Wegewart Paul Topp kontrolliert, ob die Norderstedter der Räumpflicht nachkommen. Bei Verstoß droht ein Bußgeld von 35 Euro.

Norderstedt. "Das ist nicht in Ordnung, hier wurde zu lange nicht geräumt", sagt Paul Topp, holt ein DIN-A4-Blatt und einen Kugelschreiber aus der Tasche und unterstreicht auf dem Formular "nicht ausreichend geräumt". Er faltet das Blatt einmal und wirft es in den Briefkasten des gelb gestrichenen Doppelhauses. Topp ist Wegewart in Diensten der Stadt Norderstedt. Der 31 Jahre alte gelernte Straßenbaumeister und ein Kollege sind täglich in der Stadt unterwegs, um zu kontrollieren, ob Fuß- und Radwege, Straßen und Verkehrszeichen noch in Ordnung sind (s. Infokasten).

Im Moment gilt Topps Augenmerk der Schneeräumpflicht. Die Norderstedter müssen alle Fuß- und Radwege, die nicht öffentlich sind und von der Stadt gereinigt werden, von Schnee und Eis befreien. Und da gibt es immer wieder schwarze Schafe, haben die Wegewarte schon im vorigen Winter festgestellt haben. Doch die Stadt ist nicht bereit, die Pflichtverletzung kommentarlos hinzunehmen. Verweigern Hausbesitzer und Geschäftsleute den Winterdienst, setzt der Wegewart das kommunale Erziehungswesen in Gang. Zunächst steckt er das zweiseitige Verwaltungsformblatt in den Briefkasten. Dort ist das Versäumnis detailliert beschrieben. Und das städtische Betriebsamt weist auf die Unfallgefahr aus schnee- und eisbedeckten Wegen hin. Stürzt jemand und verletzt sich, kann der säumige Grundstücksbesitzer zu Schadenersatz herangezogen werden.

Wird die Aufforderung zur unverzüglichen Räumung missachtet, schickt das Ordnungsamt ein Verwarngeldangebot, wie die Zahlungsaufforderung offiziell heißt. Um ein Gebot handelt es sich dabei allerdings nicht, vielmehr soll der Betroffene 35 Euro zahlen oder Stellung nehmen. "Da werden wir sicher eine Fülle von Entschuldigungen bekommen, vom Urlaub bis zur Krankheit oder vom Nachbarn, der entgegen der Absprache nicht geräumt habe", sagt Hauke Borchardt, Sprecher der Norderstedter Stadtverwaltung. Doch es gebe quasi keine akzeptable Ausrede. Wenn er selbst nicht zu Schneeschieber und Besen greifen kann, müsse der Eigentümer die Reinigung in Auftrag geben.

Gibt es auch auf das Verwarngeld keine Reaktion, leitet die Stadt ein Ordnungswidrigkeitenverfahren ein. "Und das kann teuer werden", sagt Borchardt. Die Satzung sieht bei Verstößen gegen das Reinigungsgebot immerhin ein Bußgeld von bis zu 500 Euro vor. Momentan hat die Stadt zehn Verwarngeld-Bescheide verschickt.

"Doch das sind wenige Ausnahmen", sagt Wegewart Topp. Fast alle kommen ihrer Reinigungspflicht nach, ist seine Erfahrung. Manchmal schon dann, wenn sie den Hinweis im Briefkasten gefunden haben und ihn auf der anderen Straßenseite zurückgehen sehen. Gestern Morgen hat er vier Räum-Knöllchen verteilt. Anschließend fotografiert Topp den Missstand und spricht die Adresse in sein Handy. "So können wir den Eigentümer feststellen und gegebenenfalls anschreiben", sagt der Mitarbeiter des Betriebsamtes, der aber eher ein Auge zudrückt, die Menschen freundlich anspricht, wenn er sie antrifft und nicht gleich mit der Bußgeld-Keule droht. Doch Freundlichkeit hilft nicht immer. Seinem Kollegen seien schon mal zwei Männer "an den Hals gegangen", er habe sich allerdings befreien und die Situation beruhigen können.

"Eine feste Schneedecke auf den Wegen können wir akzeptieren, der Boden muss nicht so gereinigt werden, dass das Pflaster zu sehen ist", sagt der Wegewart. Wichtig sei, dass ausreichend breit geräumt werde. In der Satzung sei eine Breite von 1,50 Metern vorgeschrieben, doch etwas weniger reiche auch. Es müsse sichtbar sein, dass der letzte Schneefall beseitigt wurde. Eigentlich bis 7 Uhr. "Aber wenn jemand erst später dazu kommt, ist das auch akzeptabel", sagt der Wegewart, der trotz der Kälte schon mal bis zu drei Stunden pro Tag die Wege inspiziert und dabei auch mit den Profis ins Gespräch kommt: "Mach mal den Weg hier ein bisschen breiter, und dann wirfst du noch ein paar Hände Granulat drauf, dann ist das in Ordnung", sagt er zum Mitarbeiter einer Norderstedter Gartenbaufirma. Der setzt sich in seinen kleinen Schneeräumer, senkt die Schaufel ab und schiebt den Schnee vom Fuß- und Radweg an der Segeberger Chaussee.

Gleich gegenüber blitzt das Pflaster so nackt wie im Frühjahr oder Sommer. Da war Salz im Einsatz, lautet Topps Schnell-Analyse. Wege mit Salz zu streuen, verbietet die Straßenreinigungssatzung, außer in "klimatischen Ausnahmefällen" wie Eisregen, in denen abstumpfende Mittel keine ausreichende Streuwirkung erzielen, und an besonders gefährlichen Stellen, zum Beispiel Treppen, Rampen, Brückenauf- und -abgänge und Wege mit starkem Gefälle. "So ist korrekt geräumt", sagt der Wegewart und zeigt auf den Schneehaufen auf dem letzten Drittel des Weges vor der Straße. Dort, und nicht auf der Fahrbahn, soll der Schnee möglichst gelagert werden.