Die Spitzenkandidaten der Norderstedter Parteien für die Kommunalwahl 2013 am 26. Mai haben hier das Wort.

Gefragt sind keine langatmigen Erklärungen, sondern kurze und knackige Sätze , die auf den Punkt bringen, was die Politiker in den nächsten fünf Jahren auf die Beine stellen wollen. Fast alle Kandidaten hätten zu den Fragen gerne mehr gesagt. Doch wir finden, dass weniger auch in diesem Fall mehr ist. Wer es ganz ausführlich will, der sollte sich einen Blick in die Wahlprogramme der Parteien für Norderstedt gönnen.

Die Spitzenkandidaten der Norderstedter Parteien

Katrin Oehme, 69, Spitzenkandidatin der CDU, ist seit fünf Jahren Norderstedts Stadtpräsidentin. Seit 43 Jahren wohnt ich mit ihrer Familie, samt Katze und Hund in Garstedt. Seit vielen Jahren engagiert sie sich als Stadtvertreterin der CDU-Fraktion, im Ortsvorstand und in Ausschüssen.

Jürgen Lange, 66, der Fraktionschef der SPD in der Stadtvertretung, führt die Liste der Sozialdemokraten an. Der pensionierte Berufsschullehrer und Vater zweier Töchter lebt mit seiner Frau in Harksheide. Lange ist seit mehr als 40 Jahren in der Kommunalpolitik aktiv.

Regina Spörel, 57, führt die Grünen in Norderstedt in den Wahlkampf. Die Unternehmensberaterin lebt mit ihrem Mann in Garstedt. Hier ist sie aufgewachsen. Bei den Grünen engagiert sie sich seit zwei Jahren. Bisher ließ ihr der Beruf keine ausreichende Zeit für das politische Engagement.

Miro Berbig, 48, steht ganz oben auf der Liste der Linken. Der IT-Consultant und Linken-Fraktionsvorsitzende lebt in Norderstedt-Mitte, direkt hinter dem Rathaus. Er ist ledig, aber seit 25 Jahren mit seiner Lebensgefährtin zusammen. Bei den Linken ist er seit 2007 aktiv.

Gabriele Heyer, 55, Kürschnermeisterin steht ganz oben auf der Liste der Liberalen in Norderstedt. Die Mutter zweier Söhne lebt mit ihrem Mann in Garstedt. Seit vielen Jahren engagiert sie sich als Stadtvertreterin in der FDP und führt den Ortsverband der Norderstedter Liberalen seit 2011.

Reimer Rathje, 43, ist der Initiator der "neuen Kraft" in Norderstedt, der Wählervereinigung Wir in Norderstedt (WIN). Der Gastronom ("Schlachteplatte" in Hamburg-Hummelsbüttel) lebt in Garstedt, ist ledig und ein erklärter Fluglärm-Gegner. Bisher war er politisch nicht aktiv.

Die Fragen an die Kandidaten

Welche Vision haben Sie für Norderstedt? Was möchten Sie in den nächsten fünf Jahren erreichen?

Katrin Oehme: Ausbau der Kinderbetreuung, Umwandlung der Grundschulen und der weiterführenden Schulen in Ganztagsschulen; Ausbau von Geh- und Radwegverbindungen in und um Norderstedt; Verdichtung des ÖPNV; Unterstützung der Bauträger zum Neubau bzw. Umwandlung in öffentlich geförderten Wohnungsbau in den nötigen Größenanforderungen; Umgestaltung der Einkaufs- und Gewerbegebieten

Jürgen Lange: Mehr bezahlbaren Wohnraum, um die Steigerung der Mieten zu bremsen. Ein breites Angebot an guter Kinderbetreuung, um die Vereinbarkeit von Familie und Beruf zu gewährleisten. Eine verlässliche, zukunftsorientierte und gerechte Schulentwicklung mit Bildungschancen für alle Kinder. Ein lärmgemindertes Norderstedt mit besserem ÖPNV und mehr Fahrradwegen zu sicheren Abstellanlagen.

Regina Spörel: Wir möchten mehr bezahlbaren, barrierefreien Wohnraum für Jung und Alt schaffen, die Entwicklung von neuen Wohnkonzepten fördern, die Stadt mehr begrünen, die Geschwindigkeit in der Stadt durch deutliche Ausweitung von Tempo 30 Zonen reduzieren, den Schwerlastverkehr aus den Wohngebieten verbannen und beim Fluglärm die starken Belastungen besonders in den Tagesrandzeiten senken.

