Das Hochwasser der Elbe erreicht an vielen Orten neue Höchststände. In Lauenburg ist der Pegel auf 9,14 Meter gestiegen - so hoch wie noch nie.

Lauenburg/Ludwigslust/Dömitz. Das Hochwasser der Elbe bricht die Rekorde der Flut aus dem Jahr 2006. In Lauenburg stieg der Pegel auf 9,14 Meter über Normalnull. Die Elbe fließt normalerweise mit einem Stand von 4.80 Meter an Lauenburg vorbei. Und der Pegel steigt noch weiter. Die Sprecherin des Kreisfeuerwehrverbandes Herzogtum Lauenburg, Natascha Pätzold, sagte dem Abendblatt: "Ab einem Pegelstand von 9,20 Metern wird es kritisch. Dann könnte auch die Stromversorgung betroffen sein." Ob dieser Wert jedoch erreicht werde, sei noch ungewiss, so Pätzold weiter. Der Scheitelpunkt des Hochwassers soll am Sonntag erreicht werden. Ansonsten sei die Lage ruhig. "Die Feuerwehr hat bereits rund 150.000 Sandsäcke gefüllt und verteilt. "Insgesamt stehen 700.000 Sandsäcke zur Verfügung", so Pätzold.

Unterdessen zieht das Hochwasser zahlreiche Touristen an, die sich den reißenden Strom der Elbe anschauen. Der "Arbeitskreis Altstadt" hat sogar einen Punsch-Stand aufgebaut. "Man kann ja nichts ändern", sagte Jörg Sönksen, Mitarbeiter des Arbeitskreises, zum Abendblatt. Ebenso freuen sich die Restaurants über die Schaulustigen. "Soviel ist hier sonst nie los", sagte Karsten Neugebauer, Betreiber der "Schifferbörse". Dabei stünde das Wasser schon bis zur Decke seines Kellers. "Aber wir bleiben erst mal geöffnet", so Neugebauer. Demnächst müsse er aber Sandsäcke im Gastraum aufstellen.

Auf der gegenüberliegenden Seite in Niedersachsen schützt ein hoher Deich die Dörfer vor den Fluten. Doch stehen hier, ebenso wie in Lauenburg, schon einige Keller unter Wasser. Bewohner und Feuerwehren pumpen die vollgelaufenen Keller aus. Einige Straßen im Landkreis Harburg sind gesperrt.

Auch in Westmecklenburg hat die Elbe den bisherigen Hochwasserrekord aus dem Jahr 2006 gebrochen. In Dömitz wurde am Morgen ein Pegelstand von 6,68 Meter gemessen, teilte der Landkreis Ludwigslust am Sonnabend mit. Der bisherige Rekord lag bei 6,64 Metern. In Dömitz würden 6,72 Meter erwartet, sagte Ordnungsamtsleiter Ronny Schult. "Das wäre der höchste Wert seit Beginn der Aufzeichnungen.“ Schult zufolge besteht für die Anwohner aber keine Gefahr, da die Deiche ununterbrochen kontrolliert und Sickerstellen ausgebessert würden. Die Deichanlagen seien für einen Wasserstand von 6,80 Metern ausgelegt. Selbst wenn der Pegel höher steige, gebe es noch einen Meter Spielraum.

Bereits am Morgen kletterte der Pegel in Hitzacker auf 7,66 Meter, drei Zentimeter mehr als bei der Rekordflut von 2006. Mit 7,68 Metern waren es in Damnatz (Kreis Lüchow-Dannenberg) sogar sechs Zentimeter mehr, bestätigte Herma Heyken vom Landesbetrieb für Wasserwirtschaft, Küsten- und Naturschutz (NLWKN). Die Sprechering sagte: "Und der höchste Wasserstand ist noch nicht erreicht."

Am Wochenende werde sich die Hochwasserwelle allmählich Richtung Nordsee bewegen, bestätigte Heyken. Aber auch danach sei nicht mit einer schnellen Besserung der Lage zu rechnen.

Der Landkreis Lüneburg, wo Katastrophenalarm gilt, meldete: "Die Deiche halten, der Hochwasserscheitelpunkt wird voraussichtlich heute Abend erreicht und dann circa für 48 Stunden anhalten." Danach sei mit einem täglichen Rückgang von fünf bis zehn Zentimetern zu rechen zu rechnen. Erst ab Donnerstag könne mit einer spürbaren Entspannung der Hochwasserlage gerechnet werden, hieß es am Vormittag.

