Nach der Anhörung verbietet der Hauptausschuss dem Bürgermeister die Führung der Dienstgeschäfte. Verdacht der Bestechung.

Henstedt-Ulzburg. Die Nachricht ist knapp: "Der Hauptausschuss hat am heutigen Tag einstimmig beschlossen, Bürgermeister Torsten Thormählen aus zwingenden dienstlichen Gründen die Führung der Dienstgeschäfte mit sofortiger Wirkung zu verbieten."

Damit hat der Ausschuss als Dienstvorgesetzter des Henstedt-Ulzburger Bürgermeisters die Notbremse gezogen: Für mindestens drei Monate darf Thormählen nicht an seinem Arbeitsplatz sitzen. Seine Dienstbezüge erhält er aber weiter.

Leicht gemacht haben sich die 13 Mitglieder des Hauptausschusses ihre Entscheidung nicht. Um 18.30 begann am Montagabend unter Ausschluss der Öffentlichkeit die Anhörung von Torsten Thormählen, der ohne Rechtsbeistand erschienen war. Schon nach knapp 20 Minuten war sie beendet. Danach begann im Ausschusssitzungsraum im ersten Stock des Rathauses die Diskussion über die Zukunft des Bürgermeisters, auf dem ein schwerer Verdacht lastet. Die Staatsanwaltschaft ermittelt wegen des Verdachts der Bestechung und der Bestechlichkeit, wegen des Verdachts der gemeinschaftlichen und gewerbsmäßigen Untreue in besonders schweren Fällen. Gemeinsam mit dem damaligen Prokuristen Klaus Lange soll Thormählen als ehemaliger Vorstand der Kommunalbetriebe Ellerau (KBE) knapp 200 000 Euro Steuergeld veruntreut haben.

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Bis 20.45 Uhr tagten die Mitglieder des Hauptausschusses unter großer Geheimhaltung. Sogar die Jalousien waren zugezogen, was bei anderen Sitzungen nicht üblich ist. Dann stand die schwerwiegende Entscheidung fest. Torsten Thormählen, der gestern für eine Stellungnahme nicht zu erreichen war, hat aber eine Woche Zeit, eine Erklärung in schriftlicher oder mündlicher Form abzugeben. Wenn es dabei zu gravierenden neuen Erkenntnissen kommen sollte, muss sich der Hauptausschuss wieder mit dem Thema beschäftigen.

Karin Honerlah (WHU) geht als Vorsitzende des Hauptausschusses davon aus, dass eine "gute Entscheidung" getroffen wurde. Als Basis für diese Entscheidung habe das Abwenden von negativen Auswirkungen auf die Gemeinde und den Bürgermeister gedient. Die Politikerin betont, dass es sich um keine Vorverurteilung handele. "Die Entscheidung ist gut erarbeitet worden." Thormählen wurde noch am Abend telefonisch von dem Beschluss des Ausschusses informiert.

Die Ausschussmitglieder mussten dem Vernehmen nach zur Kenntnis nehmen, dass Bürgermeister Thormählen nicht viel Neues zu berichten hatte. Viele Fragen seien unbeantwortet geblieben. Dabei soll er unter Hinweis auf das Einbinden des KBE-Verwaltungsrates den Erhalt von 1500 Euro im Monat, neben der vertraglich vereinbarten Aufwandsentschädigung von 400 Euro, nicht in Abrede gestellt haben. Das war von Mitgliedern des Ausschusses zu hören. Thormählen habe kein Unrechtsbewusstsein gezeigt.

Um dieses Geld geht es bei den Ermittlungen der Staatsanwaltschaft. Sie geht nach den bisherigen Erkenntnissen davon aus, dass Thormählen der Beratungsfirma des damaligen KBE-Prokuristen Lange jährlich 40 000 Euro überwiesen hat, wobei monatlich 1500 Euro auf das Konto von Thormählen zurück überwiesen worden sein sollen. Eine Gegenleistung der Beraterfirma soll es nicht gegeben haben.

Thormählen soll gegenüber den Mitgliedern des Hauptausschusses seine Unkenntnis darüber geäußert haben, dass er Einkünfte aus Nebentätigkeiten seinem Arbeitgeber - zunächst der Gemeinde Ellerau, wo er Bürgermeister war, dann der Stadt Norderstedt, wo er Stadtrat war, und schließlich der Gemeinde Henstedt-Ulzburg - hätte angeben müssen. Die Erklärungen des Bürgermeisters stellten die Politiker nicht zufrieden.

+++ Richtige Entscheidung +++

Wie geht es nach Ablauf der drei Monate weiter? Das erklärt der Kieler Fachanwalt für Verwaltungsrecht, Dr. Ulrich Mann, der die Gemeinde Henstedt-Ulzburg in Sachen Thormählen rechtlich berät. Sollte der Kreis Segeberg innerhalb der drei Monate ein Disziplinarverfahren einleiten, werde die Führung der Dienstgeschäfte weiter untersagt. Ein Disziplinarverfahren könne entweder mit einem Verweis und einer Geldbuße, mit einem Antrag beim Verwaltungsgericht auf Entlassung oder mit einer Einstellung des Verfahrens enden. "Wenn sich das Ganze als Bagatelle abzeichnet, kann das Verbot aufgehoben werden", sagt Dr. Mann. Bei einem Disziplinarverfahren werde von einem erfahren Beamten - am besten einem Juristen aus dem Umfeld der Kommunalaufsicht des Kreises Segeberg - ermittelt. Werde von der Staatsanwaltschaft ein Strafverfahren gegen Torsten Thormählen eingeleitet, so müsse das Disziplinarverfahren ruhen. Gestern teilte das Landratsbüro mit, die Einleitung eines Disziplinarverfahrens werde noch geprüft.

Die Henstedt-Ulzburger Gemeindepolitiker sind erschüttert über die Ereignisse im Rathaus und im Umfeld, wobei zum Teil auch die Plagiatsvorwürfe für das angestrebte Gemeinde-Logo mit bewertet werden. "Die Gemeinde gibt ein chaotisches Bild ab", sagt SPD-Fraktionsvorsitzender Horst Ostwald. "Aber wir haben eine gut funktionierende Verwaltung; die Arbeit geht weiter." Michael Meschede, CDU-Vorsitzender, geht davon aus, dass sich alles aufklären wird. Für die CDU, deren Bürgermeisterkandidat Thormählen war, sei im Vorfeld nichts von diesen Vorwürfen erkennbar gewesen. Tile Abel, Vorsitzender der Fraktion Bürger für Bürger, ist überzeugt, dass die Entscheidung des Hauptausschusses eine "vernünftige Mischung" aus Interessen der Gemeinde und Fürsorge für Thormählen darstellt. "Es ist eine Gratwanderung und eine schwierige Situation für alle Beteiligten."