Miro Berbig: Sanierung der Schulen und der geförderte Wohnungsbau, das werden die Themen werden. Während im Bereich Krippen und Kitas der Ausbau zu Ende geführt wird, schieben wir einen Berg an Sanierung und Umbaumaßnahmen in den Schulen vor uns her. Wir werden dafür sorgen, dass nicht am falschen Ende gespart wird. Zukunft fängt eben nicht zu Hause, sondern in den Schulen an!

Gabriele Heyer: Die Schulen müssen saniert werden, Sportanlagen verbessert und die Kindertagesstätten erweitert werden. Offene Jugendarbeit soll im Einklang mit Ganztagsschulen attraktiver gestaltet werden. Die FDP will Gebäudereinigung, Planungsleistungen u. ä. mehr auf private Firmen, aber auch Aufgaben wie Sportförderung und Jugendarbeit an Verbände und Vereine übertragen.

Reimer Rathje: Die Einrichtung eines Hospizes für alle Altersgruppen. Den Ausbau der Kitas und Horte, die gerechte Verteilung der Starts und Landungen, jede Richtung 25 Prozent und keine massive Benachteiligung für Norderstedt. Keine zweite Startbahn über Norderstedt. Die Stärkung der einzelnen Stadtteile, damit Autoverkehr reduziert wird. Straßenlärm reduzieren durch Instandsetzung der Straßen.

Im Garstedter Dreieck baut Plambeck 60 Sozialwohnungen. Reicht das, oder wie wollen Sie ausreichend bezahlbare Wohnungen schaffen?

Katrin Oehme: Das reicht natürlich nicht. Gerade wurde in der Stadtvertretung ein gemeinsamer Antrag von CDU und SPD über die Ausweisung von Baugebieten für geförderten Wohnungsbau einstimmig beschlossen. Der Beschluss lautet: Bei der Ausweisung neuer Bebauungsgebiete sollten zukünftig 30 Prozent der Geschossflächen für den geförderten Wohnungsbau gesichert werden.

Jürgen Lange: Bei steigenden Mieten und dem teilweisen Auslaufen der Bindung für geförderte Sozialwohnungen hat Norderstedt viel zu wenig preiswerten Wohnraum, auch für Normalverdiener. Auf Initiative der SPD hat die Stadtvertretung deshalb beschlossen, dass zukünftig in neuen Bebauungsplänen 30% für geförderten Wohnungsbau gesichert werden soll. Wir brauchen bezahlbare Wohnungen für alle.

Regina Spörel: Das reicht natürlich nicht. Viele Wohnungen fallen in den nächsten zwei Jahren aus der Sozialbindung. Für eine kurzfristige Problemlösung streben wir die Verlängerung der Bindungsfristen an und haben dazu bereits erste Gespräche geführt. Für zukünftige Projekte unterstützen wir den von der Stadtvertretung beschlossenen 30-prozentigen Sozialwohnungsanteil im Neubaubereich.

Miro Berbig: Gegen die Wohnungen, die Plambeck neu baut, stehen 2500 Wohnungen, die in Norderstedt-Mitte dank des "Wohnungsbauförderungsgesetzes" aus dem Jahr 2007 (CDU/SPD) aus der Förderung fallen. Da muss man nicht mal den Dreisatz können, um zu verstehen, wie brisant die Lage ist. Wir fordern die Gründung einer kommunalen Norderstedter Wohnungsbaugesellschaft.

Gabriele Heyer: 60 Wohnungen sind der Anteil Norderstedts an dem Landessonderprogramm sozialer Wohnungsbau. Die FDP setzt auf die Förderung der Mieter, nicht die der Wohnungseigentümer. Norderstedt ist ein begehrter Wohnungsmarkt. Wer seinen Wohnraum nicht finanzieren kann, soll Wohngeld oder Lastenzuschuss zur Eigentumsbildung erhalten.

Reimer Rathje: Der Bedarf von bezahlbarem Wohnraum ist gegeben. Die hohe Verschuldung der Stadt lässt keinen eigenständigen Bau zu. Es sollte einen runden Tisch mit potenziellen Wohnungsbauunternehmen geben und eine Förderung durch das Bereitstellen der stadteigenen Grundstücke.

