Kisdorf. Die Flucht endete bei Onkel Ernst in Alveslohe. Auf Kohlenzügen hatte sich die Familie Schiller nach der Vertreibung aus Schlesien quer durch das Deutsche Reich nach Schleswig-Holstein durchgeschlagen und stand im Oktober 1945 bei dem Friseur vor der Tür. "Wir hatten nichts", erinnert sich Peter Schiller (Jahrgang 1937). "Das war eine schlimme Zeit." Onkel Ernst nahm die Flüchtlinge auf.

In der Schule lernte Schiller Kinder aus dem Kaltenkirchener Ortsteil Moorkaten kennen, die den Flugplatz auf zahllosen Streifzügen erkundeten. Die britischen Besatzer nutzten die Fläche als Parkplatz für Tausende konfiszierter Wehrmachtsfahrzeuge. "Vom Krad bis zum Panzer stand dort alles herum", erinnert sich Schiller. "Das war für uns Jungs natürlich hoch interessant." Die Kinder stahlen Buntmetall, tauschten es gegen Zigaretten und diese gegen Brot. "Wir haben auch mit Munition gespielt. Hinter jedem Busch, in jedem Teich lagen Waffen", erinnert sich der Kisdorfer. "Ein Wunder, dass uns nichts passiert ist."

Die Briten beschäftigten 2000 deutsche Kriegsgefangene auf dem Flugplatz, die bis 1946 den gewaltigen Wehrmachtsfuhrpark reparierten oder verschrotteten. Die meisten lebten in den Baracken, in denen Wehrmacht und SS sowjetische Kriegsgefangene und KZ-Häftlinge gefangen gehalten hatten. Als die Kriegsgefangenen entlassen wurden, kamen die Flüchtlinge aus den deutschen Ostgebieten, die nach Flucht und Vertreibung froh über eine neue Unterkunft waren. "Viele von ihnen sind bis in die 50er-Jahre dort geblieben", sagt Schiller. Auf dem Gelände des Konzentrationslagers entstanden eine Tankstelle und ein Laden.

Über das KZ-Außenlager und das "Sterbelager" für die sowjetischen Gefangenen sei damals nicht gesprochen worden. "Wer dort wohnte, hat mit Sicherheit die bedauernswerten Menschen gesehen", sagt Schiller.

Seit dem Beginn seines Ruhestandes im Jahr 2000 hat Schiller gemeinsam mit anderen Autoren des Arbeitskreises Geschichte im Amt Trave-Land mehrere Bücher über den Zweiten Weltkrieg in Schleswig-Holstein veröffentlicht. Der Band "Du bist nichts - dein Volk ist alles" ist 2011 bei der Edition Nordlicht erschienen. Ende dieses Jahres soll die "Chronologie der alliierten Flugzeugverluste über Hamburg und Schleswig-Holstein" in die Buchhandlungen kommen.