Veranstalter bezahlt Spitzen von CDU und FDP Teilnahme an Glücksspieltagung. Ralf Stegner (SPD) nennt Vorgang “unappetitlich“.

Kiel/Hannover. Wenn's um Glück geht, ist viel Geld im Spiel. Da rollen Milliarden Euro, an denen sowohl Glücksspielunternehmen als auch der Staat teilhaben wollen. In dieser Woche wollen die Regierungschefs der Länder einen neuen Glücksspielstaatsvertrag auf den Weg bringen. CDU und FDP in Schleswig-Holstein sowie die FDP in Niedersachsen sind Vorreiter für eine Liberalisierung des Marktes, vor allem im Bereich der lukrativen Sportwetten.

Nun wurde bekannt, dass Spitzenpolitiker dieser Parteien aus den beiden Bundesländern sich auf Sylt bei einem Treffen von Befürwortern der Ausweitung des Glücksspielmarktes haben bewirten lassen. Auf die Insel gereist waren am Donnerstag die Fraktionschefs von CDU und FDP im Kieler Landtag, Christian von Boetticher und Wolfgang Kubicki, der Kieler Fraktionsvize und Glücksspielexperte Hans-Jörn Arp sowie der niedersächsische Wirtschaftsminister Jörg Bode (FDP).

Der "Spiegel" machte die "Sause auf Sylt" am Wochenende öffentlich und zitierte aus der Einladung zu der Konferenz mit Vertretern privater Glücksspielanbieter, Medienkonzernen und Wirtschafts- sowie Sportverbänden: "Mit Ihnen wollen wir in einem sehr exklusiven Kreis die Weichen für die Zeit eines politisch liberalisierten Marktes für Sportwetten und Online-Poker stellen." Bestimmten Branchen, so heißt es weiter, biete sich "jetzt die einmalige Möglichkeit, von diesem neuen Milliardenmarkt zu profitieren - und dessen Ausrichtung mitzugestalten".

Der Sprecher der CDU-Fraktion in Kiel, Dirk Hundertmark, bestätigte auf Anfrage die Teilnahme von Boettichers und Arps und auch, dass von Boetticher die Schirmherrschaft für die Veranstaltung übernommen habe. Wie der Sprecher des niedersächsischen Wirtschaftsministeriums, Christian Budde, bestätigte auch Hundertmark, dass die Übernachtungskosten durch den Veranstalter übernommen wurden. Das war der Verlag der Sport-Wirtschaftszeitschrift "Sponsor's".

Budde sagte dem Abendblatt: "Der Minister war als Referent geladen, hat kein Honorar erhalten, lediglich die Übernachtung wurde übernommen." Das Glücksspiel falle in Niedersachsen in die Ressortzuständigkeit des Wirtschaftsministeriums: "Die aktive Teilnahme an solchen politischen Diskussionen ist deshalb eine selbstverständliche Aufgabe für Herrn Bode."

Schleswig-Holsteins SPD-Chef Ralf Stegner nannte den Vorgang dagegen "unappetitlich" und warnte vor Lobbyeinfluss: "Ich erwarte, dass die Vorgänge im Landtag aufgeklärt werden." Der Grünen-Fraktionschef im niedersächsischen Landtag, Stefan Wenzel, sieht das ähnlich. Er sagte dem Abendblatt: "Der Trip auf die Insel wirft die Frage auf, ob hier sachwidriger Einfluss auf maßgebliche Entscheider genommen wird."

Mit ihrem Wunsch, die derzeit in Deutschland stark eingeschränkten Möglichkeiten für Sportwetten auszuweiten, nehmen die Koalitionspartner CDU und FDP in Schleswig-Holstein und die FDP als kleinerer Koalitionspartner in Niedersachsen bislang eine Minderheitenposition ein.

Die Befürworter der Ausweitung argumentieren, nur so könne es gelingen, den Trend zu Wettanbietern im Ausland zu bremsen. Derzeit, so die Rechnung, entgehen den Wettbüros in Deutschland Milliardenumsätze, von denen über Steuern und Abgaben auch die Staatskasse profitieren würde.

Dabei geht es aber nicht nur um Einflussnahme der Lobby der Wettbüros, die auf hohe Einnahmen hoffen. Auf der anderen Seite droht die Europäische Union das gegenwärtig geltende Glücksspielmonopol des deutschen Staates zu kippen, weil der angeblich nicht genug für den Schutz vor Spielsucht tut. Das Kippen des Glücksspielmonopols würde wegbrechende Einnahmen für die staatlichen Lottogesellschaften bedeuten, die gegenwärtig aus ihren Gewinnen noch jährlich mit 2,5 Milliarden Euro Projekte im Bereich Sport und Wohlfahrt finanzieren.