Saturn will am Herold-Center eröffnen: Lässt sich so der Abfluss an Kaufkraft stoppen? Wie kann Einkaufen in Norderstedt attraktiver werden?

Katrin Oehme: Dazu wäre eine weitaus größere Umgestaltung des Herold-Centers und der kleinen stadtteilbezogenen Einkaufszentren erforderlich. Möbelhäuser haben wegen der schnellen Erreichbarkeit (Wohnmeile, Dodenhof, Kraft, Ikea) hier in Norderstedt kaum eine Chance.

Jürgen Lange: Ein Elektronikmarkt stärkt das Einkaufszentrum um das Herold-Center. Die Flächen südlich von Karstadt müssen ebenfalls entsprechend der Planung entwickelt werden, um die Verbindung entlang der Europaallee herzustellen. Das Center ist das zentrale Einkaufszentrum in Norderstedt. "Einkaufswelten" auf der grünen Wiese führen zu Leerständen und lassen die Innenstädte veröden

Regina Spörel: Die Attraktivität des Einzelhandels leidet unter zu vielen Standorten und der Monotonie des Angebots. Wir müssen Zentren in den Ortsteilen schaffen. Uns fehlen mutige Eigentümer, die kreativen Neulingen eine Chance geben, und wir alle können zur Verbesserung beitragen, indem wir nicht im Internet, sondern beim ortsansässigen Händler einkaufen. Saturn wird das Problem nicht lösen.

Miro Berbig: Schon heute ist Norderstedt umzingelt von solchen Märkten, daher erwarten wir keine großen Einbrüche im örtlichen Handel, der sich auf Qualität spezialisiert hat, statt Masse zu machen. Aber es ist richtig, dass wir aufpassen müssen, Norderstedt als Einkaufsstadt attraktiv zu halten, damit wir nicht zur Schlafstadt verkommen. Der Mix macht es, wie in der Politik, der unsere Stadt lebenswert macht.

Gabriele Heyer: Norderstedt ist attraktiv, Bürger aus dem Umland kaufen im Herold-Center ein. Ein Elektronikmarkt hilft, die Attraktivität zu erhöhen. Die Norderstedter müssen wissen, dass die Vielfalt nur durch den Einkauf vor Ort erhalten bleibt. Wir unterstützen Eigentümer und Einzelhandel, die Einkaufsquartiere interessant zu gestalten.

Reimer Rathje: Ein Elektro-Discounter verdrängt die vorhandenen Einzelhändler. Die Kaufkraft kann nur mit Hilfe eines verbesserten Branchenmixes speziell im Herold-Center gehalten werden. Es muss eine Abkehr von einer totalen Ausrichtung auf das untere Preissegment im Center geben. Kein Käufer einer Waschmaschine möchte vier Eisbecher und vier verschiedene Brote kaufen.

Der Knoten Ochsenzoll ist fertig, der Ring um Norderstedt wird geschlossen: Wo liegen künftig Ihre Schwerpunkte beim Verkehr?

Katrin Oehme: Abgesehen von innerörtlichen Ergänzungen ist wohl nichts größeres mehr vorgesehen und wohl auch nicht erforderlich. Die Zukunft liegt im ÖPNV, der Verdichtung der Taktzeiten, dem Rad- und Fußwegebau (auch mit Übergängen in die Nachbargemeinden).

Jürgen Lange: Für den Ring wird die O&W-Straße in einem ersten Schritt verlängert. Für die nächsten Jahre gilt es, die Verbindung zur Kothla-Järve-Straße herzustellen. Die SPD will den ÖPNV und den Radverkehr stärken. Das soll mit dem von der SPD initiierten "Norderstedt Ticket", kürzeren Taktfrequenzen bei Bus und Bahn, sicheren Abstellanlagen für Fahrräder und besseren Fahrradwegen erreicht werden.

Regina Spörel: Unser Ziel ist die Reduzierung und Beruhigung des innerstädtischen Verkehrs. Zusätzlich möchten wir Fuß- und Radwege verbessern, mehr Fahrradparkhäuser errichten, den ÖPNV z. B. durch kürzere Taktzeiten im Busverkehr und durch die Einführung eines Norderstedt-Tickets für Schüler noch attraktiver gestalten. Bestehende Straßen möchten wir pflegen, aber keine neuen bauen.

