Städte und Landkreise starten landesweite Imagekampgane. Auch Norderstedt wirbt offensiv für Verwaltungsberufe

Norderstedt. Die demographische Entwicklung trifft auch die öffentliche Verwaltung. Die Zahl der Schulabgänger sinkt in den nächsten Jahren, auf der anderen Seite gehen zunehmend Mitarbeiter in den Ruhestand. Der Wettbewerb um den Nachwuchs nimmt zu, die Rathäuser treten auf dem Ausbildungsmarkt stärker als bisher in Konkurrenz zu den Unternehmen der freien Wirtschaft. Die Städte, Landkreise und gemeinden gehen daher jetzt in die Offensive und werben mit einem neuen Internet-Portal für die Ausbildung in den kommunalen Verwaltungen. 18 Städte und zwei Landkreise haben sich der Initiative, die vom Städteverband Schleswig-Holstein koordiniert wird, bereits angeschlossen, auch Norderstedt und Kaltenkirchen sind dabei.

"Es geht darum, jungen Leuten einen Berufsstart in den öffentlichen Dienst schmackhaft zu machen", begründet Siegried Becker, Personalchefin im Norderstedter Rathaus, die Imagekampagne. Immerhin haben die kommunalen Verwaltungen rund 100 Ausbildungsberufe zu bieten, vom Abwassermeister über Bühnentechniker, Friedhofsgärtner, Koch und Rechnungsprüfer bis zu Vermessungstechnikern und Zimmerleuten. Wie vielfältig Ausbildung und Arbeit sein können, sei vielen nicht bekannt. Die breit gefächerte Palette der Berufe soll auch das Klischee der "grauen und langweiligen Amtsstuben-Arbeit" korrigieren.

Während sich die Personalverantwortlichen in den Rathäusern in der Vergangenheit meist entspannt zurücklehnen und auf eine Flut von Bewerbungen warten konnten, hat sich die Situation jetzt zum Teil dramatisch geändert. Im Nachbarkreis Pinneberg haben sich beispielsweise nur 80 junge Leute auf die zehn Ausbildungsplätze bei der Kreisverwaltung beworben, sonst waren es mehr als 100. In Norderstedt hingegen ist der Rückgang an Bewerbern noch nicht so stark spürbar. 250 Schulabgänger haben sich in der aktuellen Ausbildungsrunde auf die neun Plätze beworben. "Früher hatten wir etwas mehr Bewerbungen, das lag an den geburtenstarken Jahrgängen", sagt Siegried Becker.

Das Norderstedter Rathaus als Ausbildungsstätte sei offenbar nach wie vor attraktiv. Zum einen bietet die fünftgrößte Stadt Schleswig-Holsteins eine relativ komplette Verwaltung, sodass die Azubis einen umfassenden Einblick in die Arbeit und Aufgaben bekämen. "Zum anderen spricht sich herum, dass wir unsere Auszubildenden gut betreuen, und sie hier viel lernen können", sagte die Hauptamtsleiterin selbstbewusst, als sie gestern zusammen mit Oberbürgermeister Hans-Joachim Grote die neuen Azubis begrüßte. Vier Jugendliche werden zu Verwaltungsfachangestellten ausgebildet, drei durchlaufen eine duale Ausbildung, das Studium endet mit dem Bachelor of Arts, das Trio startet unter dem herkömmlichen Titel Inspektorenanwärter. Zwei junge Männer lernen das Handwerk des Gärtners.

Die Aussicht, als Beamter oder Angestellter im öffentlichen Dienst eine relativ sichere Berufsperspektive zu haben, spielt heute kaum noch eine Rolle. "Die Sicherheit des Arbeitsplatzes, lange ein entscheidendes Auswahlkriterium, hat an Bedeutung verloren", sagt Siegried Becker. Das der Aspekt "Sicherheit" aus den Köpfen verschwunden sei, sei nicht verwunderlich. Schließlich sei immer wieder zu lesen, dass Verwaltungsteile privatisiert oder, wie das Ministerpräsident Peter Harry Carstensen gerade für Schleswig-Holstein angekündigt hatte, Personal abgebaut werden soll. "Ich wollte schon immer gern etwas mit Menschen zu tun haben, und das kann ich hier", sagte Christina Klassen, 23. Die Inspektorenanwärterin hat bereits eine Ausbildung zur Verwaltungsfachangestellten hinter sich und fühlt sich dadurch in ihrem Berufswunsch bestärkt.

Die berufliche Perspektive sei gut, sagte Siegried Becker. Zwar würden die Azubis nach dem Ausbildungsende zunächst nur befristete Verträge bekommen, aber: "Irgendwann wird daraus ein unbefristetes Arbeitsverhältnis. Sie brauchen nur Geduld", sagte die Hauptamtsleiterin. Leider hätten nicht alle die nötige Beharrlichkeit und verließen das Norderstedter Rathaus.

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