Das Hamburger Abendblatt hat mit dem ADAC 30 Stationen und ihr Umfeld getestet. Heute die Ergebnisse für Norderstedt-Mitte

Norderstedt. „Das sieht ja nicht sehr einladend aus.“ ADAC-Tester Carsten Willms nimmt den Weg, den jeden Morgen Hunderte Pendler auf dem Weg zur Bahn mit dem Auto fahren. Sie steuern von der Rathausallee den Bahnhof Norderstedt-Mitte an, biegen zwischen Kontorhaus und den Gleisen ab in Richtung P+R-Parkdeck und landen in einer der schmuddeligsten Ecken der Stadt. Jede Wand, jeder Träger, jede Tür ist mit Graffiti beschmiert. „Kein guter Eindruck“, sagt Willms, der mit den Notizen auf seinem Testbogen beginnt.

Wer in dieses Parkdeck fährt, landet nicht nur in einer unansehnlichen Graffiti-Galerie, sondern auch in der Dunkelheit. Willms nimmt das Lichtmessgerät und hält es mitten in die Fahrgasse zwischen zwei Parkplätze. 40 Lux zeigt das Display. Mindestens 75 müssten es sein, damit sich ein Autofahrer nicht unwohl fühlt und sich schnell zurecht findet. „Sichtbarkeit schafft Sicherheit“, sagt der Tester und spricht damit aus, was jeder Verkehrsteilnehmer weiß, aber nicht unbedingt jeder Parkhausbetreiber. Als Willms die Lux-Werte misst, scheint draußen die Sonne. Nachts ist es in der P+R-Anlage noch dunkler.

Wo Pfeiler stehen, bringen es manche Plätze auf gerade mal 2,2 Meter

Willms greift nach dem nächsten Messgerät, einem schlichten Zentimetermaß. Das Ergebnis bestätigt den Eindruck vieler Autofahrer, die auf der P+R-Anlage rangieren: Die meisten Parkplätze sind zu klein. 2,5 Meter beträgt die Mindestbreite, sagt der ADAC-Fachmann. Wo Pfeiler stehen, bringen es hier manche Plätze auf gerade mal 2,2 Meter. Vor vielen Jahren gingen diese Werte noch halbwegs in Ordnung, heute bereiten sie vielen Autofahrern beim Einparken Mühe. „Die Autos werden immer größer“, sagt Willms.

Zwar sind die Behindertenparkplätze korrekt beschildert und erreichen mit 3,5 Meter die erforderliche Breite. Doch wer die Parkpalette mit einem Rollstuhl verlassen will, muss an der Zufahrt eine ansehnliche Steigung überwinden. „Eine sportliche Sache“, sagt Willms, der auch einen sicheren Weg für Fußgänger in der Anlage vermisst. Außerdem fehle das P+R-Schild an der Zufahrt. Hier könne jeder parken, P+R-Parkplätze sind jedoch nur für Pendler vorgesehen.

432 Parkplätze hat die Stadt Norderstedt in ihren P+R-Anlagen in Norderstedt-Mitte gemeldet. Montags bis freitags sind sie im Durchschnitt zu 90 Prozent ausgelastet. Im Winter kommen auch mal 100 Prozent zusammen. Dann zählt jeder Parkplatz, selbst wenn er schmuddelig ist.

Erheblich einladender wirken die anderen Parkhäuser am Bahnhof. Unterm Rathaus, bei den Stadtwerken an der Beamtenlaufbahn und unter der Post sind kaum Graffiti zu finden. Sauber und gepflegt – das ist der erste Eindruck. In diesen Anlagen stecken die Mängel im Detail. Unter dem Rathaus geht es zum Beispiel ebenfalls eng zu, die meisten Stellplätze sind 2,2 Meter breit. Willms spricht von einem K.o-Kriterium für die gute Benotung eines Parkplatzes. Die große Schwäche der Anlagen: In fast allen Treppenaufgängen riecht es nach Urin.

„Für die Kunden ist ein Kiosk wichtig“, sagt ADAC-Experte Carsten Willms

Doch Willms hat auch großes Lob parat: So viele kostenlose Parkplätze wie in Norderstedt-Mitte sind kaum an einem Bahnhof im Norden zu finden. Positiv bewertet er auch die Station des Fahrradleihsystems, die abschließbaren Fahrradboxen und die – wenn auch überschaubare – Anzahl freier Fahrradständer.

Jetzt geht es zum Busbahnhof und zu den Zügen. Dass es in den Treppenhäusern nach Fäkalien riecht, dürfte auch daran liegen, dass die gebührenpflichtige Herrentoilette verriegelt und nicht zu öffnen ist. Immerhin: Das Damenklo war nach dem Einwurf von 20 Cent zu öffnen, ohne dass übler Gestank herausquoll. Bis auf die WC-Probleme ist Willms mit dem Busbahnhof zufrieden. Digitale Tafeln informieren darüber, in wie vielen Minuten die nächsten Busse fahren, ohne dass der Fahrgast auf einen Fahrplan schauen muss. Der Kiosk und die Bäckerei sind beliebt. „Für die Kunden ist ein Kiosk wichtig“, sagt Willms. „Das haben alle Befragungen ergeben.“ Besonders wichtig: Alle Fahrstühle funktionieren und sind wie der Rest der Anlange halbwegs sauber.

Im wohltuendenden Kontrast zu den Schwächen auf den Parkplätzen steht der Bahnhof. Hier fahren die U-Bahnen nach Hamburg und die AKN in Richtung Henstedt-Ulzburg. Videoüberwachung, Notrufsäule und die weißen geriffelten Steine für die Blindenführung auf dem Bahnsteigboden sieht Willms sofort. Die Lichtstärke beträgt 330 Lux. „Sehr angenehm“, sagt der Tester. Die Hamburger Hochbahn, die für das U-Bahnnetz verantwortlich ist, hat einen guten Ruf bei der Pflege ihrer Stationen. „Nur selten tauchen Probleme auf dem Gebiet der Hochbahn auf“, berichtet Willms. Er spricht von einem guten Bahnhof, vermisst lediglich auf den Bahnsteigschildern die Hinweise, wo sich die P+R-Parkplätze befinden. Auch die Toiletten konnten nicht überzeugen.

Die ausführlichen Testergebnisse und eine Fotodokumentation finden Sie unter www.abendblatt.de/norderstedt.

Am Sonnabend, 28. September. lesen Sie die Testergebnisse für Ulzburg-Süd und Alveslohe.

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