Immer mehr spüren die Konkurrenz des Internethandels. Dramatischer Wandel wird erwartet. Ideen sind gefragt, Patentrezepte gibt es nicht.

Kreis Segeberg. Jedes vierte Buch bestellen deutsche Leser im Internet. Vor allem junge Leser greifen immer häufiger zum E-Book. Für viele ist die Vorstellung, Gute-Nacht-Geschichten von einem Bildschirm abzulesen noch absurd, aber in der Realität geht der Trend zum Digitalbuch, das per Internet heruntergeladen wird. Der traditionelle Buchhandel leidet unter dieser Entwicklung: Gestern wurde bekannt, dass der angeschlagene Buchhändler Thalia die ersten Filialen schließt. Über die Zukunft der Norderstedter Filiale im Herold-Center ist nichts bekannt.

Vor allem unabhängige Buchhandlungen haben mit dieser Entwicklung zu kämpfen. Das merkt Manuel Fritze, Inhaber der Buchhandlung am Rathaus in Norderstedt. "Wir versuchen, auch am Internetgeschäft teilzunehmen", sagt der Buchhändler, der das kleine Geschäft im Rathauskomplex 1994 übernommen hat. "Wir haben einen eigenen Internetshop, außerdem versuchen wir, die Kunden zu überzeugen, im lokalen Umfeld ihre Bücher einzukaufen."

Buchhändler Mährlein eröffnete schon vor 15 Jahren einen Online-Shop

Er wünscht sich, dass mehr junge Menschen zu Büchern greifen, stellt aber zunehmend fest, dass Schüler nur noch lesen, was in der Schule vorgegeben wird. "Ich glaube, es liegt daran, dass die Schüler in der Schule schon genug gefordert werden und privat nicht die Zeit oder Lust haben, noch mehr mit Buchstaben zu tun zu haben", vermutet der Chef von vier Mitarbeitern. "Unsere Kunden kaufen ihre Bücher aber schon noch mehr direkt im Laden; die Nachfrage nach E-Books hat sich bis jetzt noch nicht deutlich vergrößert", sagt Manuel Fritze.

+++ Die meisten Norderstedter kaufen ihre Lektüre in der Buchhandlung +++

+++ Kulturelle Dampfwalze +++

Den Trend der Zeit hat Tobias Mährlein, Geschäftsführer der Elatus-Buchhandlung am Ochsenzoll, schon vor 15 Jahren erkannt: Damals eröffnete er als einer der ersten Buchhändler überhaupt einen Online-Shop. Im Laufe der Jahre konnte er den Erlös steigern, heute erwirtschaftet er etwa fünf Prozent seines Umsatzes damit. Mährlein glaubt nicht an ein Aussterben des gedruckten Buches. "Jedenfalls nicht in dieser Generation." Was später einmal wird - der Buchhändler vom Schmuggelstieg kann es nur ahnen, möchte es aber nicht aussprechen. Immerhin hat er festgestellt, dass auch Schüler noch zu ihm kommen, um Bücher zu kaufen. Das erfüllt ihn mit Hoffnung. Der Anteil von E-Books ist in der Elatus-Buchhandlung am Ochsenzoll noch verschwindend gering, aber natürlich gibt es über den Internet-Shop die Möglichkeit zum Erwerb von Digitalbüchern.

Aus Segeberger Buchhandlung wird jetzt ein Versandhandel

Henning Rahmer spürt in seiner Buchhandlung am Rathaus in Henstedt-Ulzburg schon lange die Konkurrenz von Amazon. Aber er sagt deutlich: "Wir sind schneller; unsere bestellten Bücher kommen über Nacht, was eigentlich ein logistischer Wahnsinn ist." Rahmer, der ebenfalls einen eigenen Internetshop aufgebaut hat, glaubt, dass der Bucheinzelhandel in den nächsten Jahren einen dramatischen Wandel erleben wird.

Gegensteuern kann er seiner Ansicht nach nur auf eine Weise: "Die direkte Ansprache der Stammkunden ist sehr wichtig." Literarische Veranstaltungen hält er für "Liebhaberei", wenngleich er sich ihnen nicht verschließt. E-Books werden bei ihm kaum nachgefragt, sie können aber über den Internetshop heruntergeladen werden. Seine Prognose ist düster: "Das Sterben des Buchhandels ist ein schleichender Prozess, irgendwann wird das Fehlen der Geschäfte bedauert und sie werden vermisst."

Die Christliche Buchhandlung an der Kurhausstraße in Bad Segeberg hat vor allem den Weggang jüngerer Kunden beobachtet. "Die kaufen bei Amazon", sagt Geschäftsführerin Kristina Kaufmann, die in Lübeck auch das Christliche Bücherhaus betreibt. "Wir können nicht gegensteuern." Die Konsequenz: Die Buchhandlung in Nachbarschaft der Kurklinik Bad Segeberg wird zum Jahresende in einen Versandhandel umgewandelt.

In der Stadtbücherei ist das gedruckte Buch nach wie vor das Hauptmedium. Etwa 100.000 Bücher können in den vier Stadtorten der Bücherei ausgeliehen werden. "Bei den Romanen und der Unterhaltung spielen die elektronischen Bücher, die E-Books, noch keine so große Rolle", sagt Ingo Tschepe von der Stadtbücherei. Bei den Sachbüchern sähe das anders aus. Immer mehr Mitglieder der Bücherei leihen sich Fachliteratur über das Internet. 6000 Titel umfasst das Online-Angebot der Bücherei. "Wir sind immer noch ein guter Kunde bei den Verlagen, was die gedruckten Bücher, aber auch die Zeitungen und Zeitschriften angeht", sagt Tschepe. Im Jahr werden etwa 15.000 neue Bücher angeschafft.