Trägerverein der KZ-Gedenkstätte Kaltenkirchen will Besucher über die Lager und den Wehrmachtsflugplatz informieren.

Wer nach den Spuren der Geschichte suchen will, braucht festes Schuhwerk. Morast und Gestrüpp erschweren jeden Schritt. Wege sind kaum auszumachen. Nur dort, wo die Motocross-Fahrer mit ihren Reifen schmale Schneisen in den historischen Boden hinterlassen haben, kommen Spaziergänger voran. Sie gehen an kleinen Betongebäuden, Rampen und Erdhügeln vorbei, die noch kein Historiker erforscht hat. Das Gelände des ehemaligen Flugplatzes Kaltenkirchen mit seinen Lagern aus der NS-Zeit ist ein schwer zugänglicher Ort mit grauenhafter Geschichte, der bislang sich selbst überlassen war.

Nur langsam kommen die Bemühungen voran, die letzten vorhandenen Spuren des einstigen Wehrmachtsflugplatzes und des "Sterbelagers" für sowjetische Kriegsgefangene zu schützen und für Besucher zugänglich zu machen. Eine Erfolg versprechende Idee präsentiert der Trägerverein der KZ-Gedenkstätte Kaltenkirchen-Springhirsch, die auf dem Areal einen Geschichtslehrpfad einrichten möchte.

Denkbar wäre die Kombination des Lehrpfades mit einem Fahrradweg

"Die Stadt unterstützt unser Anliegen - zumindest ideell", sagt die Vorsitzende Uta Körby, die mit ihrem Verein auf dem einstigen Flugplatzgelände ehrenamtlich eine Gedenkstätte betreibt, die an die Leiden der Gefangenen des KZ-Außenlagers erinnert und die letzten erhaltenen Spuren pflegt. Denkbar wäre die Kombination des Lehrpfades mit einem Fahrradweg, den der Verein Pro Kaki plant. Trägerverein und Pro Kaki haben sich bereits zu ersten Gesprächen getroffen. Die Stadt hat im Haushalt 280 000 Euro für den Radweg bereitgestellt.

Die Reaktionen auf das Projekt des Trägervereins sind für den Verein ermutigend. Ein Student des Historischen Seminars der Universität Kiel wird sich in seiner Examensarbeit wissenschaftlich mit dem Lehrpfad-Projekt beschäftigen. Auch die Besitzerin der Fläche, die Bundesanstalt für Immobilienaufgaben (BImA), könnte sich mit ausgeschilderten Wegen und Informationstafeln anfreunden, allerdings unter einer Bedingung: Das Gelände muss als Ausgleichsfläche für den Bau der Autobahn 20 erhalten bleiben und weiterhin als Fauna- und Florahabitat geschützt werden. Auf dem einstigen Flugplatz haben sich seltene Tier- und Pflanzenarten angesiedelt, die unter besonderem Schutz stehen. "Solange dieses Projekt sowohl mit den Kompensationszielen als auch mit den naturschutzfachlichen Schutz- und Entwicklungszielen vereinbar ist, steht ihm die Bundesanstalt für Immobilienaufgaben offen gegenüber", sagte BImA-Sprecher Magnus Giercke über den Geschichtslehrpfad.

Mit Sorge beobachtet der Trägerverein, dass auch nach Jahren immer noch keine Lösung in Sicht ist, wie die Motocross-Fahrer von dem Gelände ferngehalten werden können. "Die Frage ist, ob und wann gehandelt wird", sagt Uta Körby. Auch die BImA hat das Problem erkannt. "Die illegale Nutzung durch Motocross-Fahrer beeinträchtigt das Gelände aus Sicht des Denkmalschutzes, des Naturschutzes, der Erholung suchenden Bevölkerung und weiteren Flächennutzungen", sagt Giercke. Doch eine Lösung hat auch er nicht parat. Nur Ordnungsbehörden und die Polizei seien in der Lage, das Fahrverbot auf dem Gelände sicherzustellen.

"Gegen die Motocross-Fahrer können wir kaum etwas ausrichten"

"Gegen die Motocross-Fahrer können wir kaum etwas ausrichten", sagt dagegen Kaltenkirchens Polizeichef Bodo Nagel. Besonders am Wochenende erhalten seine Beamten Hinweise von Spaziergängern auf Fahrer, die durch das Gelände rasen. "Dann stehen wir da mit unseren VW Passats und können nichts machen", sagt Nagel. Weder könne die Polizei die Maschinen durchs Gelände verfolgen noch die Zufahrten sperren. "Dafür ist die Fläche einfach zu groß."

Dass die historisch bedeutenden Flächen nach und nach unter Denkmalschutz gestellt werden, dürfte die Motorradfahrer ebenso wenig beeindrucken wie die Präsenz einer hilflosen Polizei. Unter Schutz stehen bereits seit Jahren die KZ-Gedenkstätte Springhirsch, die Gräberstätte Moorkaten an der Barmstedter Straße sowie die Grünfläche an der Bundesstraße 4, auf der einst das "Sterbelager" stand.

Denkmalschützer verzichten auf Zäune um das Gelände

In diesem Jahr sollen zwei weitere Bereiche hinzukommen: eine Reihe von Erdhügeln, die KZ-Häftlinge beim Bau einer neuen Landebahn aufgeschüttet haben, und der Weg, der vom "Sterbelager" nach Moorkaten geführt hat. "Wir sprechen vom Begräbnisweg", sagt Willi Kramer vom Archäologischen Landesamt in Schleswig.

Die Denkmäler unter Schutz zu stellen, hatte sich im vergangenen Jahr verzögert. Das Archäologische Landesamt war mit der Erweiterung des Denkmalschutzes in Haithabu und beim Danewerk ausgelastet. Kramer: "Das hat unsere Ressourcen gebündelt."

Darüber hinaus haben sich die Gespräche zwischen dem Landesamt und der BImA immer wieder hinausgezögert. Am Ende verzichtete die Behörde darauf, die Einzäunung des Geländes und Regeln für die Abholzung von Bäumen zu fordern.

Um die Denkmäler auf dem Flugplatz zu schützen, sei jetzt die Region am Zuge, sagte Kramer. Er hält die historischen Spuren nicht nur wegen der Motocross-Fahrer, sondern auch wegen der illegalen Sondengänger für gefährdet, die im Boden nach Resten des Flugplatzes und der Lager suchen. "Diese Menschen bekommt man auch nicht mit der Polizei und dem Denkmalschutz raus." Den besten Schutz biete eine Öffentlichkeit, die die Denkmäler wahrnehme und über sie Bescheid wisse. Die letzten vorhandenen Gebäude des Flugplatzes sowie eine Rampe, deren Zweck bislang unerforscht ist, werden nicht unter Denkmalschutz gestellt.