Die Parteien in der Region suchen nach geeigneten Mitteln, um das Interesse der Bürger an der Politik zu erhöhen. Die SPD in Henstedt-Ulzburg präsentiert nun einen interessanten Vorschlag.

Kreis Segeberg . Kommunalpolitik hat bei vielen Bürgern offenbar keinen großen Stellenwert. Das lässt sich zumindest aus der Beteiligung an den jüngsten Kommunalwahlen schließen. Nicht einmal jeder zweite Wahlberechtigte hat seine Stimmen abgegeben. Politiker und Politikwissenschaftler überlegen, wie dem schleichenden Prozess der Wahlverweigerung begegnet werden kann.

Die SPD in Henstedt-Ulzburg präsentiert nun einen interessanten Vorschlag: Sie schlägt vor, Gemeinderatssitzungen künftig im Internet live zu übertragen. "Wir wollen den interessierten Bürgern eine zusätzliche Möglichkeit bieten, kommunalpolitische Diskussionen zu verfolgen, um Entscheidungen besser nachvollziehen zu können", sagt der SPD-Fraktionschef Horst Ostwald.

Die SPD hält Übertragungen von Sitzungen im Internet für ein geeignetes Mittel, das Interesse an der Politik zu erhöhen und damit langfristig auch für eine Verbesserung der Wahlbeteiligung zu sorgen. Sie will auf diesem Wege auch verdeutlichen, dass Kommunalpolitik sich vor der eigenen Haustür abspielt und nur wenig mit Bundes- und Landespolitik zu tun hat.

Wie groß das Interesse das Interesse der Bürger an Live-Übertragungen von örtlichen Sitzungen im Rathaus ist, vermag auch die Henstedt-Ulzburger SPD nicht zu sagen. Sie glaubt aber, dass auch die Kommunalpolitik moderne Medien nutzen sollte.

Live-Streams aus der Norderstedter Stadtvertretung? Eine Idee, die auch von der einen oder anderen Partei schon diskutiert wurde. Katrin Schmieder, gerade neu mit der Fraktion Bündnis90/Die Grünen in das Stadtparlament eingezogen, sieht das Thema differenziert. "Sitzungen der Stadtvertretung sind nicht mehr die großen Diskussionsrunden. Vielmehr werden dort die bereits in den Fachausschüssen durchdiskutierten Themen der Form halber abgenickt, versehen mit der einen oder anderen Fensterrede." Die wirklich spannenden Entscheidungen und Auseinandersetzungen zwischen den Fraktionen laufen also in den Ausschüssen.

Die Grünen wollen Fraktionssitzungen an öffentlichen Orten abhalten

Schmieder glaubt aber, dass Politik generell mehr den direkten Kontakt zum Bürger suchen sollte. "Wir werden unsere Fraktionssitzungen demnächst zumindest teilweise an öffentlichen Orten machen." Außerdem kenne kaum jemand die Fraktionsbüros der Parteien im Rathaus, obwohl die dem Bürger durchaus offenstehen bei Fraktionssitzungen. "Ich bin ein großer Fan von Parteibüros mitten in der Stadt zwischen den Geschäften", sagt Schmieder.

Miro Berbig von der Fraktion Die Linke wollte zuletzt zumindest erreichen, dass alle Abgeordneten der Stadtvertretung bei der Online-Plattform abgeordnetenwatch.de vertreten sind. Damit sie vom wählenden Bürger direkt mit Fragen konfrontiert und bei der Umsetzung ihrer Wahlversprechen überprüft werden können. Doch der geordnete Gang aller Abgeordneten in das virtuelle Parlament scheiterte maßgeblich an der Verweigerungshaltung der CDU-Fraktion. Heute sind unter abgeordnetenwatch.de trotzdem alle Stadtvertreter der vergangenen Legislaturperiode eingespielt - mit Kontakt-Daten, die für jedermann im Netz zur Verfügung stehen. Die Resonanz scheint ernüchternd zu sein. Lediglich acht Fragen stellten Bürger den Abgeordneten. Jürgen Lange (SPD) ist mit drei Fragen und drei Antworten der Aktivste, gefolgt von Miro Berbig (zwei Fragen) und Klaus-Peter Schroeder (FDP, eine Frage). Maren Plaschnick (GALiN) und Gert Leiteritz (CDU) ließen jeweils eine Frage unbeantwortet.

Wie groß die Ratlosigkeit der Politiker ist, zeigt das Beispiel Kaltenkirchen. Zu Beginn der vergangenen Wahlperiode hatte die Bürgervorsteherin den Arbeitskreis "Interesse an Kommunalpolitik wecken" ins Leben gerufen, der nach fünf Jahren ein Ergebnis vorlegte, das von der Stadtvertretung "zur Kenntnis genommen" wurde.

Dass das Interesse der Bürger an ihrem Viertel groß ist, beweisen die Bürgergespräche, die Kaltenkirchens Bürgermeister Hanno Krause regelmäßig führt. Er lädt zu Gesprächen in einer der Stadtteile ein, hört sich vor Ort Wünsche und Sorgen an.

"Das ist ein Thema, dass wir angesichts der unterdurchschnittlichen Wahlbeteiligung angehen müssen", sagt Bramstedts Bürgermeister Hans-Jürgen Kütbach über die Pläne, die Sitzungen informativer zu gestalten. Bislang hat sich die Stadt darauf beschränkt, Vorlagen als Powerpoint-Präsentationen zu präsentieren und den Bürgern als Pdf-Dateien im Internet zur Verfügung zu stellen.

"Nirgendwo gibt es so viel Öffentlichkeit wie in den kommunalen Gremien", sagt Jochen von Allwörden, Geschäftsführer des Städtetags Schleswig-Holstein. Er sieht das größte Problem in der Kommunikation. Die Frage laute, wie die ehrenamtliche Arbeit den Bürgern nähergebracht werden kann, um die Wahlbeteiligung bei Kommunalwahlen zu erhöhen.