Auf dem Hof von Bauer Schultz in Ostholstein leben 1000 Araucaner, die Urhühner. Sie bekommen Futter ganz ohne Farbstoffe und legen grüne Eier.

Nessendorf. Normalerweise sind Hühnereier weiß oder braun. Die Hühner von Bärbel und Kurt Schultz schlagen aus der Art. Ihre Araucaner haben kein einheitliches Federkleid, es gibt sie in Weiß, Grau gesprenkelt, Schwarz, aber eines eint sie: Sie legen grüne Eier. Mal zart pastellgrün, mal kräftiger in der Farbe.

"Ein Kunde hat diese Eier bei uns nachgefragt", sagt Kurt Schultz, der den Familienbetrieb Nessendorfer Mühle in Ostholstein in dritter Generation führt. Die Nachfrage bestimmte in diesem Fall das Angebot. Der 59-Jährige und seine Frau machten sich nach dieser Anfrage im Sommer auf die Suche nach den Urhühnern. "Die können Sie hierzulande nicht einfach so kaufen", erzählt Bärbel Schultz, "im Internet werden höchstens mal ein, zwei Hühner angeboten."

Die Tiere, die etwas stämmiger sind als die üblichen Legehühner, stammen ursprünglich aus Südamerika. Die ersten 500 Araucaner bekam der Hof in Nessendorf aus Kanada. Inzwischen laufen 1000 Urhühner auf dem Gelände der Familie Schultz herum. "Jedes Huhn in Deutschland ist sehr stark gezüchtet", sagt die Landwirtin, die Araucaner dagegen nicht. "Sie sollen deshalb weniger krankheitsanfällig sein." Ein Vorteil bei Freilandhühnern, die ständig draußen scharren und picken.

Ihren Urinstinkt scheinen die Grünlegerhühner auch noch zu haben: "Wenn der Seeadler kommt, dann drücken die sich in die Büsche", hat Bärbel Schultz beobachtet. Und die grüne Farbe der Eier habe auch ihren Sinn - sie schützt sie im Urwald vor Fressfeinden. Ihre Urhühner gehen allerdings zum Eierlegen ins Familiennest.

Noch einen Unterschied hat Bärbel Schultz festgestellt: "Die Araucaner legen weniger, aber sie fressen mehr. Normalerweise legen Hühner 280 bis 290 Eier pro Jahr, die Araucaner höchstens 60 Prozent davon." Ob die Urhühner langfristig bei ihnen eine Zukunft haben, hängt davon ab, wie gut sich die grünen Bio-Eier vermarkten lassen. "In Hamburg verkaufen wir sie schon in einigen Supermärkten. Besonders ältere Leute sagen uns, dass sie schmecken wie die Eier früher", sagt die ausgebildete Landwirtschaftsmeisterin. Der Dotter ist hell, wie bei allen Bioeiern, weil Farbstoffe im Futter verboten sind.

"Ich denke, die Sache mit den grünen Eiern ist ziemlich einzigartig", so die Einschätzung von Ulrich Goullon, Abteilungsleiter Tierische Produktion des Bauernverbandes in Schleswig-Holstein. "Das ist eine Nische, die für einen Betrieb sehr attraktiv sein kann."

Das Landwirtsehepaar Schultz war immer schon experimentierfreudig. "Wir waren die Ersten, die in Schleswig-Holstein auf Freilandhaltung umgestellt hatten", sagt Kurt Schulz. In den 90er-Jahren wurden sie vom Landwirtschaftsministerium für beispielhafte Tierhaltung ausgezeichnet.

Der Großvater von Kurt Schultz hatte noch Schweine, Kühe, Pferde und Federvieh in den Ställen. Für seine Züchtungen des "Deutschen weißen Edelschweins" hatte er Preise eingeheimst und war dafür auch mit dem Staatsehrenpreis ausgezeichnet worden. Schultz' Eltern hatten 1961 die Milchkühe abgeschafft und die Hühnerhaltung ausgebaut.

"Damals kam gerade die Käfighaltung auf", erinnert sich Kurt Schultz. Als später die Bodenhaltung zunahm, probierte er die neue Methode aus. Und als von seinen Abnehmern die Nachfrage nach Freilandeiern kam, sattelte er erneut um. Deshalb hatte er die Umstellung in seinem Betrieb längst hinter sich, als 2009 die Käfighaltung in Deutschland verboten wurde. Deutschland war damit Vorreiter in der Europäischen Union, denn in anderen EU-Ländern tritt das Verbot erst im Jahr 2012 in Kraft.

Auf dem Hof der Nessendorfer Mühle leben insgesamt 22 000 Hühner in Freilandhaltung, 14 000 werden mit konventionellem Futter gefüttert, 8000 Freilandhühner, darunter die 1000 Araucaner, mit Biofutter. Alles streng getrennt voneinander, "nicht einmal das Futter wird in der gleichen Mühle gemahlen", sagt Kurt Schultz, der seine Eier direkt vermarktet - an Restaurants und Supermärkte.

Eine ordentliche Ration holen sich übrigens Füchse und Greifvögel. Die nehmen aber nicht mit Eiern vorlieb, sondern holen sich gleich das ganze Huhn. "Auf unserem Gelände verläuft ein uralter Fuchspass", sagt Kurt Schultz. Etwa acht Prozent der Hühner pro Jahr verliert der Landwirt an die Raubtiere. Auch das gehört zur Freilandhaltung.