Zwei Groß-Tansformatoren sollen im Umspannwerk Glashütte für deutlich mehr Leistung sorgen und die Versorgungssicherheit erhöhen.

Norderstedt. Am Haken eines Autokrans schwebten die beiden Kolosse an ihren Bestimmungsort. Jeweils 43 Tonnen wiegen die beiden Tranformatoren, die die Schleswig-Holstein Netz AG, eine Tochter der E.ON Hanse AG, aus dem österreichischen Linz per Lkw zum Umspannwerk in Glashütte transportiert hat. Die Großtrafos bringen deutlich mehr Leistung und erhöhen die Versorgungssicherheit im Norderstedter Stadtteil.

"Durch Zuzug und wirtschaftlichen Ausbau ist der Stromverbrauch in den vergangenen Jahren erheblich gestiegen. Deshalb war hier ein Ausbau erforderlich", teilt die Schleswig-Holstein Netz AG mit. Die Transformatoren wandeln den Strom von 30 000 Volt auf 11 000 Volt um und versorgen die Region rund um den Norderstedter Ortsteil Glashütte. Jeder Transformator leistet bis zu 25 Millionen Voltampere. Ihre elektrische Leistungsreserve liegt damit doppelt so hoch wie bei den bisherigen Transformatoren an gleicher Stelle. In die Leistungssteigerung investiert die Schleswig-Holstein Netz AG rund eine Million Euro und leistet so einen Beitrag für die Versorgungssicherheit im schnell wachsenden Gürtel nördlich von Hamburg.

Die Stadtwerke Norderstedt haben natürlich das gesamte Stadtgebiet im Blick, wenn es um die sichere Versorgung mit Strom geht. "Der Atomausstieg schlägt bis auf die örtliche Ebene durch. Unsere Arbeit als lokaler Versorger wird sich dadurch in den nächsten Jahren erheblich verändern", sagte Theo Weirich, Marketing-Chef der Werke, als die Werke ihre Energiehandbuch präsentierten, die Fibel für die Zukunft der Energieversorgung in Norderstedt. Der Verzicht auf Atomstrom bedeute: Der Anteil regenerativer Energien wie Sonnen- und Windkraft muss steigen. Doch was Windrotoren an der Küste und Photovoltaikpaneele auf den Dächern hergeben, kann nicht in großen Überlandleitungen eingespeist werden, weil die Stromspannung zu niedrig ist. Da seien Mittelspannungs- und Niederspannungsnetze gefragt. "Da kommen wir als örtlicher Versorger wieder ins Spiel", sagte Weirich.

Er formuliert folgende Ziele: Strom müsse flexibler genutzt werden, zum Beispiel Windenergie dann, wenn sich die Rotoren kräftig drehen. Das müsse den Haushalten signalisiert werden, damit der Verbrauch entsprechend gesteuert werde. Dafür müssten große Datenmengen fließen - eine Aufgabe, die das Glasfasernetz in der Stadt problemlos bewältigen könne. Um den Datenfluss zu organisieren, arbeiten die Stadtwerke mit der Fachhochschule Lübeck und der Helmut-Schmidt-Universität in Hamburg zusammen.

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"Wenn die Energie nachts zur Verfügung steht, schaltet sich die Kühltruhe eben nachts ein", sagte Weirich, der davon ausgeht, dass die Hersteller entsprechende Geräte auf den Markt bringen werden. Es gebe schon jetzt Kühltruhen, die bis zu zwei Tage ohne Strom auskommen könnten. Durch den Kauf energiesparender Haushaltsgeräte könne der Verbraucher seinen Teil dazu beitragen, dass weniger Strom verbraucht wird. Schon jetzt könnten die Norderstedter mit dem Gezeitentarif dazu beitragen, dass der Verbrauch gleichmäßiger gesteuert wird.

Der Stromverbrauch muss sinken. Die effizientere Nutzung soll erreichen, dass rund ein Drittel des Verbrauchs eingespart wird. Hier sieht Weirich ein riesiges Potenzial: Im Vorjahr seien in Schleswig-Holstein 125 Milliarden Kilowattstunden Windenergie unverbraucht verloren gegangen. Die teuerste Energie konnte nicht ins Netz eingespeist werden, weil Leitungen und Speicher fehlten.

Und die Stadtwerke müssen mehr Strom produzieren. "Wir werden vom Stromvertreiber zum Stromlieferanten und in zehn oder 15 Jahren Strom exportieren", sagte Weirich. Diese neue Aufgabe sei Teil der Energiewende in Deutschland. Die örtlichen Versorger müssten Strom in die überregionalen Netze einspeisen, um die Netze und damit die Stromversorgung insgesamt zu stabilisieren.

Das bedeute, dass weitere Blockheizkraftwerke (BHKW) in Norderstedt gebaut werden müssen. Zurzeit produziere die Kraft-Wärme-Kopplung in den BHKW der Stadt bis zu zehn Megawatt. Diese Leistung soll mittelfristig um mindestens das Zweieinhalbfache steigen. "Wir gehen davon aus, dass wir in den nächsten zehn Jahren pro Jahr ein neues BHKW mit zwei Megawatt Leistung bauen werden", sagte Axel Gengelbach, technischer Leiter der Stadtwerke. Die alten Transformatoren transportiert die Schleswig-Holstein Netz AG nach Pönitz, wo die Geräte weiterhin eingesetzt werden.