Wie funktioniert Kommunalpolitik? Im zehnten Teil unserer Serie erklärt Mark Helfrich (CDU) seine Arbeit

Er gehört zu den jungen Wilden in der Politik. 35 Jahre alt, gutes Aussehen, sportliche Figur, auch bei offiziellen Fotos bleibt die Krawatte oft im Schrank. So einer, glaubt man gerne, könnte die Welt aus den Angeln heben. Vielleicht ist Mark Helfrich tatsächlich in den Bundestag gegangen, weil er die Welt verändern will. Vielleicht schafft er es eines Tages, aber noch muss er die kleinen Brötchen backen: Der CDU-Politiker aus Dägeling im Kreis Steinburg gehört seit der Wahl im vergangenen Jahr zu den Neuen im Bundestag. Sein Wahlkreis ist üppig bemessen: Die Kreise Steinburg, Dithmarschen-Süd und die Stadt Bad Bramstedt mit Umgebung werden von ihm vertreten.

Im Deutschen Bundestag sitzen 631 Abgeordnete aus 299 Wahlkreisen. Eine Ansammlung von Menschen, die vor allem viele Reden halten mussten, um sich ihre Position zu erkämpfen. Alpha-Tiere, die von ihren Parteien für die Funktion vorsortiert, ausgewählt, vorgeschlagen und nominiert worden sind. Mark Helfrich hat schnell gemerkt, was geht und was nicht geht: „Wer sich gleich produziert, wird nicht ernst genommen, wer sein Redevolumen mit Belanglosigkeiten aufbauscht und voll packt, erringt keine Pluspunkte.“ Gleichwohl hat er bemerkt, dass um ihn herum viele Kollegen sind, die sich inhaltlich sehr gut auskennen und rhetorisch geschickt sind.

In der Bundeshauptstadt verbringt Helfrich etwa die Hälfte des Jahres

Als Mitglied des Bundestagsausschusses Arbeit und Soziales wurde Helfrich gleich mit dem Rentenpaket konfrontiert. Dort ist er einer von 20 CDU-Abgeordneten, die eine Arbeitsgruppe bilden. Viele von ihnen sind, wie er selbst, junge Abgeordnete. Er fühlt sich beachtet, konnte seine Sichtweisen einbringen und Nuancen verändern. „Das war für mich persönlich sehr motivierend“, sagt Mark Helfrich, der mit seiner Frau ein Einfamilienhaus in einer Neubausiedlung am Ortsrand von Dägeling bewohnt. Ende des Jahres soll das erste Kind zur Welt kommen. Er ist sich sehr bewusst, dass die Beschlüsse in den Ausschüssen und später im Bundestag Auswirkungen auf alle Bewohner des Landes haben.

Fragen rund um den Mindestlohn, die Ausgestaltung der Rentenbeschlüsse aus dem Koalitionsvertrag und womöglich notwendige Anpassungen des deutschen Sozialgesetzes, um einer etwaigen Überforderung der Kommunen infolge der vollen Freizügigkeit innerhalb der EU zu begegnen – das sind einige der Themen, die in dem 41 Mitglieder umfassenden Ausschuss behandelt werden. Alles Themen also, die viele Menschen sehr direkt berühren.

In der Bundeshauptstadt verbringt Mark Helfrich etwa die Hälfte des Jahres. An 22 Sitzungswochen ist er in Berlin, wo er sich eine kleine Wohnung genommen hat. In dieser Zeit hat der Abgeordnete einen straffen Plan. Zwischen Debatten, Abstimmungen, Beratungen, Vor- und Nachbereitungen einzelner Sitzungen oder Reden sowie Büroarbeit tagen die Politiker in ihren jeweiligen Ausschüssen. Einige Reden hat der junge Abgeordnete im Plenum bereits gehalten. Er kann bestätigten, was der Autor Roger Willemsen in seinem Bundestagsbuch „Das hohe Haus“ beschreibt: Es gibt im Bundestag bei Reden einzelner Abgeordneter ein gezieltes und zur Schau getragenes Desinteresse – sowohl auf der Regierungsbank, als auch im Plenum. Mark Helfrich hat aber auch schnell gelernt, wie er Aufmerksamkeit erzeugen kann. „Wenn man seine Rede rhetorisch interessant gestaltet, klappt es meistens mit der Aufmerksamkeit.“ Und er fügt selbstbewusst hinzu: „Ich kann es gut.“ Wer zu welchem Thema redet, werde vorher in den Arbeitsgruppen besprochen. Bei seiner ersten Rede war der Bundestag nicht wirklich gefüllt. „Aber durch den Halbkreis, den man vor sich hat, wirkt es wie eine große Masse.“ Nervös sei er gewesen, das gibt er gerne zu. 20 Kollegen, auch aus anderen Fraktionen, hätten nach seiner Jungfernrede gratuliert. Ein Haifischbecken ist der Bundestag nach seinen jetzigen Erfahrungen eher nicht. „Die meisten Kollegen sind sehr zuverlässig und integer in der Zusammenarbeit.“

Als Bundestagsabgeordneter hat Mark Helfrich die Aufgabe, Mittler zwischen den Menschen in seinem Wahlkreis und der großen Politik zu sein. Er versucht, dieser Aufgabe gründlich nachzukommen, wundert sich aber immer noch über die vielen Themen, auf die er angesprochen wird. „Ich hätte nie gedacht, dass so viele Menschen mit einem Abgeordneten sprechen wollen.“ Er ist sich dabei auch nicht zu schade, auch Randthemen auf die Tagesordnung zu bringen. So sprach ihn zum Beispiel ein Ehepaar auf Zuschussmöglichkeiten für künstliche Befruchtungen an. „Ich verspreche keine Lösungen, ich verspreche aber, dass ich mich der Themen annehme“, sagt Mark Helfrich. In diesem konkreten Fall hat er sich mit Kollegen besprochen und immerhin erreicht, dass sich der Landtag in Schleswig-Holstein damit befasst. Als Politiker muss er dicke Bretter bohren. Mark Helfrich weiß, dass er immer wieder beharrlich nachhaken muss, um etwas zu erreichen. Und auch diese Erkenntnis hat er gewonnen: Wer ein Thema bewegen will, muss es erst mal geschickt platzieren, was auch nur mit einem zeitlichen Vorlauf geschehen kann. Wie es auf der unteren Politikebene zugeht, weiß Helfrich: Im Kreis Steinburg war er Kreistagsabgeordneter.

Vor seinem Eintritt in den Bundestag war Mark Helfrich, der sein Studium der Betriebswirtschaft in Göttingen abgeschlossen hat, Assistent der Geschäftsführung bei einem Gasnetzbetreiber in Hamburg. In seinen Job könnte er zurück, wenn es mit der Politik mal nicht mehr klappt. „Aber ich mache mir keine großen Sorgen und habe keine Vorstellungen, wie die nächsten 16 Jahre verlaufen werden.“ Immerhin hat er in seiner kurzen Zeit als Berufspolitiker bereits festgestellt, dass er seinem Leben bisher noch nie so viel arbeiten musste: 70 bis 80 Stunden pro Woche sind Satz. Seinen Verdienst findet er in Ordnung, er weiß aber, dass in der Regel niemand in die Politik geht, um reich zu werden. „Wer das will, ist falsch aufgehoben.“ Nebeneinkünfte hat er nach eigenen Angaben nicht.