimmt jede Polizeidienststelle entgegen.

Die Ermittlungen seien äußerst aufwendig, sagte Oberstaatsanwalt Axel Bieler, die Motivlage äußerst dünn. Der Beschuldigte bestreite nach wie vor, am Tod seiner Frau beteiligt gewesen zu sein oder sie getötet zu haben. Die 37 Jahre alte Schackendorferin Nadine L. wurde am Donnerstag am Birkenweg, der parallel zur Autobahn 21 verläuft, tot aufgefunden, offensichtlich mit einem stumpfen Gegenstand erschlagen. Ihr Mann Volker L. soll sie getötet haben, er sitzt in Untersuchungshaft. Am Mittwochabend hatte der 47-Jährige seine Frau bei der Polizei als vermisst gemeldet, sie sei vom Gassigehen nicht wiedergekommen. Das Paar lebte mit einem kleinen Kind in einer Mietwohnung, die nur einen Kilometer vom Fundort der Leiche entfernt liegt. Nachdem am Freitag rund 35 Einsatzkräfte der Hundertschaft aus Eutin dort offenbar erfolglos nach Spuren gesucht hatten, durchsuchten sie am Montag die Wohnung des Paares. „Es wird einige Tage dauern, bis die Ergebnisse vorliegen“, sagte der Oberstaatsanwalt.

Familie lebte seit vier Jahren im Ort

Die Stelle, an der die Leiche von Nadine L. gefunden wurde
Die Stelle, an der die Leiche von Nadine L. gefunden wurde © HA | Danfoto

„Natürlich ist das brutale Verbrechen Gesprächsthema Nummer eins im Ort“, sagt Alexander Scheffler, Bürgermeister der Gemeinde mit rund 800 Einwohnern. „Man denkt ja immer, in einem so kleinen, beschaulichen Dorf passieren solche Gräueltaten nicht.“ Doch schon einmal gab es in Schackendorf eine ähnliche Tat: Anfang der 80er-Jahre sei ein Mädchen, das morgens zum Baden gehen wollte, an der Travebrücke erschossen worden. „Auch damals wurde der Täter schnell gefasst“, sagt Scheffler. Er sei froh, dass die Ermittlungen auch im aktuellen Fall schnell zum Erfolg geführt hätten. Es sei nicht auszudenken, wenn „hier ein Irrer rumlaufen und Angst und Schrecken verbreiten würde“.

Er habe die Familie nur flüchtig gekannt, sie habe seit gut vier Jahren eher zurückgezogen am Ortsrand gelebt und sich am Dorfleben nicht beteiligt. Der mutmaßliche Täter habe im Sportverein eine Jugendfußballmannschaft trainiert, das aber wieder aufgegeben. Das Opfer soll als Krankenpflegerin in Rickling gearbeitet haben. Die Eheleute hätten regelmäßig gestritten, auch mit den Nachbarn habe es Streit gegeben, weil Volker L. gern mal ein Feuer im Garten entzündet habe. Das gemeinsame Kind, laut Scheffler drei oder vier Jahre alt, sei erst vor Kurzem in die Kita gekommen.

Polizisten suchen am Fundort nach Hinweisen
Polizisten suchen am Fundort nach Hinweisen © HA | Danfoto

Nun ist die Mutter tot und der Vater sitzt im Gefängnis. Das Jugendamt des Kreises Segeberg hat das Kind in Obhut genommen. Manfred Stankat, Leiter der Segeberger Behörde, gibt keinerlei Auskünfte zu dem Fall. „Ich kann lediglich bestätigen, dass das Kind bei einer Pflegefamilie untergekommen ist.“ Das Jugendamt verfüge über ein Netzwerk aus Pflegefamilien in Bereitschaft. „Das sind Familien, in denen teilweise schon Kinder leben. Die Eltern sind speziell geschult und sehr erfahren im Umgang mit Pflegekindern“, sagt Stankat. Kleine Kinder in Not bringe das Jugendamt in der Regel bei diesen Familien unter, bei Jugendlichen kämen auch Schutzhäuser, Heime oder – bei eventuellen Verletzungen – auch Krankenhäuser in Betracht.

Das Kind bleibt zunächst in einer Pflegefamilie

Bei jeder Inobhutnahme übernehme das Amt quasi die Pflichten der Eltern. „Das bedeutet, dass wir uns um alle Belange des täglichen Lebens der Kinder kümmern müssen. Kita, Schule, auch um die Glaubensausübung oder Gesundheitsvorsorge – alles, was zum Wohl des Kindes notwendig ist.“ Die Eltern müssen, so sie erreichbar sind, allen Maßnahmen zustimmen. Wenn sie widersprechen, müssen Familiengerichte über die Inobhutnahme entscheiden.

Das Kind des Schackendorfer Paares wird vorläufig bei der Pflegefamilie bleiben. Doch daraus wird sicher kein Dauerzustand werden. Falls der Vater sich doch noch als unschuldig herausstellen sollte, kann das Kind zu ihm zurück. Wenn nicht, dann wird ein Familiengericht über das weitere Schicksal des Kindes entscheiden. Verschiedene Hilfen zur Erziehung sieht das Sozialgesetzbuch vor: Etwa die Unterbringung des Kindes bei Trägern wie dem SOS-Kinderdorf oder in einer anderen Vollzeitpflege, also einer Pflegefamilie.

Grundsätzlich werden bei allen Inobhutnahmen auch die Verwandten der Kinder als potenzielle Erziehungsberechtigte überprüft. „Wir sind natürlich immer froh, wenn sich dort Möglichkeiten für die Unterbringung der Kinder ergeben“, sagt Stankat. Es sei aber nicht selten der Fall, dass Großeltern oder andere Verwandte den Kindern ebenfalls keine adäquaten Lebensbedingungen bieten können.

Im Schackendorfer Fall gibt es außer dem Kind noch ein weiteres Familienmitglied, das ohne Obdach zurückgeblieben ist: Der Hund des Paares. Das Tier wurde von den Behörden in ein Tierheim gebracht.