Lkw-Routen und Leihfahrräder: Wie es in Norderstedt immer leiser werden soll. Brummis steuern über die Wohnstraßen die Gewerbegebiete Harkshörn oder Stonsdorf an. Das soll sich ändern.

Norderstedt. Anwohner der Norderstedter Gewerbegebiete kennen das: Wenn so ein voll beladener 40-Tonner vor der Haustür vorbei donnert, dann wackeln auch schon mal die Tassen im Schrank. Und nicht selten ist es völlig unnötig, dass die Brummis über die Wohnstraßen die Gewerbegebiete Harkshörn oder Stonsdorf ansteuern. In vielen Fällen haben sich die ausländischen oder nicht ortskundigen Lastwagenfahrer schlicht im Stadtplan verheddert und finden die Adresse nicht. Und es sind Neunmalkluge am Steuer, die sich fragwürdige Abkürzungen durch die Stadt gelegt haben.

Such- und Schleichverkehr nennt Christine Werner den Überbegriff für jene ärgerlichen Lärmquellen. Die Mitarbeiterin des Amtes Nachhaltiges Norderstedt arbeitet im Auftrag der Stadt an einem Lenkungskonzept, das Brummis zeigen soll, wo's lang geht in Norderstedt. "Wir setzen nicht auf Restriktion, also Verbote und Sperrungen, sondern auf Kooperation mit den Lastwagenfahrern", sagt Werner.

Den heutigen Tag des Lärms (siehe Artikel links) nimmt die Lärm-Bekämpferin Werner zum Anlass, auf die Fortschritte bei der Erarbeitung des Konzeptes zu blicken. Ihrem Amt ist es am 11. April gelungen, immerhin 20 Vertreter von Logistik-Firmen, die in Norderstedt ansässig sind, an einen Tisch zu bringen. Dazu wurden Verkehrsexperten des Fraunhofer-Institutes für Materialfluss und Logistik aus Dortmund und Vertreter der Logiball GmbH aus Herne, einem Software-Entwickler für kundenspezifische Navigationssysteme, eingeladen. Ein gut besetzter Workshop zum Lenkungskonzept. Werner: "Wir wollten erfahren, was diejenigen denken, die später die Betroffenen der Regelung sein werden." Grundlage der Diskussion mit den Logistikern sei der Ansatz gewesen, wie sich sensible Wohnbereiche der Stadt durch eine veränderte Routenführung von Lastwagen befreien lassen können. Ziel des Lenkungskonzeptes soll die Erschließung aller Gewerbegebiete Norderstedts über die Bundesstraße 432 und den nach der Verlängerung der Oadby-and-Wigston-Straße geschlossenen Ring sein.

Wie sage ich nun also dem Brummi-Fahrer, welche Route für ihn die beste ist? Schnell kamen die Teilnehmer des Workshops überein, dass ein Zusammenspiel aus der GPS-gestützten Navigation und der intelligenten Ausschilderung von Lastwagen-Vorrangrouten im Stadtgebiet die Lösung wäre. "Dabei gab es für uns zunächst eine Überraschung", sagt Werner. Denn die Spediteure sagten, dass Gebiets-Bezeichnungen wie Harkshörn oder Stonsdorf für Lastwagenfahrer keine Rolle spielen - sie kennen sie nicht einmal. Da die Stadt deswegen aber nicht auf die historisch gewachsenen Namen verzichten kann, versprachen die Fuhrunternehmen, die Namen in Zukunft besser zu verbreiten. Mit dem Fraunhofer Institut und Logiball wurde die Möglichkeit diskutiert, die ausgeschilderten Vorrangrouten in die Lkw-Navigationssysteme zu integrieren. Bislang gibt es zwar spezielle Navis für den Schwerlastverkehr, die neben Straßeninformationen auch Daten wie Breite und Belastbarkeit der Straße oder die Höhe von Straßentunnels angeben, aber Lkw-Vorrangrouten für alle Städte sind hier nicht eingepflegt. Es komme vor, dass Lastwagenfahrer mit herkömmlichen Auto-Navigationsgeräten unterwegs seien. Und die würden die Brummis auf teilweise völlig ungeeigneten Routen durch die Stadt führen.

Bis Ende des Jahres will das Amt Nachhaltiges Norderstedt nun an der Entwicklung eines Beschilderungskonzeptes und an der Integration der Lkw-Routen in Navigationssysteme arbeiten. Dann könnte das Lenkungskonzept stehen. "Zudem sollen in Zusammenarbeit mit ansässigen Betrieben die Bezeichnungen für die Gewerbegebiete stärker beworben werden damit sich diese Namen als Dachmarken etablieren", sagt Christine Werner.

Bis Lastwagenfahrer von der Autobahn aus Norderstedt ansteuern und dann zum Beispiel gleich auf der A 7 aufgefordert werden, die Stadt über die Abfahrt Quickborn anzusteuern, bis dahin werden wohl noch zwei oder drei Jahre vergehen, sagt Christine Werner. Und bei allem Optimismus, dass die Lkw-Vorrangrouten tatsächlich etwas zur Lärmminderung beitragen werden - die Neunmalklugen, die sich ihre Routen trotz aller Führung selber suchen, werden nicht aussterben.