Auch nach 16 Jahren im Amt hat Norderstedts Verwaltungschef Hans-Joachim Grote noch viel Spaß an seiner Arbeit

Auch nach 16 Jahren an der Verwaltungsspitze macht ihm die Arbeit noch Spaß: „Es ist toll, in einer Stadt, die wächst und finanziell gesund ist, gestalten zu können. Das motiviert enorm und ist schöner, als mit einem ganz engen Finanzkorsett umgehen zu müssen, das eben keine Spielräume bietet“, sagt Hans-Joachim Grote, von Berufs wegen Oberbürgermeister in Norderstedt und verantwortlich für 1250 Mitarbeiter und eine multiple Persönlichkeit: Unter dem Titel „Der Oberbürgermeister“, der im Briefkopf hinter „Stadt Norderstedt“ auftaucht, vertritt er die Gesamtheit der Beschäftigten und ist das „Organ Stadt“.

Wird der Artikel klein geschrieben, handelt es sich um die Person Hans-Joachim-Grote, die 59 Jahre alt und verheiratet ist und zwei erwachsene Kinder hat – und, um wieder ins Rathaus zu wechseln, zwei Dezernenten als Vertreter: Anette Reinders und Thomas Bosse. Als hauptamtlicher Oberbürgermeister leitet Grote die Verwaltung, zu der nicht nur die klassische Verwaltung im Rathaus gehört. Dazu zählen auch Erzieherinnen, Sekretärinnen und Hausmeister, Landschaftsgärtner und Müllwerker, der weitaus größere Teil der Beschäftigten.

Grote nennt drei wesentliche Aufgabenbereiche: Die Verwaltung bereitet Beschlüsse für die – ehrenamtlichen tätigen – Stadtvertreter und Mitglieder der Fachausschüsse vor und setzt sie um. Die Kommunalpolitiker können immer dann mitreden, wenn es sich um Aufgaben der Selbstverwaltung handelt. „Damit ist das gesellschaftliche Miteinander gemeint, die freiwilligen Leistungen, die die Stadt ihren Bürgern bieten will. Dazu gehören beispielsweise Museen, ein Schwimmbad, die Stadtbüchereien“, sagt der Oberbürgermeister. Eine Untergruppe bilden die sogenannten pflichtigen Aufgaben der Selbstverwaltung. So ist die Stadt verpflichtet, ausreichend Schulen und Kitas vorzuhalten. Wie die Einrichtungen ausgestattet werden, liegt dann wieder im Ermessen der Politiker.

Zudem muss Grote dafür sorgen, dass er und seine Mitarbeiter Aufgaben erfüllen, die der Stadt von anderen zugewiesen werden. Das trifft zum Beispiel auf die Landtags-, Bundestags- und die bevorstehenden Europawahl zu. Da ist das Procedere vorgegeben, Norderstedt kann davon nicht abweichen. Auch das Melderecht ist einheitlich geregelt.

Der dritte Kompetenzbereich betrifft hoheitliche Aufgaben wie das Ordnungs- und Baurecht. In dicken Büchern ist festgelegt, wer wann eine Baugenehmigung oder die Lizenz für einen gastronomischen Betrieb bekommt. Wichtig dabei ist der Grundsatz der Gleichbehandlung: „Wir können ja nicht den einen blitzen und wegen Verstoßes gegen das Tempolimit zur Verantwortung ziehen und einen anderen nicht“, sagt der Verwaltungschef, der zugleich Repräsentant der Stadt ist und sich diese Aufgabe mit der ehrenamtlichen Stadtpräsidentin Kathrin Oehme teilt. Norderstedts Oberbürgermeister ist Vorsitzender im Städteverband Schleswig-Holstein, Mitglied der regionalen Entwicklungskonferenz, im Landesplanungsrat und im Klimarat Schleswig-Holstein. Außerdem gehört er dem Präsidium und dem Hauptausschuss des deutschen Städte- und Gemeindetages an und ist Vizepräsident im Rat der Gemeinden und Regionen Europas – vom Engagement auf Bundes- und europäischer Ebene profitiert die Stadt, kann sie sich doch um innovative Projekte und die entsprechenden Fördermittel bewerben.

