In Norderstedt informieren in der kommenden Woche renommierte Experten aus dem gesamten Bundesgebiet über Krankheiten im Alter.

Norderstedt. Wii-Spielekonsolen faszinieren nicht nur junge Leute. Der moderne Zeitvertreib hat Einzug in die Altersmedizin gefunden: "Es gibt Projekte, in denen getestet wird, ob und wie Spielkonsolen dem Alterungsprozess entgegenwirken können", sagt Dr. Claus Wächtler, Chefarzt der Gerontopsychiatrie im Klinikum Nord. Die Spieler seien gezwungen, sich zu bewegen und nicht und die Figuren nicht mehr nur per Daumen zu steuern. So hätten Senioren viel Spaß bei interaktiven Konsolen-Kegeln, bei dem sie den Armschwung tatsächlich ausführen müssten. Außerdem seien Gedächtnis und Konzentration gefordert.

Über den aktuellen Stand der Forschung werden Fachreferenten während einer Veranstaltung informieren, die Norderstedt für einen Tag ins Zentrum der bundesweiten Altersmedizin rückt: "Aktuelle Konzepte in der Altersmedizin" lautet der Titel des Hamburger Symposiums am Freitag, 11. Februar, im Norderstedter Rathaus. In Workshops werden renommierte Mediziner aus dem gesamten Bundesgebiet Ärzte, Pflegkräfte und alle anderen, die beruflich mit dem Thema befasst sind, über Entwicklungen informieren. Die Teilnahme wird als Fortbildung anerkannt.

"Wir haben unseren Sitz zwar in Hamburg, sind aber auch die Klinik für die Norderstedter", sagt Wächtler. Viele Patienten aus der Stadt und dem Umland lassen sich in der Asklepios-Klinik in Langenhorn behandeln. In Norderstedt gebe es ein großes Interesse an der Altersmedizin, der örtliche Seniorenbeirat engagiere sich immer wieder dafür, dass der Fachtag in Norderstedt abgehalten wird. "Wir versorgen viele Alten- und Pflegeheime in der Stadt und in der Umgebung, zum Teil mit direkten Verträgen", sagt Dr. Peter Flesch, Chefarzt der Geriatrie im Klinikum Nord.

"Medizin, die unter die Haut geht" heißt ein Schwerpunkt des Symposiums, das in diesem Jahr seinen zehnten Geburtstag feiert. "Bei alten Menschen zeigen sich zunehmend die Folgen von Sonnenexposition. Bis Mitte der 80er-Jahre gab es kaum wirksame Sonnenschutzmittel, sodass es vermehrt zu Altershautkrebs kommt", sagt Flesch. Weiteres Problem seien die Multimedikation - die Einnahme vieler Medikamente könne sich auf die Haut auswirken und beispielsweise zu Juckreiz führen. Thematisiert werde auch das Wundliegen (Dekubitus), das trotz intensiver Pflege oft kaum zu vermeiden sei. "Es ist leicht gesagt, Wundliegen sei ein Pflegefehler. Schwierig wird es schon, wenn ein Patient Arthrose hat, jede Bewegung schmerzt, und er am liebsten in einer Position liegen bleibe möchte", sagt Flesch. Der Vortrag "Haut als Spiegel der Seele" runde das Schwerpunktthema ab.

Angesprochen wird auch Altersdiabetes. Gerade alten Menschen falle es schwer, die nötigen medizinischen Maßnahmen zu ergreifen. "Jetzt bin ich so alt geworden und soll noch meine Ernährung umstellen", laute ein oft gehörtes Argument. Sich selbst Insulin zu spritzen, bereite Probleme, wenn die Augen ihre Sehfähigkeit verloren haben oder die Hände zittern.

"Hochaltrige Menschen weisen oft eine Multimorbidität auf. Zu körperlichen Krankheiten kommen noch psychische Probleme", sagt Wächtler. Patienten würden mit einem Schlaganfall eingeliefert, und dann stelle sich heraus, dass sie zusätzlich noch an Depressionen leiden oder dement sind. Dieser Entwicklung ist das Klinikum Nord schon vor Jahren mit einem Projekt begegnet, mit dem die Langenhorner Mediziner bundesweit ein Vorreiterrolle übernommen haben: Im Zentrum für Ältere arbeiten Ärzte und Pflegekräfte interdisziplinär. "Die Patienten müssen nicht verlegt werden. Eine Verlegung bedeutet normalerweise, dass sich ihr Zustand verschlechtert", sagt Flesch. In den vergangenen zehn Jahren seien 35 000 Männer und Frauen im Klinikum geriatrisch und gerontopsychiatrisch versorgt worden, 5000 von ihnen im interdisziplinären Zentrum. Das zeigt, so der Chefarzt, wie wichtig diese Einrichtung ist.

"Uns ist wichtig, dass Mediziner und Pflegekräfte in den Norderstedter Alten- und Pflegeheimen auf dem aktuellen Stand sind. Deswegen haben wir die Einrichtungen als Kooperationspartner in das Symposium eingebunden", sagt Hans Jeenicke vom Norderstedter Seniorenbeirat. Wichtig sei auch, dass die Erkenntnisse an die Angehörigen und Freunde von Erkrankten weitergegeben wird.

Jeenicke weist ausdrücklich auf einen Vortrag hin, den sich jeder Interessierte anhören kann - und sollte: "Der Referent ist einfach ein genialer Redner, der so unterhaltsam informiert, dass kein Zuhörer einschläft", sagt Flesch. Das Lob gilt Professor Andreas Kruse, Direktor des Instituts für Gerontologie an der Ruprecht-Karls-Universität in Heidelberg. Sein Thema um 18 Uhr lautet: Alt werden in unserer Zeit: Herausforderungen für den Einzelnen und die Gesellschaft.

Weitere Informationen gibt es bei der Asklepios Klinik Nord-Ochsenzoll unter Telefon 040/18 18 87 23 37.