Das Beteiligungsverfahren zum Bürgerhaushalt Norderstedt ist abgeschlossen, die 50 besten Vorschläge liegen vor. Sie sollen in Erstellung des Doppelhaushalts einfließen.

Norderstedt. Die Bürger der Stadt Norderstedt haben gesprochen: Die Rangliste der 50 wichtigsten Themen der Stadt wurde im Bürgerhaushalt erstellt. Sie sollen nun in die Erstellung des Doppelhaushaltes der Stadt Norderstedt für die Jahre 2014/2015 einfließen.

In den letzten Monaten konnten die Norderstedter im Internet vorschlagen, wo die Stadt Norderstedt investieren soll und wo sie sparen kann. In einer Bewertungsphase stimmten alle Teilnehmer über die Vorschläge ab. Sie konnten die Ideen auf einer Skala von Minus 2 (unwichtig) bis Plus 2 (sehr wichtig) einordnen. 421 Bürger beteiligten sich rege beim Bürgerhaushalt, 214 davon waren im Vergleich zum ersten Verfahren 2011 neu dabei. Insgesamt wurden 309 Vorschläge gemacht und mit 634 Kommentaren versehen. 18.900-mal klickten die Aktiven auf die Bewertungsfunktion. "Wir haben nun eine Liste von 51 Vorschlägen, die am besten bewertet wurden. Der 50. und 51. Vorschlag wurden gleich gut bewertet - deswegen haben wir die Liste erweitert", sagt Fabian Schüttler von der Stadtverwaltung. Die Liste werde nun in den entsprechenden Fachbereichen in der Verwaltung geprüft und kommentiert. Nach der Sommerpause wird die Liste dann an den Hauptausschuss der Stadtvertretung und damit der Kommunalpolitik übergeben. Dann müssen die Fraktionen des Parlaments entscheiden, wie sie mit den Bürgerideen umgehen wollen. Sie entscheiden, ob aus Bürgerwillen konkrete Politik wird.

Die Top Ten der Bürgervorschläge

Wer sich die zehn am besten bewerteten Vorschläge Norderstedter Bürger durchschaut, bemerkt schnell, dass kaum ein anderes Thema die Gemüter mehr erhitzt als der Verkehr in der Stadt. Unter den Top Ten sind sieben Vorschläge, die sich direkt oder indirekt um die Straßenverkehrsordnung, um Kreisverkehre, Ampeln und Fahrbahnen drehen. Wer jetzt denkt, die Bürger setzen dabei dieselben Prioritäten wie die Kommunalpolitiker und die Verwaltung, der irrt. Nicht der Ringschluss um Norderstedt mit der Fertigstellung der Verlängerung der Oadby-and-Wigston-Straße steht ganz oben in der Liste, sondern der Erhalt des Kreisels am Buchenweg. Der Bürger mit dem Online-Pseudonym "Kevin" forderte, dass dieser trotz aller Planung im neuen Wohngebiet am Garstedter Dreieck erhalten bleiben soll. Damit der Verkehr weiter gut fließt, soll er auf keinen Fall durch eine Ampel ersetzt werden. In der Planung des Wohngebietes ist die Auflösung des Kreisels eine Option, je nachdem, wie sich der Verkehr in Zukunft mit der Einmündung der neuen Horst-Embacher-Allee direkt vor dem Kreisel entwickeln wird. Wenn es nach den Aktiven beim Bürgerhaushalt geht, bleibt der Kreisel. (Bewertungsnote 1,42)

Auf den möglichst guten Verkehrsfluss zielt auch der Vorschlag, intelligente Ampelschaltungen in der Stadt einzuführen. Der Bürger "Zykel" will die Einführung einer optischen oder elektronischen Analyse-Technik, die zumindest in Nebenstraßen auf Bedarf schaltet. "Nichts ist unsinniger, als an einer Kreuzung angehalten zu werden, und es ist weit und breit kein querendes Fahrzeug zu finden", schreibt "Zykel". (Bewertungsnote 1,27)

