Petra und Wolfgang Pinnow sind Paarcoaches, die Eheleuten helfen, ihre Beziehung zu retten. Wie sie das Einende, nicht das Trennende betonen.

Er bringt den Müll nicht runter. Sie rollt die Zahnpastatube unordentlich auf. Er trinkt immer das eine Glas zu viel. Sie mäkelt immer an mir herum. Er redet kaum noch mit mir. Sie redet nur noch über die Kinder und mit ihren Freundinnen. Er kann sie nicht mehr ertragen. Sie kann ihn nicht mehr riechen.

Viele Paare wissen gar nicht mehr genau, wann es begann. Aber plötzlich war mehr Trennendes als Einendes zwischen ihnen. Was einmal als Liebe begann, was sich mit der Geburt der gemeinsamen Kinder fortsetzte, endet schließlich in der Sprachlosigkeit und gegenseitigen Ablehnung. Jedes dritte Ehepaar in Deutschland wird heute geschieden.

Das Statistische Bundesamt hat das partnerschaftliche Scheitern ausgewertet. Die Statistiker kommen zu der Erkenntnis, dass das Scheidungsrisiko stark in Abhängigkeit von der Dauer der Ehe schwankt. In den ersten zwei Ehejahren seien Scheidungen relativ selten. Die Scheidungshäufigkeit steigt dann aber mit zunehmender Ehedauer stark an und erreicht im sechsten Ehejahr ihren Höhepunkt. Danach wird sie wieder kontinuierlich geringer. Das Scheidungsrisiko einer bereits 25 Jahre bestehenden Ehe ist laut Statistik etwa so hoch wie bei einer Ehe, die erst zwei Jahre besteht.

Nicht Probleme aufdröseln, sondern schnelle Hilfe ermöglichen

Aus dem verflixten siebten ist mittlerweile also schon das verflixte sechste Jahr geworden. Mann und Frau lassen sich immer weniger Zeit, um das in Trümmer zu legen, was sie gemeinsam aufgebaut haben.

"Wir wollen den Paaren Mut machen. Es lohnt sich, für die Beziehung zu kämpfen", sagt Petra Pinnow, 54. Neben ihr auf dem Sofa sitzt ihr Mann Wolfgang Pinnow, 58, und nickt. Aus der Musikanlage säuselt 80er-Jahre Pop, Kerzen sorgen für ein angenehm warmes Ambiente. Auf dem Couchtisch, abgedeckt von einer Glasplatte, liegen die Glückwunsch-Karten, die die Pinnows zu ihrer Hochzeit bekommen haben. Es wirkt ein wenig wie ein Altar für ihre Beziehung.

Die Pinnows wollen Norderstedtern, die mit ihrer Ehe in die Krise geraten sind, Hilfe anbieten, die Wege zeigen, die vom gegenseitigen Vorwerfen der Defizite zum wertschätzenden Miteinander führen. Die es ihnen möglich macht, die Beziehung neu zu erfahren. "Das Ziel ist nicht, die Probleme bis ins letzte Detail aufzudröseln, diese Qualifikation haben wir gar nicht. Wir wollen den Menschen zeigen, wie sie aus eigener Kraft eine schnelle Veränderung in der Partnerschaft hinbekommen", sagt Petra Pinnow. So wollen die Paarcoaches eine Alternative sein zu kostspieligen Paartherapeuten, die schnell 250 Euro die Stunde nehmen, um zerstrittene Eheleute wieder auf einen gemeinsamen Nenner zu bringen. Die Pinnows wollen ihre Dienste für 10 Euro pro Termin beim Norderstedter Ortsverband des Deutschen Roten Kreuzes anbieten. "Auch Menschen, deren Einkommen geringer ist, haben Eheprobleme, sagt Petra Pinnow.

