Henstedt-Ulzburg muss sich auf eine lange Zeit ohne Bürgermeister einstellen. Gegen den suspendierten Bürgermeister Torsten Thormählen wurde ein Strafbefehl wegen Betruges in zwei Fällen und Vorenthaltens von Arbeitsentgelt in 47 Fällen erlassen.

Henstedt-Ulzburg. Sollte es zu einer gerichtlichen Hauptverhandlung gegen Torsten Thormählen kommen, könnte es noch Überraschungen geben. Thormählens Rechtsanwalt Michael Gubitz hatte in seiner Presseerklärung vage angedeutet, es gebe "maßgebliche Personen", denen die tatsächlichen Verhältnisse bekannt seien. Wer diese Personen sind, wollte der Kieler Anwalt am Donnerstag auf Nachfrage nicht preisgeben. "Wir müssen uns auf eine Hauptverhandlung einstellen, da können wir noch keine Zeugen öffentlich benennen." Es sei sein und seines Mandanten Ziel, das Strafverfahren "korrekt und erfolgreich" zu beenden.

Mindestens noch ein Jahr ohne Bürgermeister, vielleicht sogar mehrere Jahre - das ist die Situation, in der sich die Gemeinde Henstedt-Ulzburg nach der Entscheidung des Norderstedter Amtsgerichts befindet. Gegen den suspendierten Bürgermeister Torsten Thormählen wurde ein Strafbefehl wegen Betruges in zwei Fällen und Vorenthaltens von Arbeitsentgelt in 47 Fällen erlassen. Der Strafbefehl sieht eine Gesamtfreiheitsstrafe von zehn Monaten auf Bewährung vor.

Für die Gemeinde ist die Entscheidung des Norderstedter Amtsgerichts überraschend gekommen. "Wir haben davon erst aus der Presse erfahren", sagte die stellvertretende Bürgermeisterin Elisabeth von Bressensdorf. Die Gemeinde wurde vom Gericht nicht informiert, weil sie am Verfahren nicht direkt beteiligt und dem Verfahren als Nebenkläger nicht beigetreten ist.

Anhand dieser Sachlage wird auch klar, warum die Mitglieder des Hauptausschusses nicht informiert wurden. Hauptausschussvorsitzende Karin Honerlah und andere Mitglieder des Ausschusses hatten am Mittwoch Vorwürfe gegen die stellvertretende Bürgermeisterin erhoben, weil sie den Beschluss des Amtsgerichts nicht weitergeleitet habe.

In Henstedt-Ulzburg weiß zurzeit niemand, wie es weitergeht. Am 22. September sollen die Bürger entscheiden, ob Thormählen im Amt bleiben soll oder nicht. Im Mai hatte der Gemeinderat sich für die Einleitung des Verfahrens zur Abwahl des Bürgermeisters entschieden. Aber Elisabeth von Bressensdorf ist sich überhaupt nicht sicher, dass die Mehrheit der Wähler die Abwahl des Bürgermeisters überhaupt will. "Man hört im Ort so einiges", sagt die CDU-Politikerin.

Sollte es am Tage der Bundestagswahl keine Abwahlentscheidung geben, stünde die Gemeinde vor einem großen Problem. "Wenn er nicht abgewählt wird, bleibt die Suspendierung von Herrn Thormählen sehr wahrscheinlich bestehen", vermutet Elisabeth von Bressensdorf. Da der Anwalt des Bürgermeisters bereits einen Einspruch gegen den Strafbefehl angekündigt hat, wird es zu einem Hauptverfahren beim Norderstedter Amtsgericht kommen - und niemand kann sagen, wann das Verfahren eröffnet wird. "Das kann Wochen dauern, im Extremfalle aber auch Jahre", sagte Professor Michael Gubitz aus Kiel, der Torsten Thormählen anwaltlich vertritt.

Eine Neuwahl des Bürgermeisters könnte die Gemeinde bei einem Wählervotum für Thormählen nicht einleiten. Der Bürgermeisterposten bliebe über lange Zeit vakant. Die Vertretung müsste weiter ehrenamtlich geschehen.

Sollte Thormählen abgewählt werden, müsste der Bürgermeisterposten ausgeschrieben werden. Die Bewerbungsfrist, das Auswahlverfahren, der Wahlkampf, die Wahl - all das würde Monate in Anspruch nehmen. Nach der Wahl könnte ein neuer Bürgermeister seinen Posten keineswegs sofort antreten. "Es gibt also eigentlich keine Änderung der Sachlage", stellt Elisabeth von Bressensdorf fest. "Allerdings ist etwas mehr Bewegung in die Sache gekommen."

Wie sich die Stadt Norderstedt, die nach Angaben des Amtsgerichts einen finanziellen Schaden in Höhe von 56.000 Euro erlitten hat, verhalten wird, ist noch nicht geklärt. "Grundsätzlich macht die Stadt Norderstedt im Interesse der Steuerzahler stets alle möglichen Forderungen geltend", sagt Fachbereichsleiter Wulf-Dieter Syttkus, Sprecher der Verwaltung. Konkret äußert er sich nicht, da es sich um eine Personalangelegenheit handele.

Sollte das Gericht während einer Hauptverhandlung über ein Strafmaß von zehn bis zwölf Monaten nicht hinausgehen oder darunter bleiben, so muss Thorsten Thormählen nicht befürchten, dass er seine Beamtenrechte und seinen Pensionsanspruch verliert. Das geschähe erst, wenn das Gericht ihn zu einer Haftstrafe von mehr als zwölf Monaten verurteilte. Unklar ist noch, ob die Landrätin das derzeit ruhende Disziplinarverfahren sofort wieder aufnimmt.