Das Abendblatt hat Hans-Jürgen Kütbach besucht. Der 52-Jährige wird auch nach der Wahl am Sonntag Verwaltungschef in Bad Bramstedt sein.

Bad Bramstedt. Draußen brummt ein Triebwagen der AKN, in der Ferne läuten die Glocken der Maria-Magdalenen-Kirche. Bad Bramstedt hat eine kleinstädtische Geräuschkulisse zu bieten, die so gar nicht zu den Sounds im Wohnzimmer des Bürgermeisters passen will. Nach Feierabend, wenn Hans-Jürgen Kütbach die Krawatte in den Schrank gehängt hat, entspannt er sich gern vor dem Fernseher mit einer guten Folge aus der Science-Fiction-Welt. Dann jaulen die Photonen-Phaser von Captain Kirk und "Pille" durch den Raum, Scotty lässt den Warp-Antrieb des Raumschiffs Enterprise brummen.

Für das galaktische Spektakel im gemütlichen Wohnzimmer kann sich auch Kütbachs Ehefrau Bianca von Dein begeistern. 21 Jahre sind der gebürtige Bramstedter und die Versicherungskauffrau aus Hamburg-Altengamme verheiratet. Bis heute ist die Versicherungskauffrau ihrer Heimat sprachlich treu geblieben und spricht das S hanseatisch s-pitz aus.

Die Bürger können am Sonntag nur mit Ja oder Nein stimmen

Die gemütlichen Abende in dem einstigen Bahnhofshotel, in dem das Ehepaar lebt, sind allerdings selten. Kütbach "bürgermeistert" viel, besucht abends die Ausschüsse und ist regelmäßig als Vertreter der Verbände unterwegs, denen er angehört: Schulverband, Heilbäderverband, Tourismusverband und so weiter. An diesem Engagement wird sich auch in den kommenden Jahren nicht allzu viel ändern. Kütbach will es noch einmal wissen und strebt seine dritte Amtszeit als Bürgermeister Bad Bramstedts an.

Wenn am Sonntag gewählt wird, können die Bürger nur mit Ja oder Nein abstimmen. Die Politik wollte keinen Gegenkandidaten aufstellen, eigenständige Bewerber haben sich nicht gemeldet. Kütbachs Stil und Amtsführung hat sie abgeschreckt: Der studierte Jurist ist beliebt. Selbst Kritiker loben, dass er die Verwaltung ohne Zwischenfälle geführt hat und weiß, wovon er spricht.

Dass er ohne Gegenkandidat antritt, löst bei Kütbach "ein zwiespältiges Gefühl" aus. Einerseits sei es leicht, das Ziel der dritten Amtszeit zu erreichen. Andererseits sorgt sich der amtierende und künftige Bürgermeister um die Motivation der Wähler. Bei der letzten Wahl, als er den SPD-Kandidaten Manfred Müntjes deutlich schlug, lag die Zustimmung bei 68 Prozent. "Wären es diesmal weniger, würde mir das zu denken geben." Sportlichen Ehrgeiz zeigt Kütbach auch bei der Marke, die er bei der Wahlbeteiligung erreichen will: "25 Prozent müssen drin sein. 30 Prozent wären richtig gut. 40 Prozent sind fast aussichtslos."

Das 52-jährige FDP-Mitglied hätte sich auch anders entscheiden können. Ihm werden über die Parteischiene gute Kontakte nach Kiel und Berlin nachgesagt. Dass er als Nachfolger des FDP-Bundestagsabgeordneten Jürgen Koppelin im Gespräch war, hat Kütbach nie bestritten. "Ich bin sicher, ich könnte das", sagt Kütbach über die große Politik. Doch noch will er nicht.

Zu viele Probleme in Bad Bramstedt sind noch ungelöst: Die Politik hat noch keine Entscheidungen über die Umgestaltung der Innenstadt getroffen. Die Finanzen der Stadt sind dermaßen zerrüttet, dass inzwischen Zuschüsse aus der Landeskasse kommen müssen. Die Aufgaben im Rathaus einer holsteinischen Kleinstadt können schwerer wiegen als der Betrieb im Berliner Reichstag.

Und dann lässt Kütbach durchblicken, warum das "Bürgermeistern" seine Reize hat. Ein Bürgermeister, so Kütbach, darf verwalten und entscheiden. Außerdem hält er die Position für die ranghöchste, auf der man noch die Bodenhaftung behält. Kütbach schätzt die Gespräche mit den Bürgern, ist im Büro, auf Facebook oder auf der Straße stets ansprechbar. Seine Bramstedter würde der Bramstedter Jung vermissen.

Mittlerweile fühlt er sich wieder fit genug, seine Arbeit als Bürgermeister mit ganzer Kraft zu erledigen. Bis auf wenige Empfindungsstörungen an Händen und Füßen hat sich Kütbach von seiner Darmkrebserkrankung erholt. Im vergangenen Jahr erfuhr er von dem Tumor, Operationen und Chemo-Therapien folgten.

Sein Ziel, das er sich nach der Diagnose steckte, hat Kütbach erreicht. "Eine positive Einstellung im Leben - die wollte ich behalten." Als er beim Arzt auf einem Monitor die Geschwulst sah, erkannte er den Feind, der ihm das Leben streitig machte, das er gern lebte. Der Sieg über den Krebs hat sein Leben nicht radikal verändert. Das Ende der Krankheit gab ihm die Chance, seinen Weg fortzusetzen - mit seiner Frau an seiner Seite.

Bianca von Dein teilt Kütbachs Liebe für Kreuzfahrten. Nach der letzten Operation ist das Ehepaar an Bord eines Ozeanriesen ins östliche Mittelmeer und nach Israel aufgebrochen. "Darauf haben wir uns hingefreut", sagt Kütbach. An Bord kann er abschalten - fast. Auf den täglichen Blick in die Online-Ausgaben der Regionalzeitung will der Bürgermeister jedoch nicht verzichten. "Ich will sicher sein, dass alles gut läuft", sagt er.

Bianca von Dein mischt sich nicht in die Arbeit ihres Mannes ein

Genauso wie ihr Ehemann interessiert sich auch Bianca von Dein für Geschichte. Sie hören und sehen gemeinsam Sendungen und tauschen Podcasts aus. "Abläufe und Zusammenhänge zu erkennen - das ist spannend", sagt sie. Und wo liegt der Reiz von Star Treck und Co.? "Science Fiction ist vorausgedachte Geschichte", sagt Bianca von Dein.

Dass sie in Bad Bramstedt zuweilen als "Frau Bürgermeister" angesprochen wird, empfindet sie als nette Geste, mehr nicht. Auch der Hinweis "Das müssen Sie ihm unbedingt sagen" komme zuweilen. Herumgesprochen hat sich allerdings auch, dass Bianca von Dein sich nicht in die Arbeit ihres Mannes einmischt. "Mein Mann ist sehr gern Bürgermeister", sagt sie über ihren umtriebigen Gatten. Wenn am Sonntag keine Sensation geschieht, wird er das noch mindestens sechs Jahre bleiben.