Viele Leser kritisieren, dass in Norderstedt der Räumdienst nicht richtig funktioniert . Doch die Stadt tut alles, was sie kann.

Norderstedt. Warum sind die Straßen in Norderstedt bloß so "saumäßig" abgestreut und spiegelglatt? Die Norderstedter Stadtverwaltung solle sich ein Beispiel an den Nachbarorten Quickborn, Pinneberg und Ellerau nehmen. Die verhielten sich vorbildlich und befreiten die Straßen von Eis und Schnee. Dass kein Streusalz mehr da sei, sei nur eine Ausrede, die nicht zähle. Schließlich sei der Wintereinbruch lange vorausgesagt worden. Früher habe Norderstedt gegenüber Hamburg immer als vorbildlich gegolten. Die Stadt solle sich nicht auf die Landesgartenschau konzentrieren, sondern die Sicherheit der Bürger im Straßenverkehr gewährleisten. So oder so ähnlich machen unsere Leser ihrem Unmut über vereiste und nicht geräumte Straßen in Norderstedt Luft.

Was ist dran an den Vorwürfen? "Wir tun, was wir können", sagte Hauke Borchardt, Sprecher der Stadtverwaltung. Die Mitarbeiter des Betriebsamtes seien im Dauereinsatz, um Wege und Fahrbahnen zu räumen. Seit dem Wintereinbruch vor vier Wochen hätten die Fahrer der großen Räum- und Streufahrzeuge 34 Einsätze gefahren. Auch an den Weihnachtstagen seien die Teams immer wieder ausgerückt. Seit gestern um 2 Uhr sitzen sie wieder hinterm Steuer von Radladern und Schneeräum-Lkw, um den Schnee wegzuschieben und die Straßen abzustreuen.

Im Visier haben sie dabei auch die kleinen Straßen. Denn vor zwei Jahren wurde die Straßenreinigungssatzung geändert. Seitdem sind nicht mehr die Anwohner dafür verantwortlich, Eis und Schnee bis zur Fahrbahnmitte zu beseitigen, sondern die Stadt.

Dafür werde allerdings kein Salz mehr verwendet, denn zum einen sei das Norderstedter Salzlager wie in anderen Städten und Gemeinden so gut wie leer. Zum anderen büße Streusalz bei Temperaturen unter minus sieben Grad an Taukraft ein. Die auftauende Wirkung lasse nach. Daher greifen die Norderstedter Winterdienstler auf ein Sand-Salz-Gemisch zurück.

Von dieser abstumpfenden Mischung erwartet die Stadt aktuell eine größere Lieferung. Rund 100 Tonnen soll der Spediteur bringen. "Allerdings bringt dieses Gemisch nur begrenzten Erfolg. Die Autos wirbeln die Körner von der Straße, gerade beim Anfahren fliegen sie nach hinten weg, es bilden sich dann auf viel befahrenen Straßen Eisplatten", sagt Martin Sandhof, Leiter des städtischen Betriebsamtes.

Das Problem sei, dass der Salzlieferant seine Verträge, wie berichtet, einfach nicht einhalte. Die Stadt warte seit dem 10. Dezember auf die zugesagten 200 Tonnen Streusalz. Doch der Vertragspartner, die Deutsche Straßen-Dienst GmbH, liefere einfach nicht. "Dabei liegen riesige Mengen Salz in einem Lager an der A 7, und Spediteure gibt es genug", sagt Oberbürgermeister Hans-Joachim Grote, der kein Verständnis für die angeblichen Lieferschwierigkeiten hat. Kritiker vermuten, dass das Unternehmen die Preise hoch treiben will. So habe die Stadt Verträge mit einem Preis von 65 Euro pro Tonne geschlossen. Doch die Verknappung des Streusalzes habe dazu geführt, dass inzwischen schon 200 Euro gezahlt werden müssten. "Und diese Summe werden wir auf keinen Fall zahlen", sagt Sandhof. Und zur Rechenschaft ziehen könne die Stadt den säumigen Lieferanten nicht, sagt der Verwaltungschef: "Es ist nicht möglich, Konventionalstrafen in den Verträgen festzuschreiben."

Doch die Stadt wolle sich nicht länger von den Salzlieferanten auf der Nase herumtanzen lassen. Für Unabhängigkeit könne ein großes Lager sorgen. "Es macht keinen Sinn, wenn jede Stadt oder Gemeinde eigene Lagerflächen für Streusalz schaffe. Doch wenn sich die Nordgate-Partner zusammentun, wird diese Lösung praktikabel und vor allem finanzierbar", sagt Grote. Im Wirtschaftsverbund, der gemeinsam Gewerbeflächen vermarktet, sind Norderstedt, Quickborn, Henstedt-Ulzburg, Kaltenkirchen, Bad Bramstedt und Neumünster zusammengeschlossen. Norderstedts Oberbürgermeister will demnächst Gespräche mit den Partnern führen. Es müsse kein Neubau sein. Denkbar sei auch, eine bestehende Halle anzumieten. Ein Zentrallager mit ausreichender Kapazität biete die Chance, rechtzeitig und günstig Streusalz zu kaufen. Im Frühjahr und im Sommer könne die Fläche eventuell auch anders genutzt werden, beispielsweise, um Maschinen einzustellen.

Rathaussprecher Hauke Borchardt verweist darauf, dass es auf den Norderstedter Straßen noch vergleichsweise eis- und schneefrei zugehe. "Fahren sie mal über die Dörfer, da wird deutlich weniger geräumt, und da sind sie meist auf einer fest gefahrenen Schneedecke unterwegs." Und Kopenhagen praktiziere einen aus deutscher Sicht eher gewöhnungsbedürftigen Winterdienst: Dort würden zuerst Fuß- und Radwege geräumt, und erst dann die Straßen.

Unterdessen hat Ministerpräsident Peter Harry Carstensen den Mitarbeitern der Straßenmeistereien und der Bauhöfe von Städten und Gemeinden für ihre unermüdlichen Einsätze über Weihnachten gedankt. "Die winterlichen Verhältnisse auf den Straßen und den Schienen haben sich zum Glück nach Heiligabend leicht entspannt. Das ist vor allem den vielen Helfern zu verdanken, die auch über Weihnachten pausenlos im Einsatz waren", sagte Carstensen.