Die Pinnows sind beide schon einmal gescheitert in ihren Ehen

Sie ist ein zertifizierter Kommunikationscoach und arbeitet als Businesstrainerin. Wolfgang Pinnow ist zertifizierter Kommunikationscoach und im Vorruhestand. Dass sie Paaren tatsächlich einiges über das Trennende und Einende in einer Beziehung erzählen können, mag auch daran liegen, dass die Pinnows beide schon in einer Beziehung vieles falsch gemacht haben. Beide sind geschieden. Beide haben Kinder aus ersten Ehen. "Wir kennen den Ehe- und Elternalltag, die Schulgeschichten, wir haben das alles schon einmal durchlebt", sagt Petra Pinnow. Und sie sind daran gescheitert.

Wenn zwei Paarcoaches zusammen leben, müsste doch alles glatt gehen

In ihrer neuen Ehe wollen die Pinnows vieles besser machen. Sie haben sich im Internet kennengelernt. Es war ein Zufall. Beide suchten in virtuellen Paar-Börsen nach potenziellen Beziehungen. "Ich wollte mir in einem Forum das Bild einer Internetbekanntschaft anschauen. Nur dafür ging ich mit meinen Daten da rein. Ich schrieb: Ich bin hier nur wegen einer ganz bestimmten Frau. Sie wird wissen, wer gemeint ist", sagt Wolfgang Pinnow. Petra Pinnow liest den Spruch und denkt: Whow! Tiefsinnig! Interessant!

Jetzt leben die beiden also zusammen. Und werden gefragt, ob ihre Ehe nicht total perfekt laufen müsste, wo sie doch beide Kommunikationstrainer sind und es besser wissen müssten als alle, die völlig ungecoacht in ihre Beziehung stolpern. "Wenn die eigene Betroffenheit hergestellt ist, dann sinkt die Intelligenz gegen Null", sagt Wolfgang Pinnow. Es ist Quatsch, dass Menschen, die sich ausführlich mit den Verhaltensmustern von Eheleuten beschäftigen am Ende alles besser machen als der Rest. Sie können nur besser definieren, woran es scheitert.

Denkstrukturen aufbrechen und eine Wunschkultur einführen

Beide Pinnows haben ihre Kommunikationsausbildung bei Thies Stahl gemacht. Der Mann hat die Idee der neuro-linguistischen Programmierung (NLP) nach Deutschland gebracht. Danach funktioniert der Mensch in Reiz-Reaktions-Ketten. Und diese lassen sich neu programmieren. Wenn man sie nur erst einmal erkannt und durchbrochen hat. "Der Mensch hat einmal in der Beziehung etwas Böses gemacht. Und das hebt das viele Gute, das da ist, auf", sagt Wolfgang Pinnow. Oft würden alte Verletzungen aus anderen Beziehungen nachwirken. "Das ist besonders peinlich, wenn der Partner einen dabei erwischt. Das sind gefährliche Projektionen", sagt Pinnow.

Um die "kalibrierten Schleifen", in denen festgefahrene Beziehungen stecken, zu stören, hilft der Blick des Unbeteiligten von außen. "Die Lösung für die meisten Probleme ist aber in jedem Menschen bereits angelegt. Wir sehen uns als Geburtshelfer für diese Lösung", sagt Wolfgang Pinnow. In der Regel helfe schon die Einführung einer "Wunschkultur", um Denkstrukturen zu ändern. "Die Partner müssen lernen, Wünsche und Bedürfnisse wieder klar zu äußern", sagt Petra Pinnow. Ein Defizit müsse klar benannt werden, die Abhilfe konstruktiv angefordert werden. Also nicht meckern, der Müll steht ja immer noch herum. Sondern sagen: "Schatz, ich fände es gut, wenn du ab und zu auch mal an den Müll denken würdest!"

Geeignet ist das Paarcoaching nicht nur für Eheleute. Auch für Geschwister oder Arbeitskollegen. Die Partner können gemeinsam in die Sitzungen kommen. Aber auch alleine. Am Ende kann die Erkenntnis stehen, dass nichts hilft, dass die Trennung mehr Sinn macht. Aber dann sind wenigstens zuvor alle Missverständnisse ausgeräumt und falsche Annahmen korrigiert worden.

Alle Infos über das Angebot gibt es bei einem Informationsabend am Freitag, 11. November, von 18 Uhr an im DRK-Haus an der Ochsenzoller Straße 124. Infos und Anmeldung unter 040/523 18 26.