Hans-Joachim Grote und sein Noch-Dezernent Torsten Thormählen sind bald Amtskollegen

Norderstedt. Knapp zwei Jahre lang war Oberbürgermeister Hans-Joachim Grote, 55, Vorgesetzter von Torsten Thormählen, 46, der als Dezernent im Norderstedter Rathaus eine Hierarchie-Stufe tiefer arbeitet. Doch in sieben Wochen wird der Unterschied weggewischt sein, dann begegnen sich die beiden auf Augenhöhe. Thormählen wird neuer Bürgermeister in Henstedt-Ulzburg, Grote bleibt im Amt. Beide setzten sich bei den Bürgermeisterwahlen am Sonntag souverän durch.

Der neue Verwaltungschef der Großgemeinde kam auf 60,64 Prozent, seine Kontrahentin Karin Honerlah, 53, von der Wählergemeinschaft Henstedt-Ulzburg musste sich mit 39,36 Prozent begnügen. Dennoch belegte Thormählen im internen Duell um die Wählergunst nur Platz zwei: Grote holte 62,8 Prozent, für seine Konkurrentin Katharina Kriston, 37, stimmten 37,2 Prozent der Wähler.

Grote und Thormählen verstehen sich gut und wollen eng zusammenarbeiten

"Unser Verhältnis wird sich nicht wesentlich verändern. Bisher habe ich mich nicht als Untergebenen gesehen, wir arbeiten sehr partnerschaftlich zusammen und werden das auch weiter tun", sagt der neue Bürgermeister von Henstedt-Ulzburg, der seinen Dienst am 1. Juli antreten wird. "Natürlich ist es ein großer Vorteil, wenn man weiß, wie jemand tickt", sagt Grote, der die Zusammenarbeit mit Henstedt-Ulzburg ausbauen will. Nicht jede Kommune müsse alles anbieten, alle Aufgaben erledigen, sagt Norderstedts Oberbürgermeister, der die Verwaltungs-Kooperation und das damit verbundene Sparpotenzial schon seit Langem zu seinem Steckenpferd gemacht hat.

Dass sich die beiden gut verstehen, wurde nicht erst nach dem Wahlerfolg sichtbar. Gestern Morgen saßen sie sehr entspannt und gelöst in Grotes Dienstzimmer. Bekannt ist auch, dass Grote Thormählen "für einen guten Mann" hält. Da stellt sich die Frage, ob sich Thormählen als Kronprinz sieht, der Grote auf dem Chefsessel in Norderstedt beerben will oder sogar soll? "Dazu kommt von mir ein klares Nein", sagt der verheiratete Vater von drei Kindern. Schon im Wahlkampf habe er den Henstedt-Ulzburgern zugesichert, dass er in der Gemeinde bleiben will.

Die Stadtvertreter könnten einen Linken zum neuen Dezernenten wählen

Ein Wechsel wäre ohnehin schwierig, da Thormählen für acht Jahre gewählt ist, Grotes Amtszeit aber schon nach sechs Jahren endet. Der Oberbürgermeister hat andere Sorgen. Er braucht einen neuen Stadtrat, der das größte Dezernat im Rathaus leitet. "Wir werden die Ausschreibung so schnell wie möglich auf den Weg und in die politischen Gremien bringen", sagt Grote. Vor Herbst aber wird wohl niemand die Verwaltungsspitze ergänzen.

Der Nachfolger des parteilosen Thormählen wird wohl aus dem Lager von SPD oder Grünen kommen oder zumindest diesen Parteien nahestehen. Der neue Dezernent wird von der Stadtvertretung gewählt, und da haben SPD, GALiN und Die Linke die Mehrheit. Sie werden sich die Chance nicht entgehen lassen, ein Gegengewicht zum CDU-Oberbürgermeister zu installieren. Politische Parität herrschte im Spitzentrio, bevor Thormählen Dezernent wurde. Sein Vorgänger war SPD-Mann Harald Freter, der übrigens mit 44 Prozent 1998 das beste Ergebnis für seine Partei bei einer Bürgermeisterwahl holte. Der parteilose Baudezernent Thomas Bosse ergänzt das Dreigestirn.

Wenn Thormählen seinen Dienst im ersten Stock des Henstedt-Ulzburger Rathauses antritt, warten zahlreiche ungelöste und aufgeschobene Probleme auf ihn. Neun Monate ohne hauptamtlichen Bürgermeister - das hinterlässt Spuren in einer Gemeinde, die sich der 30 000-Einwohner-Grenze nähert. Es gärt an allen Ecken und Enden: Was passiert mit dem geplanten City Center Ulzburg - eine endgültige Entscheidung wird bis dahin vermutlich noch nicht gefallen sein -, wie sollen die Verkehrsströme fließen, wohin gehen die Käuferströme? Es gibt zahlreiche ungelöste Fragen.

Vor allem aber gärt es in der Kommunalpolitik. Und Torsten Thormählen sitzt mittendrin. Das politische Klima ist seit der Kommunalwahl 2008 alles andere als entspannt, an den parteilosen Bürgermeister werden hohe Erwartungen gestellt. Die meisten Bürger trauen es Thormählen offenbar zu, die Probleme zu lösen.

Thormählen bleibt bis zum 30. Juni Zweiter Stadtrat in Norderstedt. Am nächsten Tag bezieht er sein Amtszimmer im Henstedt-Ulzburger Rathaus. Am 11. Juni wird er während einer Sondersitzung der Gemeindevertretung im Bürgerhaus ernannt. Es wird der einzige Punkt auf der Tagesordnung sein.