Die Vertreter von Feuerwehr, Deichverbänden, NLWKN und Kreisverwaltung sehen trotz der Rekordwassermassen aber keinen Grund zur Panik. "Unsere Elbdeiche sind neu beziehungsweise in einem guten Zustand. Wir sind auf dieses Hochwasser gut vorbereitet“, heißt es etwa in Lüneburg.

Norbert Thiemann vom Artlenburger Deichverband befürchtet, der Hochwasserscheitelpunkt könnte den vom Frühjahr 2006 um rund zehn bis 15 Zentimeter überschreiten. Das Freibord der Deiche betrage derzeit jedoch noch etwa 1,40 bis 1,60 Meter, beruhigte er. Ein Überspülen sei also in keiner Weise zu erwarten.

In Alt Garge (Kreis Lüneburg) schützen nur zwei provisorische Sanddeiche rund 60 Häuser vor den Wassermassen. Hier betrug der Pegelstand um 6.00 Uhr 11,34 Meter und damit noch einmal rund 30 Zentimeter mehr als nur 24 Stunden zuvor. Plastikplanen sollen vor dem Aufweichen der Behelfsdeiche schützen, die Wasserpumpen laufen rund um die Uhr.(abendblatt.de/dpa)

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Die Bedrohung für Lauenburg durch das Elbe-Hochwasser nimmt mit jedem Zentimeter zu. Statt der von Experten erwarteten 8,70 Meter lag der Wasserstand am Freitagmorgen bereits bei 8,85 Metern. Das Hochwasser steigt schneller als erwartet. In mehreren direkt an der Elbe liegenden Häusern musste die Feuerwehr bereits vollgelaufene Erdgeschosse leer pumpen. Der Scheitelpunkt des Hochwassers soll Lauenburg an diesem Sonnabend erreichen.

"Wir rechnen nach den aktuellen Prognosen mit einem Wasserstand zwischen 9,05 Metern und 9,10 Metern", sagte der Einsatzleiter der Lauenburger Feuerwehr, Thomas Burmester. Normalerweise liegt der Pegelstand bei rund 4,80 Metern.

Die Elbstraße in der Altstadt wurde für den Verkehr gesperrt, weil die Feuerwehr dort Pumpen einsetzte, um zu verhindern, dass Elbwasser aus der Kanalisation hochdrückt und die Straße überflutet. Um Mitternacht sollte in der Altstadt ein seit Tagen angekündigtes absolutes Fahrverbot in Kraft treten.

Anders als im Kreis Lüneburg auf der anderen Seite der Elbe soll in Lauenburg jedoch kein Katastrophenalarm ausgelöst werden. "Wir sind angespannt, gehen aber davon aus, die Lage bis zu einem Pegelstand von 9,20 Metern im Griff zu haben", sagte der Bürgermeister der Stadt, Harald Heuer (CDU). Heuer ist hochwassererfahren, seit seinem Amtsantritt im Jahr 2002 hat er zwei Elbefluten erlebt: das sogenannte Jahrhunderthochwasser im Sommer 2002 mit einer Flutmarke von 8,70 Metern und das Hochwasser von 2006. Damals erreichte das Wasser einen Höchststand von 9,12 Metern.

"Überschwemmungen hat es hier immer wieder gegeben, weil die Elbe bei Lauenburg ihre engste Stelle hat und zusätzlich das Wasser aus dem Elbe-Lübeck-Kanal in den Fluss drängt. Aber es macht schon nachdenklich, dass die Abstände immer kürzer werden", sagte er.

Ursprünglich war für dieses Wochenende sogar ein Pegelstand von 9,20 Metern vorhergesagt worden. Das wäre nach Angaben des Bürgermeisters die höchste Flut seit 1885.

Auch in Mecklenburg-Vorpommern und Niedersachsen wurde der Scheitelpunkt des Hochwassers für Sonnabend erwartet. Der niedersächsische Landesbetrieb für Wasserwirtschaft, Küsten- und Naturschutz rechnet nach Angaben einer Sprecherin damit, dass sich die Flutwelle über das Wochenende allmählich in Richtung Nordsee bewegen werde. Mit einer schnellen Verbesserung der Lage sei aber nicht zu rechnen. Es könne Tage dauern, bis die Pegelstände sichtbar sinken, sagte die Sprecherin. Auch das Hochwasser an Weser und Aller geht nur langsam zurück.(dpa)