Vier Stunden vor der Premiere auf dem Kaltenkirchener Festplatz nahm Jan Sassen von der Kreisverwaltung den Zirkus Charles Knie unter die Lupe.

Kaltenkirchen. "Please go to the elephant!" Christo hat gerade frisches Heu gebracht, als der Besucher mit dem Basecap ihn bittet, ein paar Schritte auf Baby zuzugehen. Reife 40 Jahre ist die Elefantendame alt, die lässig den Rüssel baumeln lässt und ohne jede Aufregung auf die Streicheleinheiten von Christo reagiert. Der Tierpfleger und die Elefantendame verstehen sich. Christo darf sogar seinen Kopf in ihr Maul stecken.

"Das würde der Elefant nicht machen, wenn es ihm hier schlecht gehen würde", sagt der Mann mit Basecap. Amtstierarzt Jan Sassen von der Kreisverwaltung in Bad Segeberg ist zufrieden mit dem Test. Würde Christo das Tier regelmäßig schlagen, wäre Baby ängstlich zurückgewichen. Den Kopf im eigenen Maul hätte sie kaum akzeptiert.

Vier Stunden vor der Premiere des Zirkus Charles Knie auf dem Kaltenkirchener Festplatz hat Sassen gestern bei den 100 Tieren nach dem rechten gesehen. Erste Station war das Becken von Seelöwe Steffi. Sassen geht bei seinen Kontrollen stets nach der gleichen Methode vor: "Ich stelle mir immer die Frage: Würde das Tier sich beschweren, so gehalten zu werden?" Bei Steffi lautet die Antwort: vermutlich nein. Das Tier ist putzmunter und verspielt, spielt mit Wonne im Wasserbecken und freut sich aufs Futter. Sassen hat auch in den Vorratscontainer geblickt, der prall mit gefrorenen Heringen gefüllt ist.

Nirgendwo stehen Tiere genauer unter Beobachtung als in einem Zirkus

Hat das Tier genügend Platz, Futter und Wasser? Das sind weitere Fragen bei der Arbeit eines Amtstierarztes, wenn er einen Zirkus besucht. In 48 Orten gastiert Zirkus Charles Knie in dieser Saison. Fast jedes Mal kam der Veterinär vom Amt. Nirgendwo stehen Tiere genauer unter Beobachtung als in einem Zirkus.

Auch Tierschützer gehören zu den Begleitern und gehen zuweilen nicht zimperlich mit dem Zirkus um. Vor dem Gastspiel in Kaltenkirchen überklebten sie Werbeplakate der Truppe von Charles Knie mit dem Schild "Abgesagt" und verunsicherten damit viele Zirkusfreunde, sie sich auf einen Besuch gefreut hatten. In einer Presseerklärung zu den Auftritten in Kaltenkirchen spricht die Organisation Peta von einer "Tortour" des Zirkus und einer "Stresstournee für die Tiere". "Die Akkord-Tournee bedeutet erheblichen Stress für die Elefanten oder Seelöwen, aber auch für alle anderen Tiere, deren Bedürfnisse hinter wirtschaftlichen Interessen zurückstecken müssen", schreibt Peter Höffken, Wildtierexperte und Kampagnenleiter bei Peta. "Tiere haben im Zirkus ohnehin nichts zu suchen, aber was dieser Zirkus den Tieren zumutet, kommt der Tierquälerei gleich."

Jeder Zirkus muss ein sogenanntes Tierbestandsbuch führen

"Alles in Ordnung", sagt dagegen Amtstierarzt Sassen. Er hat keinen Zweifel, dass sich die Tiere wohlfühlen. Auch die gesetzlichen Bestimmungen hält Tierlehrer Marek Jama ein. Die Gehege der Hängebauchschweine Franzi, Elke und Molli sind groß genug, genauso sieht es bei den Kängurus aus: Das Außengehege für große Exemplare beträgt 300 Quadratmeter, für kleine 150. Frisches Grün zum Knabbern liegt ebenfalls parat.

Vor seinem Besuch hat Sassen in einer Datenbank angefragt, was seine Kollegen in anderen Orten bei Knie festgestellt haben. Bei sich trägt er Kopien des Tierbestandsbuchs, das jedes Unternehmen vorlegen muss.

"Zirkustiere dürfen gezeigt werden", sagt Sassen. "Dabei gilt wie überall die Regel: Sie müssen vernünftig gehalten werden." Sassen lehnt auch den politischen Vorstoß ab, den Auftritt von Tieren in einem Zirkus zu verbieten. "Wenn Wildtiere nicht im Zirkus sein dürfen, sollten sie auch nicht in einem Zoo sein. Dann gehören aber auch Hunde nicht in ein Haus", sagt der Tierarzt.

Jeder Besucher könne sehen, dass es den Tieren gut gehe, sagt Tierlehrer Jama. "Außerdem werden sie nicht aus der Wildnis geholt, wie behaupt wird. Die meisten sind in Zoos zur Welt gekommen." Auch die Dressur habe nicht mit Quälerei zu tun, da die Tiere langsam an die Arbeit in der Manege gewöhnt würden.

Jama vergleicht seine Arbeit mit einer Schule: "Mit Gewalt funktioniert das nicht. Wenn es aber interessant ist, lernen die Tiere." Er rät den Tierschützern, sich genau zu erkundigen, bevor sie protestieren.

Peta appelliert dagegen an die Kaltenkirchener sich zu fragen, ob ein Besuch des Zirkusses mit ihrem Gewissen zu vereinbaren sei.