Viele Organisationen und der Kreis Segeberg unterstützen die Arbeitslosen bei der Eingliederung in den ersten Arbeitsmarkt.

Kreis Segeberg. Ein Trimmrad, Original Kettler, gibt es für 15 Euro, die flotte Damenlederjacke, tailliert und mit schickem Gürtel, ist für zehn Euro zu haben, ein Kinderfahrrad kostet 20 Euro. Alles gut erhalten: Das Sozialkaufhaus am Maienbeeck in Bad Bramstedt ist eine wahre Fundgrube für alle, die wenig Geld haben und sich trotzdem etwas leisten wollen - oder leisten müssen. Denn wer hier kauft, muss in der Regel mit dem Cent rechnen, und wer hier arbeitet, sucht die Chance, wieder das geregelte Leben eines Arbeitnehmers zu führen.

Seit 2009 gibt es dieses Kaufhaus als gemeinnütziges Arbeitsprojekt der Diakonie Altholstein. "Es ist uns wichtig, dass es mitten in der Stadt angesiedelt ist", sagt Christine Hertwig, Bereichsleiterin Arbeit, Familie und Bildung der Diakonie Altholstein.

Im Sozialkaufhaus können auch Normalverdiener einkaufen

Wer hier arbeitet, ist schon längere Zeit arbeitslos und muss sich erst langsam wieder an das Arbeitsleben herantasten. Dieses Kaufhaus bietet dazu die Möglichkeit: Anlieferung, Auslieferung, Lagerung, Sortierung, Verkauf - alles läuft wie in einem richtigen Unternehmen. Die angebotene Ware wird zwar gespendet, verkauft wird aber nur gegen harte Euros.

Und weil sich das Sozialkaufhaus alleine tragen muss, ist niemand böse, wenn auch Käuferinnen und Käufer kommen, die mehr als nur ein geringes Einkommen haben. Eine Fundgrube ist das Kaufhaus am Maienbeeck allemal. "Wir fragen nicht nach dem Einkommen", bestätigt Christine Hertwig. 20.000 Kunden sind im vergangenen Jahr gekommen. Möbel übrigens, gehen besonders gut.

+++ Das Sozialkaufhaus ist jetzt für alle da +++

Sechs Festangestellte und 45 Teilnehmer, die über Qualifizierungsmaßnahmen des Jobcenters für sechs Monate gekommen sind, arbeiten hier. Sozialpädagogin Claudia Rosin steht hilfreich zur Seite. Seit Anfang Februar sind im Sozialkaufhaus auch Personen tätig, die psychisch krank sind oder an einer Suchtkrankheit leiden. Den scheinbar Hoffnungslosen bietet sich hier eine Chance, unter fachkundiger Betreuung wieder an die Arbeitswelt herangeführt zu werden.

Das neue Projekt eröffnet Menschen eine Chance, die sonst allein von Sozialhilfe gelebt haben. In der Praxis bedeutet es, dass die berufsqualifizierenden Leistungen mit den sozialpädagogischen Aspekten in den beiden Sozialkaufhäusern in Bad Segeberg und Bad Bramstedt verknüpft werden.

18 Arbeitsplätze werden im Segeberger Sozialkaufhaus angeboten

Jutta Altenhöner, Vorsitzende des Sozialausschusses im Kreistag, hatte die Idee, nach dem Vorbild im Kreis Plön psychisch Kranke und Suchtkranke gemeinsam in dieses Modell einzubinden. Viele verschiedene Organisationen und Verbände arbeiten zusammen, um diesem Personenkreis zu helfen und ihm eine Perspektive für eine Eingliederung in die normale Arbeitswelt zu bieten. Dabei sind zum Beispiel das Jobcenter Kreis Segeberg, die ambulante und teilstationäre Psychiatrie, die Suchthilfe, die Beschäftigungs- und Qualifizierungsgesellschaft Ostholstein als Träger des Sozialkaufhauses in Bad Segeberg, die Diakonie Altholstein und der Kreis Segeberg. 18 Arbeitsplätze werden im Sozialkaufhaus Bad Segeberg angeboten, neun Plätze im Sozialkaufhaus Bad Bramstedt.

"Viele dieser Menschen müssen eine Regelhaftigkeit neu lernen", sagt Landrätin Jutta Hartwieg. "Deshalb ist die Maßnahme so konzipiert, dass die kranken Frauen und Männer den Einstieg leichter finden."

Wichtig finden es alle an diesem Projekt Beteiligten, dass es sich um eine erkennbar sinnvolle Arbeit handelt. "Wir müssen deutlich machen, dass die Arbeit für die Betroffenen keine Belastung, sondern eine Chance ist, ihrem Leben einen neuen Sinn zu geben", sagt Bodo Hassler, Leiter der Ambulanten und Teilstationären Suchthilfe im Kreis Segeberg.

Finanziert wird diese besondere Qualifizierungsmaßnahme zu zwei Dritteln aus Mitteln der Eingliederungshilfe des Kreises Segeberg und zu einem Drittel aus Mitteln des Jobcenters.

Wie sinnvoll sie tatsächlich ist, wissen die Mitarbeiter im Sozialkaufhaus Bad Bramstedt. Ludwig Müller (Name geändert), 28, seit November 2011 arbeitslos, arbeitet seit einigen Wochen im Bramstedter Kaufhaus: "Die Erfahrungen sind sehr positiv, weil wir richtig gefordert werden." Er arbeitet vier Stunden pro Tag und betrachtet den Ein-Euro-Job als Zwischenspiel. Denn im Sommer möchte er in Neumünster eine Ausbildung zum Pharmazeutisch-technischen Assistenten beginnen.