Torsten Albig über traditionell linke Sozialdemokraten in Schleswig-Holstein und kostenlose Kitas in Zeiten leerer Kassen.

Kiel. Kiels Oberbürgermeister Torsten Albig, 47, führt die schleswig-holsteinische SPD in die Landtagswahl. Nach seinem Kantersieg gegen Partei- und Fraktionschef Ralf Stegner, 51, kündigte der "sanfte Sozi" im Gespräch mit dem Abendblatt eine Politik für die Mitte der Gesellschaft an. Der gebürtige Bremer, der im Kreis Ostholstein aufwuchs, ist seit Juni 2009 OB und lebt mit Ehefrau, Sohn und Tochter in Kiel.

Hamburger Abendblatt: Glückwunsch, Herr Albig. Zufrieden?

Torsten Albig: Ich freue mich sehr. Das ist ein schönes Ergebnis, und es ist eine große Aufgabe, die mir gestellt wird. Ich werde sie mit Tatkraft und Begeisterung erfüllen und alles tun, um die Sozialdemokratie zum Wahlsieg zu führen und nächster Ministerpräsident in Schleswig-Holstein zu werden.

Für viele Schleswig-Holsteiner sind Sie ein unbeschriebenes Blatt ...

Albig:Mir ist sehr bewusst, dass ganz viele Menschen noch kein abgeschlossenes Bild von mir haben. Aber sie haben vielleicht schon das Gefühl, dass man mit der Art, wie ich Politik mache, Menschen begeistern und überzeugen kann. Ich stehe in der Mitte der Gesellschaft, bin eben nicht nur Teil einer politischen Elite, sondern Bürger dieses Landes. Die Menschen wollen einen Bürger wählen, wie sie selber Bürger sind. Das hat übrigens auch die Wahl in Hamburg gezeigt. Olaf Scholz hat persönlich und programmatisch überzeugt, den Hamburgern nicht das Blaue vom Himmel versprochen.

Die Nord-SPD tickt da bisher anders, fordert etwa Kostenlos-Kitas. Wollen Sie den Kurs ändern?

Albig: Im Wahlprogramm wird nur das stehen, was das Land wirklich braucht und was in den nächsten Jahren realistisch umgesetzt werden kann. Vorhaben wie etwa die Kostenlos-Kita sind ein wichtiges politisches Ziel. Sie können derzeit aber leider nicht finanziert werden, zumal wir zunächst genügend Kita-Plätze für Kinder unter drei Jahren schaffen müssen. Kurzum: Wir müssen Menschen ehrlich sagen, was Politik heute noch leisten kann. Ich werde jedenfalls nicht in meiner ersten Regierungserklärung als Ministerpräsident erzählen, dass der Landeshaushalt, den ich vorgefunden habe, so schrecklich ist, dass alles, was ich versprochen habe, leider nun doch nicht geht.

Wir werden Sie gegebenenfalls daran erinnern.

Albig:Ich bitte darum.

Die Nord-SPD ist traditionell ein linker Landesverband. Sie setzen auf die Mitte.

Albig:Ich sehe das anders. Die Mitte ist da, wo die SPD ist. Ich muss mein Parteibuch wahrlich nicht vorzeigen, bin in der richtigen Partei und zwar seit 1982. Ich habe für die SPD auf allen Ebenen politisch gearbeitet, im Büro des Parteivorsitzenden ebenso wie als Sprecher für drei Bundesfinanzminister, für Oskar Lafontaine, für Hans Eichel und für Peer Steinbrück. Ich weiß schon sehr genau, wie die SPD tickt, war aber nie jemand, der sich wohlfühlt, wenn man stundenlang um Halbsätze in Anträgen feilscht.

In der politischen Auseinandersetzung sind Sie kein Lautsprecher, sondern eher ein Leisetreter. Wie wollen Sie den Wahlkampf gegen die schwarz-gelbe Regierung führen?

Albig: Wir werden uns streiten und darüber ringen, wie wir Schleswig-Holstein wirtschaftlich stärken, sozial gerechter machen und finanziell auf gesündere Beine stellen. Wir werden das mit Respekt machen. Ich schätze den designierten CDU-Spitzenkandidaten Christian von Boetticher sehr. Mein Angebot an ihn ist, darüber haben wir im Vorfeld schon geredet, dass wir uns so verhalten, dass die Menschen nicht angeekelt aus den Veranstaltungen gehen. Wir werden das, da wir beide, glaube ich, nicht ganz blöd sind, auf eine kluge Art und Weise machen, an der die Bürger auch viel Spaß haben können. Ich kann auch gar nicht anders. Sonst bekomme ich Bauchschmerzen.

Welche Rolle bleibt Ralf Stegner?

Albig: Ralf Stegner ist jetzt Landesvorsitzender, er ist Fraktionsvorsitzender, er spielt naturgegeben eine starke Rolle. Welche das in der Zukunft genau sein wird, dass werden wir gemeinsam entscheiden.

Ist ein erfolgreicher Wahlkampf zusammen mit einem Partei- und Fraktionschef Stegner überhaupt möglich?

Albig: Ein erfolgreicher Wahlkampf ist nur möglich, wenn diese Partei geschlossen auftritt. Sobald sie sich mehr mit sich selbst beschäftigt als mit den Fragen des Landes, werden wir die Wahl verlieren. Jeder, der bei Vernunft ist, wird also jetzt in Loyalität zur SPD alles tun, damit wir die Wahl gewinnen.