Jeden Montag oder Dienstag trifft sich die Dezernentenrunde zum Austausch

Wie aber leitet er eine Verwaltung mit 1250 Beschäftigten, zumal, wenn die tägliche Post gleich kistenweise ins Chefzimmer gekarrt wird? „Das geht nur mit guten Mitarbeitern, klaren Strukturen und intensiver Kommunikation“, sagt der Mann auf dem Chefsessel im dritten Stock des Rotklinkerbaus. So sei eindeutig geregelt und schriftlich fixiert, über welche Summen Sachbearbeiter, Fachbereichs- und Amtsleiter selbstständig verfügen können, ohne dass ein zweiter gegenzeichnen muss. Jeden Montag oder Dienstag trifft sich die Dezernentenrunde zum Info-Austausch. Rund zweieinhalb Stunden sitzen Grote, Bosse und Reinders mit Pressesprecher Hauke Borchardt und Kämmerer Wulf-Dieter Syttkus zusammen und besprechen die Themen der Woche, welche Fachausschüsse tagen und um was es dabei geht. Anschließend treffen sich die Dezernenten mit ihren Amtsleitern, die wiederum mit den Fachbereichsleitern und die mit ihren Mitarbeitern.

Zweimal im Jahr zieht sich die Verwaltungsspitze zur Klausur zurück – ein Wochenende frei von alltäglichem Verwaltungshandeln, das ganz im Zeichen der Strategie steht und übergeordnete Ziele und Visionen für die mittel- bis langfristige Ausrichtung Norderstedts bringen soll. Ein solcher Fixpunkt ist die energie- und klimaneutrale Stadt, die sich gleich in der internen Organisation niedergeschlagen hat. Grote hat die Experten im Haus, die bis dahin unterschiedlichen Fachbereichen zugeordnet waren, im zentralen Amt „Nachhaltiges Norderstedt“ zusammengefasst und den Sachverstand gebündelt. „Die Gliederung der Verwaltung obliegt ausschließlich dem Bürgermeister“, sagt Grote. Die Politiker hätten da nicht reinzureden, sie würden aber informiert.

Der Hauptausschuss ist Vorgesetzter des Oberbürgermeisters

Mitreden und sogar anweisen können sie aber in einer ganz besonderen Funktion: So ist der Hauptausschuss Dienstvorgesetzter des Oberbürgermeisters und kann ihm sagen, wo es lang geht, wo er oder seine Mitarbeiter beispielsweise eine Aufgabe noch nicht zur Zufriedenheit der Ehrenamtler ausgeführt haben. Geht es um Disziplinarrecht, ist der Innenminister für Grote zuständig. Der Diplom-Verwaltungswirt, der in der Verwaltung groß geworden ist, leitet auch ein eigenes Dezernat und unterscheidet sich damit von vielen Kollegen, die sich auf das Leiten der Verwaltung konzentrieren. „Eine Stadt unserer Größe könnte durchaus vier Dezernate und damit eins mehr als jetzt vertragen“, sagt der Oberbürgermeister. Dazu wäre es 2007 auch fast gekommen, doch dann sagte Klaus Ehling, als neuer Dezernatsleiter schon so gut wie gewählt, kurzfristig ab. Grote zeichnet verantwortlich für Personal, die Stadtwerke, die Amtsstatus haben, das Rechnungsprüfungsamt, die Gleichstellungsstelle, die Feuerwehr und die Finanzen. Damit hat er die Hand am wichtigsten Schalthebel. „Die Finanzen sind das wichtigste Steuerinstrument.“

Und beim Geld stehe Norderstedt gut da. Wie gesagt: Grote verwaltet, aber noch viel lieber gestaltet er.

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