Torsten Albig ist in Kiel zum Spitzenkandidaten für die Neuwahl im Jahr 2012 gekürt worden. Er hält ein Zusammenwachsen mit Hamburg für möglich.

Kiel. In den norddeutschen SPD-Landesverbänden setzen sich die Pragmatiker durch. Eine Woche nach dem Wahlsieg von Olaf Scholz in Hamburg kürten die Sozialdemokraten in Schleswig-Holstein den Kieler Oberbürgermeister Torsten Albig zum Spitzenkandidaten für die Neuwahl im Jahr 2012. Albig, der die politische Mitte umwirbt, gewann in einem Mitgliederentscheid mit 57 gegenüber 32 Prozent der Stimmen deutlich gegen den linken Partei- und Fraktionschef Ralf Stegner. Bei der Landtagswahl wird Albig absehbar gegen Christian von Boetticher (CDU) antreten, den einzigen Anwärter auf die Spitzenkandidatur seiner Partei.

Im Wahlkampf und - nach einem Wahlsieg - als Ministerpräsident wird die Kooperation zwischen Schleswig-Holstein und Hamburg eine Schlüsselrolle in seiner Politik spielen. "Ich bin der festen Überzeugung, dass Hamburg und Schleswig-Holstein viel enger zusammenarbeiten können als bisher", sagte Albig dem Abendblatt nach dem Mitgliederentscheid. Die Länder müssten ihre Kräfte bündeln. "Vielleicht wachsen wir auch zusammen." Es sei klar, dass in Verhandlungen über den Länderfinanzausgleich in einigen Jahren auch eine Neugliederung von Bundesländern auf der Tagesordnung stehen werde. Unabhängig davon will Albig Schleswig-Holstein "so stark machen, wie es nur irgend geht".

Der SPD-Spitzenkandidat setzt dabei auf drei Schwerpunkte. Erstens: "Wir müssen die Wirtschaft stärken." Schleswig-Holstein habe hervorragende Unternehmen und eine exzellente Wissenschaft. "Die Universität Kiel bewirbt sich zu Recht als Elite-Uni." Das UKSH in Lübeck und Kiel sei eine der größten Uni-Kliniken in Deutschland und müsse sich vor dem UKE in Hamburg nicht verstecken.

Zweitens: "Schleswig-Holstein muss sozial gerechter werden." Vorrangig sei der Ausbau der Kitaplätze für Kinder unter drei Jahren. Drittens: Das Land müsse endlich eine solide Finanz- und Steuerpolitik bekommen. Die SPD stehe dazu, die Neuverschuldung bis 2020 auf null zu senken. "Der Sparkurs muss aber anders als bei Schwarz-Gelb ausgewogen sein." Teure Wahlversprechen wie die sofortige Einführung einer kostenlosen Kita werde es mit ihm nicht geben, sagte Albig.

Großes Lob bekam der Spitzenkandidat von der Bundes-SPD. Albig werde "ein hervorragender Regierungschef", sagte der SPD-Bundesvorsitzende Sigmar Gabriel. "Ich freue mich auf eine enge Zusammenarbeit mit ihm." In der SPD wird Albigs Erfolg als Punktsieg des Wirtschafts- gegen den Sozialflügel gewertet. Albig war Sprecher des früheren Bundesfinanzministers Peer Steinbrück, Stegner sitzt im SPD-Präsidium und gilt als einer der Frontleute des linken Flügels in der Bundespartei.

In Kiel schlossen Albig und Stegner gestern Abend einen Burgfrieden. Demnach bleibt Stegner bis auf Weiteres Partei- und Fraktionschef und wird von Albig sogar bei einer erneuten Kandidatur auf einem Landesparteitag im April in Husum unterstützt. "Es wird keine unsinnigen Grabenkämpfe geben", versicherte Albig. Als Spitzenkandidat brauche er die Hilfe der Partei "Allein kann ich keine Wahl gewinnen." Auf den Burgfrieden hatte Stegner gedrungen, zumal Kritiker planten, ihn ganz zu entmachten und so Querschüsse gegen Albig auszuschließen. Stegner betonte gestern, der innerparteiliche Wettbewerb sei beendet: "Mein Ziel ist, als Landes- und Fraktionsvorsitzender alles zu tun, damit der nächste Ministerpräsident Torsten Albig heißt."