Kita dicht? Unvorhergesehene Überstunden? – Stiftung Beruf und Familie hilft Unternehmen und deren Mitarbeitern. So soll die Vereinbarkeit von Familie und Beruf verbessert werden.

Kreis Segeberg. Diesen Stress kennen viele Eltern: Die Schule fällt aus, das Kind ist krank oder die Arbeitszeit wird kurzfristig geändert. Wohin aber mit dem Kind? Wer holt es gegebenenfalls von der Kindertagesstätte ab, wenn Überstunden anfallen? Diese Sorgen will die Stiftung Beruf und Familie Neumünster-Segeberg den Eltern und ihren Arbeitgebern nehmen. Unter der Federführung des Diakonischen Werkes Altholstein können Unternehmen aus dem Kreis Segeberg und der Stadt Neumüster künftig in Notfällen ihre Kinder betreuen lassen.

Laut Susanne Harder von der Diakonie Altholstein soll die Stiftung dadurch die Vereinbarkeit von Familie und Beruf verbessern. Während die Unternehmen familienfreundlicher aufgestellt werden und damit um Fachkräfte werben können, können die Mitarbeiter Familie und Beruf besser unter einen Hut bringen.

Die Kosten für das Betreuungsangebot übernehmen die Unternehmen

„Die Unternehmen übernehmen voll die Kosten und stehen hinter den Beschäftigten, für den Notfall können die Kinder dann betreut werden“, beschreibt Harter das Grundprinzip der Betreuung. Sie kommt dann zum Tragen, wenn es Probleme bei der sogenannten Regelbetreuung gibt oder aber ungeplante Arbeit anfällt. „Die Beschäftigten können dann einfach anrufen, und innerhalb von zwei Stunden wird die Betreuung organisiert.“

Das Personal sei dafür qualifiziert und hat mindestens die Ausbildung zur Tagesmutter oder -vater abgeschlossen. „Die beteiligten Unternehmen werben zudem bei ihren Mitarbeitern um Vertrauen zu dem System“, so Harder.

Bevor die Kinder betreut werden können, muss dann nicht nur das Unternehmen einen Vertrag mit der Stiftung zur Betreuung abschließen und einen Jahresbeitrag entrichten, der sich auf die Mitarbeiterzahl bezieht. Auch Kinder, Eltern und Betreuer müssen sich kennenlernen. Hierfür bietet die Stiftung Kennenlern-Cafés bei den sogenannten Betreuungsstützpunkten an, den Orten, an denen die Kinder im Notfall betreut werden können. Derzeit gibt es zwei davon, einer in Neumünster und der zweite in Bad Segeberg beim Evangelischen Bildungswerk in der Falkenburger Straße. Ein Standort im Süden des Kreises Segeberg ist in Planung. Susanne Harder: „Das hängt von den Betrieben ab.“

Da sich derzeit noch wenige Unternehmen beteiligen und das Angebot im November gerade erst begonnen hat, läuft die Arbeit erst an. Einen Notfall gab es laut Harder noch nicht. Aus dem Kreis Segeberg waren neben der Wirtschaftsentwicklungsgesellschaft des Kreises Segeberg – laut deren Chef Ulrich Graumann kann der Kreis selbst nicht Stifter sein – auch das Holzunternehmen Jorkisch aus Daldorf an der Gründung der Stiftung beteiligt, zudem ist die Sparkasse Südholstein Förderer des Projektes. Weitere Unternehmer können sogenannte Zustifter werden oder einfach einen Vertrag über die Betreuung abschließen.

Der Stress in der heutigen Arbeitswelt soll vermindert werden

Die Vorsitzende des Stiftungsrates, Andrea Wittmann, betont dabei, dass es bei der Notfallbetreuung nicht bleiben soll. Wittmann ist Personalentwicklerin bei Danfoss Power Solutions in Neumünster, und sie sieht weitere Tätigkeitsfelder für die Vereinbarkeit von Familie und Beruf. „Es gibt einen großen Regelungsbedarf für die Ferienzeiten“, sagt sie. „Arbeitnehmer haben viel weniger Urlaub als die Kinder Ferien haben.“ Auch bei der Pflege von Angehörigen könnte die Stiftung künftig die Mitarbeiter der beteiligten Betriebe unterstützen.

Durch die verschiedenen Angebote der Stiftung soll laut Wittmann der Stress der heutigen Arbeitswelt für die Betroffenen vermindert werden. Oder sogar der Verlust von Mitarbeitern verhindert werden, den Petra Engel von der Freesen-Apotheke in Neumünster bereits erlebt hat: „Ich habe meine Mitarbeiterin verloren, weil sie die Kinderbetreuung in der Randzeit nicht sicherstellen konnte.“

Laut Helmut Deecke kann durch das neue Angebot die Wettbewerbsfähigkeit insbesondere von kleineren und mittleren Unternehmen verbessert werden. Deecke ist Projektleiter des Wissensnetzes Nord der Metropolregion, das bereits ein ähnliches Projekt in Stormarn initiiert hat und auch die Stiftung für Segeberg und Neumünster mit auf den Weg brachte.

Das Stormarner Projekt läuft seit einem Jahr. Nach Deeckes Angaben wurden in diesem Zeitraum bislang 50 Notfälle betreut, 30 Unternehmen mach mit.