Sollte Anklage gegen den suspendierten Magistrat erhoben werden, will FDP Bürger zur Wahlurne bitten. Fall könnte erst in Jahren abgeschlossen sein

Henstedt-Ulzburg. Seit mehr als vier Monaten gibt es im Henstedt-Ulzburger Rathaus keinen hauptamtlichen Bürgermeister - und ein Ende der bürgermeisterlosen Zeit ist nicht abzusehen: Die Segeberger Kommunalaufsicht hält es für möglich, dass der "Fall Thormählen" erst in einigen Jahren abgeschlossen sein wird. Die örtlichen Politiker werden angesichts dieses Schreckensszenarios aller Voraussicht nach vorher die Reißleine ziehen und rechtzeitig eine Abwahl des Bürgermeisters in die Wege leiten.

Am 27. Februar hatte der Hauptausschuss beschlossen, Torsten Thormählen für mindestens drei Monate vom Dienst zu suspendieren, weil die Staatsanwaltschaft wegen des Verdachts der Bestechung und der Bestechlichkeit sowie des Verdachts der gemeinschaftlichen und gewerbsmäßigen Untreue in besonders schweren Fällen ermittelt. Seit Anfang Juni hätte er demnach wieder auf seinem Bürgermeisterstuhl sitzen können, aber das ist nicht der Fall: Weil der Kreis Segeberg wenig später ein Disziplinarverfahren gegen den Henstedt-Ulzburger Bürgermeister angestrengt hat, wird die zeitlich festgelegte Befristung der Suspendierung aufgehoben.

Eine lange Zeit ohne Bürgermeister, und niemand weiß, wie es weitergeht - diese Situation erscheint vielen Gemeindepolitikern vor dem Hintergrund drängender Sachprobleme als unzumutbar. Bürgervorsteher Carsten Schäfer hat deshalb am vergangenen Freitag versucht, bei der Kieler Staatsanwaltschaft Druck zu machen, um das Untersuchungsverfahren zu beschleunigen. "Wir können nicht ein halbes Jahr auf das Ergebnis warten", sagt Schäfer. Ob seine Intervention allerdings Erfolg hat, bleibt abzuwarten.

Die Ermittlungen können noch weitere drei Monate dauern

Personelle Engpässe und das Bearbeiten anderer wichtiger Fälle (Hells Angels) lassen offenbar wenig Spielraum für ein schnelleres Agieren. Es müssten noch Personen vernommen werden, hieß es von der Staatsanwaltschaft. "Es wird noch drei Monate dauern bis die Ermittlungen abgeschlossen sind", sagt Carsten Schäfer.

Ähnliche Auskünfte hatte die Pressesprecherin der Staatsanwaltschaft, Birgit Heß, auch dem Hamburger Abendblatt gegeben. Für den Bürgervorsteher ist klar, dass in Henstedt-Ulzburg schnell etwas passieren muss, wenn die Staatsanwaltschaft nach Abschluss der Ermittlungen Anklage erhebt. "Auch Thormählen muss dann wissen, woran er ist."

+++Die Gemeinde nimmt Schaden+++

Was dann passiert, macht der FDP-Fraktionsvorsitzende Klaus-Peter Eberhard deutlich: "Wenn das Gericht die Anklage zulässt, werden wir sofort das Abwahlverfahren beantragen." Die FDP würde dafür wahrscheinlich eine Mehrheit im Gemeinderat finden. Davon geht auch Carsten Schäfer aus. Auch andere Gemeindepolitiker haben darüber bereits laut nachgedacht. Sollte der Gemeinderat das Abwahlverfahren beschließen, hätten die Bürger das letzte Wort: Sie müssten dann zur Wahlurne gehen und über die Abberufung des Bürgermeisters entscheiden. In Kaltenkirchen ist im vergangenen Jahr der damalige Bürgermeister Sünwoldt auf diese Weise abgewählt worden.

Ein vergleichbarer Fall war erst nach sieben Jahren abgeschlossen

Unübersichtlich wird die Lage, wenn das Gericht nach einer Abwahl die Unschuld Thormählens feststellt. Nach Ansicht von Karin Grandt, Leiterin der zuständigen Kommunalaufsicht, hätte Torsten Thormählen dann keine Möglichkeit gegen diese politische Entscheidung anzugehen. "Er hätte keinen Schadensersatzanspruch gegen die Gemeinde, eine Abwahl hätte Bestand." Werde das Strafverfahren gegen den Bürgermeister eingestellt, würde auch das Disziplinarverfahren eingestellt. Käme es zu einer rechtskräftigen Verurteilung, wäre eine disziplinarrechtliche Strafe die Folge. Das könne eine Entlassung aus dem Beamtendienst, eine Rückstufung, aber auch eine Geldbuße sein. Auch nach einer Abwahl kann der Kreis Segeberg nach Angaben von Karin Grandt eine Geldbuße verhängen. In welchen Zeiträumen gedacht wird, belegt die Leiterin der Kommunalaufsicht an einem ähnlich gelagerten Fall in Süddeutschland: "Der Fall war erst nach sieben Jahren abgeschlossen."

+++Bürgermeister Thormählen darf weiterarbeiten+++

Der suspendierte Bürgermeister war gestern telefonisch nicht zu erreichen - zuletzt wurde das Ehepaar Thormählen während eines Grundschulfestes gesehen.

Auch Klaus Lange, dem von der Stadt Norderstedt fristlos gekündigten Leiter der Stabsstelle im Ellerauer Rathaus wurde in Ellerau gesehen: Der frühere Prokurist der Kommunalbetriebe Ellerau, dem vorgeworfen wird, gemeinsam mit Thormählen knapp 200 000 Euro Steuergeld veruntreut zu haben, nahm als Beobachter an der jüngsten Gemeinderatssitzung teil. Gegen die fristlose Kündigung geht er arbeitsrechtlich vor. Nach Angaben der Stadt Norderstedt gibt es Mitte August einen Termin vor dem Arbeitsgericht, mit einer Entscheidung aber wird dann noch nicht gerechnet.