Bundesweiter Ideenwettbewerb: Norderstedt gehört zu den 27 Städten, die die Stadtentwicklung der Zukunft in Deutschland mitgestalten.

Norderstedt. Die Stadt wird die Zukunft Deutschlands mitgestalten. Norderstedt ist unter den 27 Städten, die konkrete Antworten auf existenzielle Fragen geben sollen. Wie wollen wir leben? Wie müssen wir wirtschaften? Wie können wir unsere Umwelt bewahren? Anette Schavan (CDU), Bundesministerin für Forschung, und ihre Kabinettskollegen Norbert Röttgen (CDU, Umwelt) und Peter Ramsauer (CSU, Verkehr) hatten Oberbürgermeister Hans-Joachim Grote zum Auftakt der Kampagne "ZukunftsWerkStadt" nach Berlin eingeladen.

Die Bundesregierung erhofft sich Ideen und Impulse für eine nachhaltige Stadtentwicklung, die Ressourcen schont, Lebensqualität bietet und soziale, ökonomische und ökologische Aspekte ins Gleichgewicht bringt. Norderstedt wird sich mit dem Klimaschutz am bundesweiten Ideenwettbewerb beteiligen. "Da bedeutet Nachhaltigkeit, dass wir den Ausstoß des Klimakillers CO2 auf Null fahren und die Energie, die wir verbrauchen, möglichst auch selbst erzeugen", sagt Herbert Brüning, Leiter des Fachbereichs Umwelt im Norderstedter Rathaus.

Oberbürgermeister Grote spricht von Energie-Gerechtigkeit: "Es kann und darf nicht sein, dass wir in den Städten immer mehr Strom verbrauchen, und das zu Lasten der Landschaft geht." Wichtige Rückzugs- und Erholungsräume würden verschandelt, weil nur Mais in Monokultur für Biogasanlagen angebaut oder riesige Windräder aufgestellt werden müssen, um den Strombedarf der Städter zu decken.

Viele Preise belegen den großen Einsatz Norderstedts für die Umwelt

Dass Norderstedt auf höchster Ebene mitspielt, ist kein Zufall. Zahlreiche Preise dokumentieren den "herausragenden Einsatz" der Stadt für den Klimaschutz. Dazu passe die "Energiewende" hin zu einem individualisierten und verringerten Verbrauch sowie zu mehr Eigenerzeugung, den die örtlichen Stadtwerke gerade eingeleitet haben. Überregional Aufmerksamkeit erregt auch das Projekt "Energieautarkes Wohnen". An der Müllerstraße in Glashütte sollen 25 Häuser entstehen, die sich komplett über eine hauseigene Fotovoltaik-Anlage und ein Blockheizkraftwerk mit Energie versorgen. Elektroautos sorgen nach den Plänen von Initiator Sirri Karabag für Mobilität und dienen als Speicher für regenerative Energie dient (wir berichteten).

"Im Umweltausschuss haben wir schon über ein Null-Emissionskonzept diskutiert, das bei den Politikern grundsätzlich Anklang gefunden hat", sagt Brüning. Bei den öffentlichen Gebäuden sei die Stadt weit vorn, da habe sie den CO2-Ausstoß von 1990 bis jetzt um rund 60 Prozent reduziert. Auch im privaten Bereich liege der Klimaschutz über dem Bundesschnitt. Nun gelte es, die Bevölkerung noch stärker einzubinden. "Wir wollen künftig kein Gas mehr aus Russland importieren oder aus dem nahen Osten. Es geht darum, die Energie hier zu erzeugen", sagte Brüning. Vorrangig sei, weniger Gas und Strom zu verbrauchen. "Die beste Energie ist die, die gar nicht erst gebraucht wird", sagte der Fachbereichsleiter.

Und es gehe darum, die Verbrauchsspitzen mit dem Erzeugungsspitzen zu synchronisieren. Wenn die Menschen abends nach Hause kommen, Licht, Radio, TV und PC anschalten, waschen, trocknen, kochen, dann müsse auch die entsprechende Menge Energie da sein. Das sei durch "intelligente Netze" und individuelle Steuerung zu erreichen, wie sie die Stadtwerke gerade entwickelten. Als weiteres Energiespar-Beispiel nennt er die Umwälzpumpen der Heizungsanlagen, die entweder voll oder gar nicht liefen. Es gebe heute schon Geräte, die flexibler arbeiteten. Dadurch lasse sich der Stromverbrauch der Pumpen um 80 Prozent verringern.

"Dafür müssen wir die Handwerker ins Boot holen und die Immobilienwirtschaft", sagt Brüning, der gerade am Konzept feilt, das bis Mitte März wieder in Berlin sein muss. Kommt das Okay von oben, fließen erst mal 25 000 Euro Startprämie. Die Summe kann bis auf 250 000 Euro aufgestockt werden - Geld, das sich die Stadt nicht entgehen lassen will. "Natürlich lässt sich die gewünschte Entwicklung nicht in drei oder fünf Jahren erreichen, das braucht längeren Atem", sagt Grote. Dennoch habe Norderstedt den Ehrgeiz, die Klimaschutzziele früher zu erreichen als der Bund. Und der will bis 2050 mindestens 80 Prozent CO2 einsparen.