Miro Berbig: Großprojekte wie der Knoten Ochsenzoll werden langfristig die Probleme verstärken, statt sie zu lösen. Die Linke fordert eine vollständige Abkehr von der autozentrierten Verkehrsplanung. Bis 2020 wollen wir den Radverkehrsanteil in Norderstedt von 19 auf 30 Prozent anheben und die Buslinien auf 20 Minuten Regeltaktung ausbauen. Das erhöht die Lebensqualität und schont den Haushalt.

Gabriele Heyer: Die Oadby-and-Wigston-Straße muss an die Kohtla-Järve-Straße geführt werden. Die Garsteder Verkehrsprobleme werden durch verbesserte Ampelschaltungen und Kreisverkehre - auch an der Stettiner Straße - verringert. Die Querspange Glashütte wird mit der Ortsumgehung Tangstedt gemeinsam naturgerecht geplant. Anruftaxis ergänzen das Bussystem.

Reimer Rathje: Der Ring wird sich im Westen als eine Staufalle erweisen, da schon vor dem Ausbau der O&W-Straße und des Garstedter Dreiecks der Ortsteil Garstedt im Verkehr erstickt. Wir wollen die Ableitung des Transit-Verkehrs von Kaki und H-U nach HH auf die Schleswig-Holstein Straße, die Stärkung des ÖPNV, die bessere Anbindung der Nachbargemeinden an Norderstedt und das Norderstedt-City-Ticket.

Die Stadt hat laut Haushaltsplan gut 90 Millionen Euro Schulden. Bei welcher Summe müssen die Schulden in fünf Jahren stehen?

Katrin Oehme: Bei den vielfältigen Verpflichtungen ist die Verschuldung solange zweitrangig, wie Rückzahlung der Kredite und Zinsen aus den Einnahmen gedeckt werden können. Norderstedt ist dank der sorgsamen Haushaltsführung durch die Verwaltung mit OB Grote an der Spitze und den tragenden Fraktionen als eine der wenigen Städte in der Lage, Pflichtausgaben nicht mit Krediten leisten zu müssen.

Jürgen Lange: Unter der CDU-Mehrheit wurde die Grundsteuer B stark erhöht (Einnahmeplus 5,5 Mio. Euro). Dennoch stieg die Neuverschuldung unter der Verantwortung der jetzigen Mehrheit stark und ständig. Wir wollen die Neuverschuldung stoppen und auf null zurückfahren. Deshalb können nur notwendige (Kinderbetreuung und Schulen), aber keine wünschenswerten Investitionen finanziert werden.

Regina Spörel: Wir sind gegen eine weitere Verschuldung und für einen deutlichen Abbau der Schulden. Das Geld hierfür werden wir nicht allein durch Kürzung von Ausgaben einsparen können, sondern wir müssen auch die Einnahmesituation verbessern. Die 90 Millionen sind noch nicht der Endstand, sondern werden sich durch weitere bereits getroffene Entscheidungen, auf die wir keinen Einfluss hatten, noch erhöhen.

Miro Berbig: Die werden sich leider noch erhöhen! Da wir 40 Millionen Euro in den Stadtpark gesteckt haben, anstatt die Schulen zu sanieren, werden wir das Geld für Investitionen über Kredite finanzieren müssen. Und da will ich niemanden hören, der von der Verschuldung der nächsten Generationen redet. Wenn wir nichts tun, werden unsere Kinder nicht einmal mehr ihre Schulden ausrechnen können.

Gabriele Heyer: Wir fordern Investitionen in Bildung, Kindertagesstätten, Sport und Verkehrsentlastung. Wir wollen, dass die Schulden nicht über die geplanten 110 Millionen Euro steigen. Neue Kredite sollen auf zehn Jahre abgeschlossen werden, damit sie in diesem Zeitraum getilgt werden. Wir machen Einsparungsvorschläge, die anderen erhöhen die laufenden Kosten.

Reimer Rathje: Wir wollen den verstärkten Abbau der Schulden. Aber konkrete Aussagen zur Haushaltsentwicklung sind unseriös, da niemand eine Entwicklung der Wirtschaftskrise prognostizieren kann. Wie entwickelt sich die deutsche Wirtschaft, zerfällt der Euro und die Währungsunion? Wie entwickeln sich die Umsätze der in Norderstedt ansässigen internationalen Unternehmen?

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