Seit 22 Jahren ist Winfried Zylka bereits im Amt. Jetzt wurde der Christdemokrat einstimmig wiedergewählt. Derzeit gibt es keinen Kreispräsidenten im Lande, der länger im Amt ist.

Kreis Segeberg . Die Aufgaben sind verteilt, die Räume auch: Wer das Vorzimmer im Haus Segeberg betritt und sich nach links wendet, landet, sofern erlaubt, im Zimmer der Landrätin. Rechtsherum geht es in das Amtszimmer, in dem der höchste Repräsentant des Kreises Segeberg seinen Schreibtisch stehen hat. Hier arbeitet Winfried Zylka. Ohne ihn ist die Kreispolitik kaum vorstellbar.

Auch wer sich weiter nicht für das interessiert, was die Politiker im Sitzungssaal des Kreishauses an der Hamburger Straße beschließen, ihn haben viele schon einmal gesehen. Der CDU-Politiker aus Bornhöved wurde vor 22 Jahren erstmals zum Vorsitzenden des Kreistages und damit zum Kreispräsidenten gewählt. In der vergangenen Woche wählten ihn die Fraktionen im Kreistag zum sechsten Mal in dieses Amt - und zwar einstimmig.

22 Jahre an der Spitze des Kreistages - das ist noch kein Rekord in Schleswig-Holstein, aber derzeit gibt es keinen Kreispräsidenten im Lande, der länger im Amt ist. Rekordhalter ist übrigens Hermann Glüsing, der 31 Jahre Kreispräsident in Dithmarschen war. Aber das ist Geschichte, Glüsing verstarb 1981.

Jetzt also Winfried Zylka, der wegen seiner ruhigen, ausgeglichenen und durchaus humorvollen Art an der Spitze des Kreistages unumstritten ist. In seiner Partei, der CDU, ist das allerdings nicht immer so. So konnte er es nicht verhindern, dass ihm in seinem angestammten Wahlkreis die Direktkandidatur streitig gemacht wurde. Zylka musste zähneknirschend in einen anderen Wahlkreis ausweichen, den er dann direkt gewann. Einen Spitzenplatz auf der Kandidatenliste hatte er außerdem.

Etwa 35 Stunden in der Woche ist der 66-Jährige für den Kreis unterwegs

Wer ist dieser Mann, der einen großen Teil seiner Freizeit dafür einsetzt, als Repräsentant des Kreises Segeberg unterwegs zu sein, der Aktenberge durchwühlt und stundenlang Vorlagen studiert, um in der Kreispolitik stets auf dem Laufenden zu sein? Winfried Zylka genießt sein Amt, aber er sonnt sich nicht darin. Er stöhnt nicht über die zeitliche Belastung, weil er sich die Aufgabe selbst aufgebürdet hat. "Es macht mir immer noch Spaß", sagt der CDU-Politiker in seiner ruhigen, aber bestimmten Art, "das ist eine Grundvoraussetzung." Ein Mann der lauten Worte ist er nicht.

Der Kreis Segeberg leistet sich den Luxus, seine Spitzenkräfte von kreiseigenen Autos mit kreiseigenen Chauffeuren kutschieren zu lassen. Daran wird nicht gerüttelt, auch wenn der Nachbarkreis Stormarn seinen Landrat inzwischen alleine fahren lässt. Winfried Zylka muss also auch nicht mit dem eigenen Peugeot 404 anreisen, wenn er zum Beispiel eine Veranstaltung in Norderstedt besucht. Er nimmt die Fahrbereitschaft der Kreisverwaltung schon deshalb gerne in Anspruch, weil sie die Zahl der Termine rasant vermehrt. "Je länger ich im Amt bin, desto mehr werden es."

Als Winfried Zylka noch als Ministerialrat für die Landesregierung gearbeitet hat, war er wöchentlich etwa 25 Stunden für den Kreis Segeberg im Einsatz, heute sind es 35 Stunden. Der Kreispräsident hat also fast einen Fulltime-Job. Findet seine Ehefrau, eine pensionierte Lehrerin, das in Ordnung? Muss sie wohl, sonst würde sie ihren Winfried vermutlich nicht laufen lassen. "Vor allen Kandidaturen habe ich mich mit der Familie abgestimmt", sagt er. "Wäre sie dagegen gewesen, hätte ich es nicht gemacht." Er schränkt ein bisschen ein: Immerhin gebe es ab und an kleine Diskussionen im Hause Zylka, ob der eine oder andere Termin wirklich sein müsse.

Im Jahr 1990 war Winfried Zylka Favorit bei der Landratswahl

Bei aller Beanspruchung als Kreispräsident ist ihm die Familie heilig: Geplante Freizeittermine mit der Familie oder Familienfeiern lässt er nicht platzen. "Es müsste schon etwas weltbewegendes passieren, um einen solchen Termin nicht wahrzunehmen." Und auch für sonstige Aktivitäten bleibt Zeit: Theater, Konzerte, Kunstausstellungen, ausgiebige Reisen durch die USA - und manchmal bleibt auch Zeit, verschüttet geglaubte handwerkliche Begabungen wieder zu beleben: Seinen Enkelkindern hat er ein Spielhaus gebaut. Nach bewährter Beamtenart: Stabil, zweckmäßig und kühl kalkulierend: "Ich überlege bei handwerklichen Aktivitäten vorher lange, wie es gemacht wird."

Eigentlich hätte die berufliche Laufbahn für Winfried Zylka ganz anders aussehen sollen. 1990 war er nämlich Favorit bei der Wahl des Landrats. Er, damals Fraktionsvorsitzender der CDU, war der Kandidat seiner Partei. Aber es kam anders: Die FDP hatte einen eigenen Kandidaten aufgestellt, in den Reihen der CDU befand sich ein bis heute unbekannter "Königsmörder", Zylka fehlte schließlich eine Stimme, Sozialdemokrat Georg Gorrissen wurde Landrat. Das war bitter für den Landesbeamten, aber ein schwerer Schicksalsschlag war es nicht. Er blieb Referatsleiter im Landeshaus, wurde anschließend zum Kreispräsidenten gewählt, freundete sich mit dem neuen Landrat an und arbeitete fortan mit ihm in friedlicher Koexistenz.

Heute beschäftigen ihn der demografische Wandel und die Folgen für die Städte und Gemeinden besonders stark. Winfried Zylka hält Vorträge und berät Kommunen. "Die ärztliche und pflegerische Versorgung wird für die Kommunen eine gewaltige Herausforderung."