Die Stadt Norderstedt sucht nach Vorschlägen für den Klimaschutz und hofft, sie auf einem Spielplatz von jungen Familien zu bekommen.

Norderstedt. Die Stadt sucht neue Ideen für den Klimaschutz und hofft, sie auf einem Spielplatz zu finden. Da halten sich die jungen Familien auf, Eltern mit kleinen Kindern, die sich Gedanken um die Zukunft machen. "Wissenschaftliche Studien belegen, dass Menschen bei persönlichen Veränderungen ihrer Lebenssituation besonders offen sind für neue Ideen. Und das trifft zu, wenn Kinder geboren sind", sagt Herbert Brüning von der Stabsstelle "Nachhaltiges Norderstedt" im Norderstedt Rathaus.

Er setzt auf die Fantasie der Väter und Mütter und auch die der Großeltern. Sie sollen sagen, wie sich der Ausstoß des Klimakillers CO2 abseits von Fassadendämmung und neuer Heizung verringern lässt. Ganz spontan, wenn es geht, und angeregt durch eine Tasse Kaffee, die Brüning und sein Interview-Team ausschenken werden. Wenn es um Nachhaltigkeit und Lebensqualität geht ist klar, dass nicht irgendein koffeinhaltiges Heißgetränk aus der Kanne fließt, sondern der fair gehandelte und ökologisch angebaute Norderstedt-Kaffee "Fairflixt goot!" "Tausche Idee gegen Kaffee" heißt denn auch die Kreativ-Kampagne, die von heute an bis Freitag, 8. Juni, auf dem Spielplatz im Moorbekpark läuft. Wer sich am Ideen-Handel beteiligen will, muss jeweils zwischen 14.30 und 17.30 Uhr auf dem Spielplatz sein. Da es schwierig sei, gleichzeitig darauf zu achten, dass das Kind nicht vom Klettergerüst fällt oder Sand in den Mund stopft, und sich Gedanken über den Klimaschutz zu machen, gewährt das Frageteam Bedenkzeit. Eltern und Großeltern bekommen auf Wunsch eine Karte, die sie abends in Ruhe ausfüllen und später ans Rathaus zurückschicken können.

"Wir haben uns entschieden, zu den Menschen zu gehen, weil das eine Zielgruppe ist, die wir mit den klassischen Formen der Bürgerbeteiligung eher nicht erreichen", sagt Brüning. Diese neue Form der Ideen-Acquise ist Teil des Konzeptes, mit dem es Norderstedt im Bundeswettbewerb "ZukunftsWerkStadt" unter die letzten 16 Städte und Gemeinden geschafft hat. Vom Wettbewerb erhofft sich Bundesforschungsministerin Anette Schavan Anregungen für eine zukunftsorientierte Stadtentwicklung. Norderstedt bekommt 250 000 Euro, um neue Projekte für den Klimaschutz und neue Formen der Bürgerbeteiligung zu entwickeln. Für die Umfrage auf dem Spielplatz haben Psychologen die Mitarbeiter der Stadt speziell geschult.

"Jede Idee ist willkommen, auch wenn sie noch so verrückt erscheint" - Herbert Brüning, Stabsstelle "Nachhaltiges Norderstedt"

Brüning hat selbst Ideen, will aber bewusst keine Vorgaben machen. "Wichtige Handlungsfelder für den Klimaschutz sind der Konsum, der Verkehr, das Heizen und der Stromverbrauch", sagt er. Das, was wir alle kaufen und verbrauchen, macht laut Umweltbundesamt 38 Prozent des gesamten CO2-Ausstoßes aus, der private Verkehr 24 Prozent, wovon allein neun Prozent auf den Flugverkehr entfallen. Das Heizen schlägt mit 17 Prozent zu Buche, der Stromverbrauch mit acht und die Ernährung mit 13 Prozent. "Jede Idee ist willkommen, auch wenn sie noch so verrückt erscheint", sagt Brüning. In der zweiten Projektphase werde geprüft, was von den Anregungen realisiert werden kann.

"Wir wissen noch nicht, ob die Ideensammlung klappt, und was dabei rauskommt", sagt Brüning. Aber der Bundeswettbewerb sei ja gerade auf Experimente ausgelegt. Erweist sich der Weg auf den Spielplatz als fruchtbar, könnten ihn andere Kommunen übernehmen. Wenn nicht, "vergessen wir das Projekt einfach". Wenn der Fußball-Europameister ermittelt ist und die Ferien zu Ende sind, geht das Beteiligungsverfahren in die zweite Runde.