Wie funktioniert Kommunalpolitik? Im achten Teil unserer Serie erklärt Gerd-Rainer Busch sein Ehrenamt

Gerd-Rainer Busch ist bestens vernetzt. Laptop, PC, Smartphone, PC-Tablett und, als besonderer Clou, ein Fonepad. „Das ist ein dolles Ding“, sagt der Kreistagsabgeordnete, der mit seinen 70 Jahren zwar einer ältesten Abgeordneten im Segeberger Parlament ist, dafür aber vermutlich einer der technisch bestausgerüsteten. „Klein, handlich, gut!“ Von der externen Festplatte gar nicht zu reden. Und vom Extra-PC für Musik und andere Besonderheiten auch nicht. Sein Arbeitstablet, jenes, das er mit in die Sitzungen nimmt, hat ein ausziehbares Keyboard. Damit kann er während der Sitzungen auf dem Display nicht nur Vorlagen studieren, sondern auch, wenn nötig, selbst etwas schreiben. Und dabei die Kollegen im Blick behalten. Auch auf dieses Gerät schwört er. WLAN ist in der Segeberger Kreisverwaltung verfügbar, wenn es mal irgendwo kein WLAN gibt, schließt Gerd-Rainer Busch sein Tablet oder sein Laptop mit dem Smartphone „kurz“. „Kennen sie ja sicher“, sagt er im Brustton der Überzeugung und verblüfft damit manchen Gesprächspartner.

All diese Geräte sind im Arbeitszimmer seines Hauses an der Hamburger Straße in Leezen im Einsatz. Und zwar wirklich im Einsatz. Denn Gerd-Rainer Busch ist ein Kreistagsabgeordneter, der in den vergangenen zwei Jahren viel zu tun hatte. Der SPD-Abgeordnete ist seit sieben Jahren Vorsitzender des Kreisjugendhilfeausschusses, der sich aus traurigem Anlass mit Problemen in der Kreisverwaltung befassen musste. Der Skandal um den kleinen Jungen, der von seinen Eltern in einen Kellerraum gesperrt wurde, machte bundesweite Schlagzeilen („Kellerkind-Skandal“), der Jugendhilfeausschuss musste den Fall aufrollen und schließlich für neue Strukturen im Jugendamt des Kreises Segeberg sorgen.

Seit sieben Jahren ist Gerd-Rainer Busch Vorsitzender des Jugendhilfeausschusses, in der Kreispolitik ist er bereits seit 1998 aktiv. Er ist damit Vorsitzender des einzigen Ausschusses, in dem nicht nur die Kreistagsabgeordneten der verschiedenen Fraktionen sitzen, sondern auch Mitglieder von Verbänden, Vereinen und Beiräten. Alle zwei bis drei Monate tagt dieser Ausschuss in der Regel, wenn besonders dringliche Angelegenheiten vorliegen, auch häufiger. Als der Kellerkind-Skandal aufgearbeitet wurde, traf sich ein extra gebildeter Unterausschuss einmal in der Woche. Im Jugendhilfeausschuss werden alle Dinge besprochen, beraten und beschlossen, die im weitesten Sinne mit Kinder- und Jugendarbeit zu tun haben. Sozialdemokrat Busch, der während seines aktiven Berufslebens Erster Polizeihauptkommissar und zuletzt Dienststellenleiter beim Bundesgrenzschutz auf dem Hamburger Flughafen war, hat sich selbst eine Reihe von Zielen gesetzt, die er politisch umsetzen will: Ein ausreichend und flexibles Angebot von Ganztagsbetreuung, schrittweise Abschaffung der Elternbeiträge für Kindergärten, die Abschaffung von der Familienbeteiligung an den Schülerbeförderungskosten, das Einsetzen von hauptamtlichen Sozialpädagogen an allen allgemeinbildenden, beruflichen Sonder- und Förderschulen und vieles mehr. Übergeordnete Ziele sind für ihn die Förderung der Sozialkompetenz, das Mindern von Gewaltbereitschaft oder das Sichern des Kindeswohls durch Kinderschutz. Anders als ein Politiker auf Stadt- oder Gemeindeebene hat ein Kreispolitiker die Chance, mit Beschlüssen einen größeren Bereich abzudecken.

Für diese Ziele muss er hart und zeitaufwendig arbeiten. Neben den turnusmäßigen Sitzungen des Jugendhilfeausschusses gibt es etwa einmal im Monat eine Arbeitskreissitzung zur Vorbereitung, alle zwei Monate wird eine Fraktionssitzung anberaumt, alle zwei bis drei Monate tagt der Kreistag. Im Gegensatz zu früher, als schon am Nachmittag, gelegentlich sogar am Vormittag getagt wurde, beginnen alle Sitzungen um 18 Uhr und enden spätestens um 22 Uhr. Zumindest darf nach dieser Zeit kein neuer Tagesordnungspunkt aufgerufen werden. Außerdem sitzt Gerd-Rainer Busch in Verbandsversammlungen, er ist Mitglied im Verwaltungsausschuss der Agentur für Arbeit in Elmshorn, Mitglied im Kreisparteiausschuss und DRK-Ortsvorsitzender in seinem Wohnort Leezen. Darüber hinaus beschäftigt er sich natürlich mit den Dingen, die seine direkte politische Arbeit betreffen. Er liest, vor allem im Internet, viele Beiträge, die auch über den Kreis Segeberg hinausgehen, um stets auf dem Laufenden zu sein. Die moderne Kommunikationstechnik ist ihm bei der ehrenamtlichen Arbeit eine große Hilfe. Heute kann er sich kaum noch vorstellen, dass er all diese Arbeit auch während seiner aktiven Berufszeit nebenbei erledigt hat.

Viel Arbeit also für einen Pensionär, der mit Leidenschaft Politiker ist. „Etwa anderthalb Stunden am Tag muss ich im Schnitt für meine politischen Ämter an Zeit einrechnen“, sagt der Sozialdemokrat, der 1968 in die Partei eingetreten ist, weil ihm der damalige SPD-Vorsitzende Willy Brandt imponiert und mitgerissen hat. Um mehr Zeit mit seiner Frau verbringen zu können, verzichtet Gerd-Rainer Busch auf die geliebten Golfrunden. „Wenn ich in der Woche so häufig unterwegs bin, kann ich mich nicht am Wochenende noch sieben Stunden auf den Golfplatz stellen.“ Das Ehepaar Busch hat einen Kompromiss gefunden: Es widmet sich gemeinsam dem Hundesport.

Gerd-Rainer Busch hat sein Ziel hoch gehängt. „Als aktiver Politiker will ich die Situation für Menschen verbessern.“ Das ist gerade als Kreispolitiker nicht immer einfach zu verwirklichen. Die finanziellen Spielräume sind eng, die Vorgaben vom Land und vom Bund groß. Aber die Bereiche Soziales und Jugend gehören zu den wichtigsten des Kreises, zwei Drittel des Haushaltsbudgets werden dafür eingesetzt. Hinzu kommt, dass sich natürlich nicht jede eigene Wunschvorstellung durchsetzen lässt: Das Ringen um politische Mehrheiten gehört zum Alltag, aber Gerd-Rainer Busch weist darauf hin, dass im Jugendhilfeausschuss häufig ein Konsens quer durch die Fraktionen gefunden wird. Das Auftauchen der Piratenpartei in der Kreispolitik hält er für belebend, weil andere Sichtweisen auch für Politiker, die schon lange dabei sind, interessant sein können.