In eine ähnliche Kerbe schlägt Bürger Dieter Seifert mit seinem Vorschlag, Ampeln bei wenig Verkehr einfach abzuschalten. "Auch bei Fußgängerampeln, die längere Zeit nicht betätigt wurden, sollte die Anlage automatisch abgeschaltet werden." (Bewertungsnote 1,24)

Sparpotenzial will der Bürger "EnergieFuchs" bei der Straßenpflege ausgemacht haben. Er fordert, schon vor dem Winter Risse und Löcher in den Fahrbahnen auszubessern. Nach Wasser und Frost seien die Schäden erheblich größer und teurer zu sanieren. (Bewertungsnote 1,18)

Der Bürger "Katerchen" wünscht sich die Möglichkeit zur Sofortmeldung an die Stadt von Problemen im öffentlichen Raum. Verschmutzungen, Straßenschäden, zugewachsene Schilder, Geh- und Radwege - das alles ließe sich schnell per App vom Smartphone an die zuständige Stelle leiten. (Bewertungsnote 1,18)

Energie sparen könnte die Stadt, wenn sie weiter konsequent den Weg zu energieeffizienter Stadtbeleuchtung beschreitet, urteilt Bürger "bhn70". Alle Lampen der Stadt müssten Sparlampen sein, in der Helligkeit dimmbar und per Fernwartung zu regeln. (Bewertungsnote 1,17)

Damit der Autofahrer mit 50 Kilometern in der Stunde auf den Norderstedter Hauptverkehrsstraßen stetig vorankommt und nicht ständig halten muss, fordert der Bürger "heynoon" optimierte Ampelschaltungen. "Beispiel Ulzburgerstraße, wenn man von der Kreuzung Schleswig Holstein Straße nach Norderstedt einfährt: die erste Ampel grün ist, die nächste dann rot." (Bewertungsnote 1,16)

Der Bürger "pblock" mahnt Nachhaltigkeit am Bau an. Es müsse nicht immer neu sein, was die Stadt anschafft oder verbaut. Alte, abgebaute Ampeln könnten an anderen Kreuzungen wieder verwendet werden. "Dann braucht man nicht, wie bei der neuen Ampel Waldstraße, zigtausend Euro auszugeben." (Bewertungsnote 1,15)

"Jeder Dezibel Lärmminderung dankt uns unser Körper", sagt der Bürger "guenzelsen". Deswegen sollte bei der Erneuerung der Fahrbahndecken nur noch "leiser Asphalt" in Norderstedt verwendet werden, etwa demnächst bei der Ausbesserung der Poppenbütteler Straße zwischen Segeberger Chaussee und Tangstedter Landstraße. (Bewertungsnote 1,11)

Dringend verbessert werden müsse die Bürgerinfo im Internet. "Es müssen durchgängig für alle Ausschüsse und Sitzungen alle relevanten Daten vollständig (auch Anlagen) ins Netz gestellt werden", fordert der Bürger "eskannnurbesser...". (Bewertungsnote 1,11)

Die gesamte Liste mit allen 51 Vorschlägen, den Kommentaren und Bewertungen ist auf der Homepage www.buergerhaushalt-norderstedt.de nachzulesen. Dort werden demnächst auch die Kommentare der Verwaltung eingestellt. Im Auftrag der Stadt Norderstedt hatte der Bielefelder Betreiber des Online-Portals buergerwissen.de, Volker Vorwerk, das Verfahren für den Norderstedter Bürgerhaushalt moderiert. Die Stadt überweist ihm dafür 20.000 Euro.

Beim ersten Verfahren 2011 hatte Vorwerk geurteilt: "Wenn sich am Ende des Prozesses vielleicht 1 Prozent der Norderstedter, also etwa 700 Leute, beteiligen, dann ist das Verfahren ein Erfolg." Sebastian Schüttler bezeichnet die jetzt erreichte Zahl von 421 aktiven Bürgern in dem Verfahren als das, was die Verwaltung erwartet habe.