Polizei rechtfertigt die Tötung der Hunde in Fahrenkrug. Halterin will Anzeige erstatten. Sie wirft der Polizei “sinnloses Abschlachten“ vor.

Kreis Segeberg. "Da waren Menschenleben in Gefahr. Die beiden Beamten konnten gar nicht anders handeln. Im Gegenteil: Sie haben sich vorbildlich verhalten", sagt Sandra Mohr, Sprecherin der Segeberger Polizei, nachdem die Halterin der beiden getöteten Hunde schwere Vorwürfe gegen die Polizisten erhoben hatte (wir berichteten). Bianca H. hatte der Polizei "sinnloses und unnötiges Abschlachten" vorgeworfen.

Eine Polizeistreife hatte in Fahrenkrug einen American Bulldog auf der Straße entdeckt, das weiße Fell blutüberströmt. Gleichzeitig erhielten die beiden Polizisten eine Meldung, dass ein Hund Menschen attackiert und verletzt habe. "Da war Gefahr im Verzug und unverzügliches Handeln gefordert", sagt Sandra Mohr.

Hinzu kam, dass der Hund zwar nicht als Kampfhund eingestuft ist, aber durchaus ähnliche äußere Merkmale aufweist. Die Beamten verfolgten das Tier, streckten es schließlich mit 14 Schüssen nieder. Ein Jäger verpasste dem Hund den Fangschuss. "Dass mehrfach geschossen wird, ist in einer solchen Situation durchaus üblich", sagt Jessica Walter, Sprecherin der Landespolizei. Munition und Waffen seien nicht dafür ausgelegt zu töten, sondern einen Täter kampf- und fluchtunfähig zu machen. Die sogenannte Deformationsmunition gehe durch Weichteile wie Muskelgewebe hindurch und trete wieder aus dem Körper aus. In diesem Fall schließe sich die Wunde sofort wieder, der Getroffene spüre nach dem Durchschuss kaum Wirkung.

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"Und wenn ein ohnehin robustes Tier wie der American Bulldog in Panik ist, kommt es zum Adrenalinausstoß. Das Schmerzempfinden sinkt, die Widerstandskraft wächst", sagt die Polizeisprecherin. Daher habe es nichts mit mangelnder Treffsicherheit oder Unfähigkeit zu tun, wenn mehrere Schüsse abgegeben werden. "Hinzu kommt noch, dass die Beamten zunächst aus einem auf einem Wirtschaftsweg fahrenden Wagen geschossen haben, was das Zielen natürlich erschwert", sagt Sandra Mohr.

Michael Grewe, Sachverständiger für Hundeverhalten, Buchautor und Mitbetreiber der Hundeschule und Hundepension "Hundeleben" in Bad Bramstedt, kann das Vorgehen der Polizisten gut nachvollziehen. "Sie standen enorm unter Druck und wollten die Bevölkerung schützen." Es hätte aber auch eine Alternative gegeben: Die Hunde hätten kein Angriffs-, sondern Flucht- und Panikverhalten gezeigt. "Man hätte sie einfach laufen lassen und warten können, bis sie sich wieder beruhigt haben", sagt Grewe. Allerdings seien Polizisten keine Hundeexperten, sie hätten im Moment handeln müssen und unter Zugzwang gestanden. Auch der Halterin macht Grewe keine Vorwürfe: Es sei durchaus üblich, Hunde, die sich nicht verstehen, getrennt voneinander im Haus zu halten. Dass die Situation dermaßen eskalierte, sei eine Verkettung unglücklicher Umstände gewesen.

Amelie, die Tochter der Halterin, liegt mit Bisswunden an den Armen noch in der Uniklinik Lübeck. Die 14-Jährige soll sich heute einer kosmetischen Operation unterziehen, damit keine Narben bleiben. Sie wird voraussichtlich zum Wochenende entlassen. Ihre Mutter, deren Ex-Mann vor Kurzem gestorben ist, will Anzeige gegen die Polizisten wegen Verstoßes gegen das Tierschutzgesetz erstatten.