Die Sülfelder begehen den Volkstrauertag mit aufgelockertem Konzept. Norderstedter wollen über die Form diskutieren

Kreis Segeberg. Am morgigen Volkstrauertag erinnern Repräsentanten der Städte und Gemeinden auch im Kreis Segeberg wieder an die Opfer der Weltkriege, aber auch an die Menschen, die aktuell in den Kriegsgebieten unter Hunger, Verfolgung und Gewalt leiden. Dabei überwiegt die traditionelle Form des Gedenk- und Mahntages für den Frieden, wie sie auch in Norderstedt und Henstedt-Ulzburg gepflegt wird. Mitglieder der Feuerwehren marschieren in Reih und Glied und in ihren Uniformen, Kränze werden niedergelegt, mahnende Worte gesprochen. Sülfeld durchbricht die Tradition und wählt einen Rahmen, den Bürgermeister Karl-Heinz-Wegner und Maren Schwarz von der evangelischen Kirche als „modern und zeitgemäß“ bezeichnen.

„Unsere Feuerwehr hat mich gebeten, nicht mehr in Reih und Glied zur Gedenkstätte auf dem Friedhof marschieren zu müssen. Dem tragen wir mit der Umgestaltung des Volkstrauertages Rechnung“, sagt Wegner. Kommunalpolitiker sowie Vertreter von Kirche und Feuerwehr haben eine Alternative zum starren Korsett gefunden: Ein abwechslungsreicher Friedensgottesdienst, der um 11 Uhr in der Sülfelder Kirche beginnt. Der Bürgermeister und der Kieler Theologie-Student Hartmut Günther, der derzeit die Konfirmanden betreut, werden in ihren Ansprachen sowohl der Toten der beiden Weltkriege als auch der Opfer der derzeitigen Kriege und Krisen gedenken.

„Frieden kommt nicht von allein“ lautet das Motto. Dazu werden sich die Konfirmanden äußern, die Banner am Kirchturm werden das Motto weithin deutlich machen, der Jugendchor singt „In Times Like These“. Louis Armstrongs „What A Wonderful World“ schließt eine kurze Bildprojektion ab und „markiert den Wendepunkt vom Negativen zum Positiven“. Die Konfirmanden singen „We Are The World“ von Michael Jackson und Lionel Ritchie.

Vor der Kirche werden Luftballons mit der Friedenstaube als Symbol in die Luft steigen. Die Kirchgänger können Postkarten mit dem Aufdruck „Frieden sei mit dir“ an den Ballons befestigen. Im Anschluss bietet der Sportverein Sülfeld Gulaschsuppe und Getränke in der Remise an. Der etwas andere Gedenktag beginnt mit der traditionellen Zeremonie auf dem Friedhof, die aber kürzer ausfallen soll als bisher. „Danach geht es zum Friedensgottesdienst in die Kirche“, sagt Hartmut Günther, der die Predigt halten wird und hofft, dass der moderner gestaltete Volkstrauertag Jung und Alt gleichermaßen berührt und nachdenklich stimmt.

Ist die Sülfelder Feier ein Modell für Norderstedt? „Ich kann mir durchaus eine andere Form des Gedenktages vorstellen“, sagt Hauke Borchardt, Sprecher der Stadtverwaltung – eine Auffassung, die andere teilen, denn: Es nehmen immer weniger Menschen Anteil an den Gedenkfeiern. „Das ist eine gute Anregung. Wir müssen uns überlegen, wie wir junge Leute einbinden können“, sagt Stadtpräsidentin Kathrin Oehme, die mit den Parteien und der Verwaltung sprechen will, um das starre Konzept zu durchbrechen. Offen für eine Diskussion zeigen sich auch die Fraktionschefs von SPD und CDU, Jürgen Lange und Gert Leiteritz: „Grundsätzlich lässt sich über Alternativen reden. Wir sollten mit Veränderungen aber sehr behutsam umgehen und den stillen und nachdenklichen Charakter des Tages erhalten“, sagen beide.

„In Garstedt läuft der Gedenktag weniger formal ab“, sagt Norderstedts Gemeindewehrführer Norbert Berg. Nicht nur Mitglieder der Feuerwehr präsentierten sich in Uniform, sondern auch die Schützen und die Vertreter des DRK. Mit von der Partie seien auch der Reit- und Fahrverein und der Sozialverband. Die Bigband der Garstedter Wehr spielt. Nach der Kranzniederlegung gibt es im Feuerwehrhaus Schmalzbrot, Getränke und Klönschnack.

Kaltenkirchen setzt auf eine Mischung aus Tradition und Moderne

„Wir diskutieren immer wieder über die Form, haben aber bisher den gängigen Ablauf für gut befunden“, sagt Berg. Eine zentrale Feier lehnten die Garstedter ab, da gehe der familiäre Charakter verloren. „Bei der Ortswehr steht ein Generationswechsel bevor – und es ist gut möglich, dass Jüngere die Zeremonie verändern.“

Kaltenkirchen setzt seit fünf Jahren auf eine Mischung aus Tradition und modernen Gedenken. Vor den Kranzniederlegungen steht in der Michaeliskirche ein Gottesdienst mit einem „Dialog der Generationen“ auf dem Programm. In diesem Jahr treffen sich in der Kirche der Sprecher der Jugendstadtvertretung, Jorge Franck, und der Vorsitzende des Seniorenbeirat, Klaus Stuber. Sie werden über das Thema „Sinnlosigkeit – was Menschen einander im Krieg zumuten“ sprechen.

Die Idee, am Volkstrauertag nicht nur Kränze niederzulegen, entstand 2010 bei einem Vorbereitungstreffen für den Gedenktag. Vertreter der Stadt und der Kirchengemeinde vereinbarten zum ersten Mal den Generationendialog, in dem junge und alte Menschen über ein Thema aus ihrer Sicht sprechen. Themen in der Michaeliskirche waren unter anderem Kindersoldaten, die Losung „Getreu bis in den Tod“ und „Verlorene Jahre der Jugend durch Krieg“. „Ich schätze diese neue Tradition sehr“, sagt Klaus Stuber. Er hofft, dass diese Form des Gedenkens auch künftig Generationen verbindet.

In Bad Bramstedt gibt es zwei Gedenkfeiern. Am gestrigen Freitag trafen sich Schülervertreter zur Gedenkstunde auf dem evangelischen Friedhof. Am morgigen Sonntag wird der Volkstrauertag klassisch begangen. Vertreter der Vereine, der Feuerwehr, der Stadt und der polnischen Partnerstadt Drawsko Pomorskie treffen sich um 11.30 Uhr in der Parkanlage Herrenholz an den Mahnmalen. Bürgervorsteherin Mißfeldt wird die Ansprache halten, für die Musik sind das BT-Orchester und der Männerchor zuständig. „Diese Form stößt bei unseren Bürgern auf viel Akzeptanz“, sagt Bürgermeister Kütbach.