Die Gesellschaft Bürgerwindpark weiht sieben neue Anlagen ein. Insgesamt kann damit Strom für 14 000 Haushalte erzeugt werden.

Wiemersdorf. Das Wetter war so perfekt wie das Projekt: Oktobersonne am strahlend blauen Himmel und leichter Wind, der die Rotoren in Schwung hielt und den Gästen damit vor Augen führte, worum es ging. Einer der größten Bürgerwindparks in Schleswig-Holstein wurde am Sonnabend offiziell eingeweiht. Schleswig-Holsteins Innenminister Klaus Schlie (CDU), Segebergs Landrätin Jutta Hartwieg, Marcus Müller von Nordex und die drei Geschäftsführer der Bürgerwindpark GmbH gaben mit einem Fest für Mitglieder und Besucher den offiziellen Startschuss für das Projekt.

"Wiemersdorf ist die Windenergie-Hochburg im Kreis Segeberg", sagte die Landrätin. Wie gewaltig die Anlagen sind, werde einem erst bewusst, wenn man davor steht. In 100 Meter Höhe nimmt die Nabe den Rotor mit einem Durchmesser von 100 Metern auf, sodass die moderne Windmühle insgesamt 150 Meter in die Luft ragt. 42 Millionen Kilowattstunden Strom liefern die Windräder, die westlich von der A 7 stehen und von der Autobahn gut zu sehen sind, pro Jahr. "Das reicht, um rund 14 000 Haushalte zu versorgen", sagte Marcus Müller von Nordex.

Wiemersdorf selbst bringt es aber mit 1600 Einwohnern auf kaum mehr als 600 Haushalte, sodass die kleine Gemeinde zum Strom-Exporteur für die Region wird. "Hier sind die Netze noch nicht so überlastet wir beispielsweise an der Nordseeküste mit den vielen Anlagen. Wir haben kein Problem, den Strom einzuspeisen", sagt Hans-Günther Lüth, der zusammen mit Karl Schäfer und Hans-Hermann Schümann die Geschäfte führt.

Und die laufen erfolgreich. Lüth geht davon aus, dass es für das eingesetzte Geld in den ersten zehn Jahren rund sieben Prozent Rendite gibt, danach sogar zehn Prozent und mehr. Angesichts der Aussicht, dass Windenergie nicht nur umweltfreundlich ist, sondern auch noch Geld bringt, fiel es Lüth und seinen Kollegen nicht schwer, die Bürger für das Projekt zu gewinnen.

Zumal die Initiatoren Erfolge vorweisen konnten. Seit 2001 drehen sich schon Windräder in Wiemersdorf, drei Jahre später trieb der Wind neun Rotoren an. 45 Kommanditisten aus dem Ort und der Umgebung beteiligten sich an der alten Anlage. Viele von ihnen haben auch Anteile an den sieben neuen Windmühlen gezeichnet, zwischen 5000 und 200 000 Euro haben sie investiert. "So haben wir einen Eigenanteil von rund 20 Prozent beigetragen", sagte Lüth. Den Rest der 27 Millionen Euro Investitionskosten gab es von den Banken.

Zwar lief die Planung gut, doch letztlich konnte das Projekt nur mit einem Trick realisiert werden: Da die Fläche nicht als Windeignungsgebiet ausgewiesen war, wurde sie kurzerhand zur Testfläche erklärt. Die Firma Nordex, einer der führenden Hersteller von Windkraftanlagen, testet in Wiemersdorf an Land Technologie für den Off-Shore-Einsatz. "Nur unter dieser Voraussetzung konnten wir dem Vorhaben zustimmen", sagte Innenminister Schlie, der dieses Projekt ausdrücklich lobte. "Sie haben die Bürger von Anfang mitgenommen und es so geschafft, Akzeptanz für die Anlagen zu schaffen." Das Land werde den Bau weiterer Anlagen künftig von der Zustimmung der Anwohner abhängig machen.

Und weitere Anlagen sind geplant, das Land will den Anteil der Windkraft von einem auf 1,5 Prozent erhöhen. Ein Schwerpunkt wird im Nordwesten des Kreises Segeberg und der angrenzenden Landkreise liegen.

Der Minister erwartet von den Windmühlen der neuen Gamma-Generation Nordex N100 wichtige Impulse für Folgeinvestitionen bei der Off-Shore-Windenergietechnik in Schleswig-Holstein. "Wir können hier in Wiemersdorf einzelne Bauteile testen, sie ohne großen Aufwand austauschen oder herausnehmen, um Ergebnisse abzulesen", sagte Marcus Müller von Nordex, der die Kooperation mit dem Bürgerwindpark ausdrücklich lobte. Der Betreiber habe eine "Super-Vorarbeit" geleistet und jederzeit vorausschauend und verantwortungsbewusst gehandelt. Deswegen habe er auch Geschenke mitgebracht: Allwetterjacken mit dem Aufdruck Bürgerwindpark.

Offshore-Anlagen würden doppelt ausgestattet: Fällt eine Funktion aus, springt das Ersatzteil in die Bresche. "Und das muss klappen. Wir können nicht mal eben 30 Kilometer aufs Meer rausfahren, um die Anlagen wieder zum Laufen zu bringen", sagte Müller. Es sei mit dem Bürgerwindpark abgestimmt, dass die neuen Anlagen auch mal stehen, wenn das für Testzwecke nötig ist.

Die Landrätin verwies noch auf einen anderen Aspekt: "Dieses Projekt ist zugleich ein Brückenschlag zwischen dem Süden des Kreises und dem Norden, denn Nordex hatte bis vor kurzem seinen Sitz in Norderstedt und die Anlagen im Nordkreis gebaut."

Geschäftsführer Lüth bedankte sich mit einem besonderen Geschenk bei der Gemeinde für die Unterstützung: Bürgerwindpark spendiert eine Solaranlage, die das Duschwasser für die Sportler erwärmt. Bürgermeister Gerhard Jörck dankte, erinnerte an die Schwierigkeiten, die Lüth und seine Mitstreiter ausgeräumt hätten: "Da braucht man ab und zu auch ein bisschen Wahnsinn." Der hat ihm allerdings den größten Gewerbesteuerzahler in Wiemersdorf beschert.