Arbeiten an der Kreuzung verzögern sich. Verärgerte Geschäftsleute sprechen von zwei Jahren Verzug, die Stadt dagegen von neun Monaten.

Norderstedt. Dass Norderstedts Jahrhundertbaustelle, der Verkehrsknoten am Ochsenzoll, nicht so schnell realisiert wird, wie es die Verwaltung ursprünglich prognostiziert hatte, ist unstrittig. Und Oberbürgermeister Hans-Joachim Grote wird sicherlich nicht gerne daran erinnert, dass er beim ersten Spatenstich im Januar 2009 davon visionierte, dass zur Landesgartenschau im April 2011 der Verkehr über die neue Kreuzung rollen müsse. Jetzt wären alle froh, wenn die Baustelle im April oder Mai 2013 fertig wird.

Die Einzelhändler am Schmuggelstieg kochen vor Wut über die Verzögerung

Über die Diskrepanz zwischen Prognose und Realität am Ochsenzoll schwelt der Streit zwischen den von der Baustelle geplagten Kaufleuten am Schmuggelstieg und dem Baudezernat. Tobias Mährlein, FDP-Stadtvertreter und Buchhändler am Schmuggelstieg, wirft der Stadtverwaltung vor, die Öffentlichkeit von Anfang an über die erwartbare Dauer der Riesenbaustelle im Unklaren gelassen zu haben. In einer Anfrage an die Stadtverwaltung zitiert er aus einem Schreiben der Stadt vom 13. Oktober 2008 an die Planfeststellungsbehörde. "Dort steht, dass die Bauarbeiten am Ochsenzoll, die zur einer starken Beeinträchtigung des Verkehrs führen werden, auch unter ,exorbitanter Berücksichtigung möglicher Schlechtwetterphasen' einen Zeitraum von 30 Monaten beanspruchen werden", sagt Mährlein. Seine Rechnung sieht anders aus: Wenn von der Fertigstellung im April 2013 ausgegangen werden darf, stören die Bauarbeiten am Ochsenzoll ganze 50 Monate den Verkehr. "Das heißt, die Bauarbeiten am Ochsenzoll sind über zwei Jahre im Verzug", so Mährlein. Natürlich kochen nicht wenige Einzelhändler am Schmuggelstieg vor Wut ob der Verzögerung. Die Umsatzverluste ihres Einkaufsquartiers machen sie hauptsächlich an den Folgen der Baustelle fest. Jeder Monat Baustelle macht für sie die Kassen leerer.

Die Stadtverwaltung hingegen beharrt auf ihrer Zeitrechnung: 42 Monate Bauzeit seien bei Planfeststellung vorgesehen gewesen. Danach befindet sich die Baustelle am Ochsenzoll derzeit im Monat 43 nach dem Spatenstich. Und wenn alles bis April 2013 erledigt ist, stünden am Ende neun Monate Verspätung. In der Beantwortung von Mährleins Anfrage listet die Stadt erstmals genau auf, welche Umstände zu welchen Verspätungen geführt haben. Die beiden "überdurchschnittlich frostreichen Winter" während der Bauphase sind danach für insgesamt fünf Monate Verzögerung verantwortlich. Die Verkehrsführung während der Arbeiten habe unvorhergesehen für weitere zwei Monate Aufschub bei den Arbeiten gesorgt, insbesondere durch das Freihalten der Zufahrten zum Schmuggelstieg, wie die Stadt betont.

Kaputte Telekom-Schächte und unerlaubt vergrabene Metalltanks

Grundwassereinbrüche in den Spundwänden der Tunnelbaustelle und die Umsetzung von Anliegerwünschen waren für insgesamt fünf Monate Verzögerung ursächlich. Beim Bau des Fußgängertunnels kam es zur Kollision mit einer nicht verzeichneten Versorgungsleitung, was die Bauarbeiten eine Woche zurückwarf. Ein weiterer Monat Verzögerung resultierte aus der Entdeckung eines massiv beschädigten Versorgungsschachtes der Telekom im Bereich der städtischen Baustelle zwischen Ochsenzoller Straße und Ulzburger Straße. Schließlich kamen noch drei Wochen Verzögerung durch die Entsorgung unerwarteter Altlasten im Bodenaushub für den südlichen Tunnelbereich hinzu. Dort stießen die Bauarbeiter auf unerlaubt vergrabene und undichte Metalltanks. Summa summarum kommt die Stadt auf eine Verzögerung von 14 Monaten am Ochsenzoll. Durch Zeiteinsparungen bei manchen Gewerken hätte man eine Reduzierung auf neun Monate erreicht, so das Baudezernat.

Für Tobias Mährlein verschleiert diese Rechnung die Tatsachen. Aus seiner Sicht sind in den 42 angekündigten Monaten Bauzeit zwölf Monate für Bauarbeiten eingeräumt, die den Verkehr nicht tangieren. Also Arbeiten am Straßengrün und Ähnlichem. Die großen Tief- und Straßenbauarbeiten müssten nach der ursprünglichen Prognose der Stadt aus dem Jahr 2009 also längst fertig sein. Am gestrigen Donnerstag waren aber immer noch die großen Bagger mit dem Bau des Kreisverkehrs beschäftigt. Nach Mährleins Einschätzung wird die Baustelle im April 2013 also noch nicht komplett fertig sein. "Ich werde erneut eine Anfrage an die Stadt stellen, um diesen Umstand zu klären", sagt Mährlein. Der Streit über Prognose und Realität am Ochsenzoll - Fortsetzung folgt.