Vor dem Treffen der Regierungschefs in Kiel erwarten Unternehmensverbände mehr norddeutsche Zusammenarbeit.

Kiel/Hamburg. Die Forderung besteht seit vielen Jahren - und das macht sie so drängend: Vor dem offiziellen Antrittsbesuch von Bürgermeister Olaf Scholz (SPD) bei Ministerpräsident Peter Harry Carstensen (CDU) heute in Kiel verlangte der Präsident der Unternehmensverbände Nord, Uli Wachholtz, die Zusammenarbeit beider Länder deutlich auszubauen.

"Die Regierungschefs müssen endlich in die Puschen kommen", sagte Wachholtz dem Abendblatt. "Es ist weder zeitgemäß noch nachvollziehbar, dass Energiepolitik, Verkehrs- und Landesplanung, Wissenschaftspolitik, Tourismus und viele weitere Politikfelder an den Landesgrenzen enden."

Ganz oben auf Wachholtz' Wunschliste steht eine gemeinsame Wirtschaftspolitik. Dazu müsste Hamburg sein Konzept einer "wachsenden Stadt" auf Schleswig-Holstein erweitern. Konkret setzt Wachholtz auf eine gemeinsame Landesplanung sowie eine einheitliche Wirtschaftsförderung im Norden mitsamt einer Fusion der jeweiligen Förderinstitute wie etwa der Bürgschaftsbanken.

Überfällig ist aus Sicht des UV Nord auch ein Luftverkehrskonzept für den Fall, dass Fuhlsbüttel aus allen Nähten platzt. "Wir brauchen Perspektiven nördlich der Elbe, um den in Hamburg gebauten A380 im Norden auch abfertigen zu können", so Wachholtz.

Mehr Teamwork forderte er auch in Wissenschaft und Forschung. Die Hochschulen in Hamburg und Schleswig-Holstein müssten ihre Angebote aufeinander abstimmen und zu einem "Campus Nord" zusammenwachsen. Bisher waren alle Versuche, in Hamburg oder Kiel Studienfächer zu konzentrieren und andernorts einzustellen, am Widerstand von Professoren, aber auch von Lokalpolitikern gescheitert. Eine neue Chance eröffnet sich bei den Uni-Kliniken. Das Hamburger UKE gehört zu den Bewerbern, die dem angeschlagenen Uni-Klinikum Schleswig-Holstein unter die Arme greifen wollen.

Aus Sicht der Wirtschaft muss es auch im Bereich der Behörden Fusionen geben. "Wir benötigen aber echte Zusammenlegungen, die auch zur Verschlankung der Länderverwaltungen führen", so Wachholtz. In der Praxis wurde das nicht immer beherzigt, weil beide Länder auf ihre Standorte pochen. Das Statistikamt Nord arbeitet ebenso in Hamburg und Kiel wie die HSH Nordbank. Der UV-Präsident schlägt den Ländern zudem vor, ihre beiden Vertretungen in Berlin unter einem Dach zu vereinen.

Im Landeshaus wird erwartet, dass Scholz und Carstensen heute zumindest bei der Wirtschaftsförderung kleine Pflöcke einschlagen und zudem den jüngsten Streit um den Standort der Windmesse beilegen. Carstensen habe für den wichtigen Termin viel Zeit eingeplant, hieß es. Das wohl aber auch, um anschließend mit Scholz über die Kieler Woche zu bummeln.